Zusammenfassung
Die Strukturierungstheorie von Giddens ist ein Versuch, den Widerspruch zwischen Strukturtheorien und Handlungstheorien durch das Konzept einer „Dualität von Struktur“ zu versöhnen. Handlung soll sowohl durch die vorliegenden Strukturen erklärbar werden, wie auch die Strukturen durch die Handlungen.
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Er kommt allerdings zu einer durchaus plausiblen Auswahl. Wiederum dürfte hier die Perspektive aus einigem zeitlichen Abstand hilfreich sein. Durch eine retrospektive, plausible Auswahl von offensichtlich oder anscheinend erklärenden Variablen kann aber das Selektionsproblem nicht systematisch gelöst werden.
Ähnlich, wenn auch auf gesamte Bewegungen bezogen, argumentieren Neidhardt/Rucht (1991).
Einzig das Unbewusste ist weder dem diskursiven, noch dem praktischen Bewusstsein zugänglich, wird aber für die Wahl von Handlungen relevant. Damit bezieht sich Giddens auf anthropologische Grundbedürfhisse. Für die Erklärung der Strukturierung setzte er allerdings explizit auf (diskursiv oder praktisch) bewusste Handlungen: „Die Strukturierung sozialer Systeme analysieren bedeutet, zu untersuchen, wie diese in Interaktionszusammenhängen produziert und reproduziert werden; solche Systeme gründen in den bewuβt vollzogenen Handlungen situierter Akteure“ (Giddens 1995: 77, Hervorhebung nicht im Original). Für die angestrebte sozialtheoretische Analyse schreibt Giddens dem Unbewussten zunächst keine systematische Bedeutung zu. Erst wenn eine Erklärung durch bewusste Handlungen scheitert, wäre der Rückgriff auf Unbewusstes der nächste Schritt.
Neidhardt und Rucht führen in ihrer Argumentation den Begriff der Referenzgruppen ein. Die Referenzgruppen sind solche sozialen Akteure bzw. Systeme, die für die Bewegungen von besonderer Bedeutung sind, beispielsweise Medien, staatliche Akteure, andere Akteure der politischen Interessenvermittlung oder die politische Öffentlichkeit (1991: 457). Bei Neidhardt und Rucht werden allerdings die Referenzgruppen für soziale Bewegungen insgesamt benannt, während hier die Referenzakteure genauer auf einzelne Bewegungsakteure bezogen werden.
Zur Umsetzung dieser notwendigen Einschränkungen vgl. Kap. 3.8 und Anhang A.
In der empirischen Arbeit werden darüber hinaus in der Regel weitere Einschränkungen notwendig sein, so auch hier. Die Willkür der Auswahl kann aber dennoch durch diese theoretischen Überlegungen zumindest eingegrenzt werden.
Wenn im Folgenden von Organisationen gesprochen wird, sind damit lose und informelle Gruppen mit gemeint. Der Begriff der Organisation soll sich also auf das breite Feld von Organisationen mit formaler Mitgliedschaft bis zu losen Gruppen mit lockeren Mitgliedschaften beziehen.
Die Verbindung von kollektiver Identität und personaler Identität erfolgt der Rolle als Mitglied der betreffenden Organisation. Die Vermittlung läuft also über einen Teil der sozialen Identität.
Die Unterscheidung von Mitarbeiterinnen und Mitgliedern einer Organisation ist oftmals problematisch. In größeren Organisationen gibt es zwar nicht selten eine deutliche Differenz zwischen hauptamtlichen Mitarbeitern und ehrenamtlichen Mitarbeitern bzw. Spenderinnen. Allerdings kann diese Grenze verschwimmen, nicht nur in kleineren Organisationen. Ehrenamtliche Arbeit kann in erheblichem Umfang in die Organisationsarbeit eingebunden sein und auch in der Bedeutung für die Organisation überwiegen. Auch dürfte es nicht selten sein, dass besonders engagierte ehrenamtliche Mitarbeiter zwischenzeitlich für ihre Arbeit (teilweise) entlohnt werden. Insofern ist die Trennung zwischen Mitarbeitern und Mitgliedern einer Organisation hier als eine graduelle Unterscheidung zu verstehen.
Vgl. zur Diskussion über Organisationskulturen Alvesson/Berg (1992), Dierkes u.a. (1993), Dülfer (1988), May (1997) und Schreyögg (1996: 426ff.).
Die Regeln des praktischen Bewusstseins werden so mit zum Untersuchungsgegenstand.
Vgl. zur Rollentheorie u.a. Dahrendorf (1959), Dreitzel (1968), Joas (1973) und Schülein (1989).
Dies wird auch daran deutlich, dass Personen im Auftrag oder als Stellvertreter der Organisation handeln und ihre Handlungen in dieser Weise interpretiert weiden. Vgl. dazu bereits Barnard (1938).
Diesen Widersprüchen zwischen eigener Einstellung und Anforderungen der Rolle sind sicherlich Grenzen gesetzt, gerade in Organisationen, die auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhen. Vgl. Hirschmans Untersuchungen zu Exit, Voice und Loyalty (1970) und auch die Forschung zu kognitiver Dissonanz (Festinger 1957; Wicklund/Brehm 1976).
Gleichzeitig ergibt sich die Chance, durch Veränderung für neue Menschen attraktiv zu werden und so neue Unterstützerinnen zu gewinnen.
Die Möglichkeit 2, also die Adressierung auf EU-Ebene bei Verantwortlichkeit auf nationaler Ebene, hatten Keck und Sikkink (1998a: 12f.) den Boomerang-EfTekt genannt, wobei sie davon ausgehen, dass die Akteure sich an andere Staaten wenden und weniger an supranationale Institutionen.
Ein weiterer Aspekte könnte die wenig realistische Wahrnehmung von Erfolgschancen verstärken. Neidhardt und Rucht (1993: 308) verweisen in Anschluss an Gamson/Meyer darauf, dass Frames zu einer optimistischen Sichtweise neigen, in diesem Sinne also gerade nicht realistisch sind.
Denkbar ist auch eine Beschränkung auf die EU-Ebene, allerdings stellt sich dann die Frage, ob es sich noch um eine Organisation der nationalen Bewegung handelt. Operational wurde hierfür auf das Selbstverständnis der Organisation zurückgegriffen. Europäische bzw. internationale Netzwerke von UmWeltorganisationen, die in einem der beiden untersuchten Länder ihren Sitz haben, wurden ausgeschlossen. Organisationen, die zwar ihre Arbeit auf die EU-Ebene weitgehend beschränken, aber vornehmlich auf der nationalen Ebene um Mitglieder und Unterstützer werben, gehen in diese Untersuchung als nationale Organisationen ein.
Diese Definition der Zuständigkeit ist zu trennen von Erfolgserwägungen. Die Zuständigkeit bezeichnet die Selbstbeschränkung auf bestimmte politische Ebenen bzw. bestimmte Problembereiche. Erfolgserwägungen setzen gerade Möglichkeiten voraus, also keine vorherige Beschränkung.
Mit dem Begriff des Aktivitätsrepertoire soll hier in Anlehnung an Tilly (1995a) das gesamte Spektrum der Bewegungsaktivitäten angesprochen werden, das nicht auf Protest beschränkt ist.
Dabei benutze ich den Begriff des Aktivitätsrepertoires organisationsspezifisch und nicht, wie Tilly, angewandt auf ganze Bewegungen oder „Bewegungsfamilien“ (della Porta/Rucht 1991).
Dies sind wiederum Aspekte, auf die im POS-Ansatz hingewiesen wurde (Kap. 2.2).
So argumentieren Green/Shapiro (1994: 19) mit Bezug auf Elster (1986: 19-20).
Zum organisatorischen Lernen vgl. Steinmann/Schreyögg (1993: 442ff.).
Dies gilt nicht grundsätzlich. Aktivitäten, die werbewirksam sind, können der Organisation im Endeffekt wieder Ressourcen zufließen lassen. Vgl. unten.
Wobei der Begriff Organisation in diesem Fall keine Aussage über den Grad der Organisiertheit implizieren soll, also gleichermaßen formelle Mitgliedschaftsorganisationen mit definierter Rechtsform etc., wie auch informelle Gruppen ohne fest Mitgliedschaft einschließt.
Um die Übersichtlichkeit der Verweise auf die theoretische Diskussion zu erhöhen, wird in dieser Zusammenstellung nicht nur auf die Kapitelnummer, sondern zusätzlich auf die entsprechende Seitenzahl verwiesen. Beziehen sich folgende Verweise auf das gleiche Unterkapitel, gebe ich nur die Seitenzahl an.
In Anhang A finden sich ausführlichere Begründungen und Erläuterungen der hier gemachten methodischen Entscheidungen.
Das Problem vergleichender Forschung ist natürlich immer, dass vermeintlich ähnliche Ausgangsbedingungen bei genauerer Betrachtung erhebliche Unterschiede aufweisen (vgl. Kap. 4). Da aber die experimentelle Herstellung gleicher Ausgangsbedingungen keine Option ist, sind die verglichenen Umweltbewegungen zumindest ähnlich. Vgl. dazu ausführlich Anhang A. 1.
Unter zentraler Umweltorganisation werden solche verstanden, die über 100.000 Mitglieder/regelmäßige Spender haben, ein Netzwerk von thematisch breiteren UmWeltorganisationen koordinieren oder eine zentrale Stellung im Netzwerk der nationalen UmWeltorganisationen innehat. Damit sind zwar alle großen Organisationen, aber nicht nur große Organisationen in der Auswahl enthalten. Vgl. Anhang A.2.
Kriterium für potenziell EU-spezialisierte Umweltorganisationen war die Vollmitgliedschaft im europaweiten Netzwerk von Umweltorganisationen EEB oder ein Verweis von Befragten auf eine Umweltorganisation, die in der EU-Arbeit besonders aktiv sei. Vgl. wiederum Anhang A.2.
Kriterium war hier eine explizite Spezialisierung auf EU-Politik oder die Mitgliedschaft im EEB.
Eine Liste aller geführten Interviews findet sich in Anhang C.
Qualitative Inhaltsanalyse bedeutet hier, dass auch theoretisch nicht vordefinierte Dimensionen in die Analyse eingehen. Die Theoriesteuerung bezieht sich aber auf die im Leitfaden und der Auswertung angesteuerten Untersuchungsbereiche (vgl. Kap. 3.1 und 3.7).
Im TEA-Projekt wurde eine etwas weitere Definition von Umweltschutz benutzt, die beispielsweise Tierrechtproteste mit einschloss. Vgl. Anhang A.2 und Anhang A.5.
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Roose, J. (2003). Strukturierung von Gelegenheiten auf EU-Ebene — ein Untersuchungskonzept. In: Die Europäisierung von Umweltorganisationen. Studien zur Sozialwissenschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-86892-3_3
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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