Zusammenfassung
Als zeitdiagnostisches Zauberwort hat Globalisierung in den letzten Jahren die „Postmoderne“ und entsprechende Vorstellungen von einem Ende nicht nur der „großen Utopien”, sondern „der Geschichte“ überhaupt, abgelöst. Weit über die Feuilletons hinaus hat dabei der Globalisierungsdiskurs als eine Art neu „Meta-Erzählung” eine bemerkenswert steile Karriere gemacht: Fair viele Politiker, aber auch für viele Sozialwissenschaftler, scheint sich mit der Rede von „Globalisierung“ die Hoffnung zu verbinden, einen allenthalben vermuteten, meist mehr gefühlten als analysierten, qualitativen Sprung in den rapiden Dauerveränderungen der räumlichen Strukturen, der kulturellen, sozialen, politischen und ökonomischen Verflechtungen zeitgenössischer Gesellschaften erfassen zu können.1 Zudem verstehen sich inter- und transnational tätige Manager, Aktien- und Devisenhändler, Experten für Computer- und Kommunikationstechnologien, vielreisende Politiker, Medienstars, Künstler und Wissenschaftler, von denen viele zur Gruppe der „Symbolanalytiker” im Sinne Robert B. Reichs (1993: 199) gerechnet werden können, nur allzu gern als Angehörige einer prestigeträchtigen Elite von Globalisierungsgewinnern, die die „Weltgesellschaft“ nicht nur als theoretische Möglichkeit denkt, sondern sie praktisch schafft und z.T. schon lebt. Im ökonomischen Bereich ist „Globalisierung” schließlich schnell zu einem Kampfbegriff geworden, mit dem in wirtschafts- und sozialpolitischen Auseinandersetzungen auf die verschärfte internationale Konkurrenz und auf die (unausweichlichen?) „Zwänge“ eines deregulierten Weltmarktes, auf die anderswo (immer?) billigeren Arbeitskräfte und die (stets?) geringeren Lohnnebenkosten, die (angeblich?) niedrigeren Steuern und die (natürlich?) längeren Arbeitszeiten u.a.m. verwiesen wird.
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Berger, P.A. (1999). Kommunikation ohne Anwesenheit. In: Rademacher, C., Schroer, M., Wiechens, P. (eds) Spiel ohne Grenzen?. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-87322-4_7
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