Zusammenfassung
In der neuzeitlichen Politiktheorie lassen sich deutlich zwei Traditionen in der Bestimmung des Verhältnisses von Regierungsinstitutionen, Masse und Emotionen erkennen. Für die eine Tradition, die sich bei Machiavelli und Spinoza abzeichnet, stellen Affekte und Leidenschaften ein wesentliches Moment eines stabilen und von allen getragenen Staatswesens dar. „Aber das Recht ist nur dann unzerstörbar, wenn es in der Vernunft und in dem allgemeinen Affekt der Menschen seine Stütze hat. Ist es anders, stützt es sich bloß auf die Hülfe der Vernunft, dann ist es kraftlos und leicht zu verletzen.“ (Spinoza 1977: 176) Machiavelli vertritt sogar die Ansicht, dass ein Staat, der seine Freiheit und Macht dauerhaft sichern will, der Institutionen bedarf, in denen sich Ehrgeiz und Freiheitswille des Volkes äußern können. Während der Adel dazu tendieren wird, seine Freiheiten zu missbrauchen, um zu herrschen, wird das Volk eher von dem Verlangen bestimmt, nicht beherrscht zu werden. Die Forderungen des Volkes seien der Freiheit selten schädlich, auch wenn es ungewöhnliche und fast grausame Methoden seines Protestes wählt, lärmend durch die Straßen tobt, die Geschäfte schließt und sich versammelt. Das Volk ist der Hüter der Freiheit, die Besitzenden hingegen neigen zu Umwälzungen, weil sie glauben, nur dann ihr Eigentum sichern zu können, wenn sie von den anderen hinzuerwerben. Aus dem Kampf der beiden Parteien von Herrschenden und Beherrschten entstehen schließlich die guten Gesetze. „Alle zu Gunsten der Freiheit entstandenen Gesetze sind nur diesen Auseinandersetzungen zu danken“ (Machiavelli 1977: 19).
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Literatur
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Demirovic, A. (1999). Kritische Theorie bürgerlicher Herrschaft und die Widersprüchlichkeit der Massen. In: Klein, A., Nullmeier, F. (eds) Masse — Macht — Emotionen. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-87317-0_10
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