Zusammenfassung
Wie jegliche Geschichtsschreibung wird auch die Geschichte der Naturwissenschaften besonders problematisch, wenn wir an ihre zeitlichen Grenzbereiche stoßen. In der Frühgeschichte versiegen für eine ernsthafte historische Forschung die unentbehrlichen Quellen, wohingegen in der Geschichte der neuesten Zeit eine nahezu unübersehbare Flut von historischen Dokumenten und anderen Materialien vorliegt, die der Historiker nach seinen Fachkriterien strukturieren und analysieren soll. Die zunehmende wissenschaftliche Aktivität, das rasche Wachstum der Forschungsmittel und die große Vielfalt der Überlieferungen in Form von schriftlichen Quellen und anderen Aufzeichnungen stellen den Forscher hier vor ganz neuartige Probleme.1
Natürlich begrüßen umgekehrt manche Leute die Abkehr der Physik vom Determinismus mit Freude.
Max Born (1928b, S. 118)
Wenn ich darüber nachdenke, wo eine Theorie verbesserungsbedürftig ist, gehe ich nie von Betrachtungen über Meßbarkeit aus, sondern von solchen Folgerungen aus der Theorie, wo die Mathematik nicht stimmt (wie Unendlichkeiten oder Divergenzen). — Natürlich ist „our objective the general laws“ (damit bin ich 100%ig einverstanden).
Wolfgang Pauli in einem Brief vom 27. Januar 1955 an Erwin Schrödinger
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Notes
Während die historischen Forschungsmethoden der politischen Geschichte größtenteils bereits seit dem 19. Jahrhundert bereitstehen (siehe hierzu das postum herausgegebene Werk Historik von J. G. Droysen), sind entsprechende Entwicklungen in der Wissenschaftsgeschichte noch immer nicht abgeschlossen. Einen allgemeinen Überblick über das breite Spektrum moderner wissenschaftshistorischer Methoden und Schulen findet man bei Kragh [1987].
Ein umfassender Katalog wurde von T. S. Kuhn et al. [1967] herausgegeben.
Dieses inzwischen von Bruce R. Wheaton [1993] fertiggestellte Inventory of Sources for History of Twentieth-Century Physics (ISHTCP) enthält Hinweise auf rund 700.000 Briefe, die in mehr als 2000 Archiven in aller Welt aufbewahrt werden. Es handelt sich dabei um die Korrespondenzen zwischen mehr als 5000 Physikern und ihre noch umfangreichere Korrespondenz mit Nicht-Physikern aus dem Zeitraum 1896–1952. [Eine kurze Beschreibung dieser wichtigen Quellensammlung findet man auch bei von Meyenn (1988a).] — Ein Quellenkatalog zur Geschichte der Festkörperphysik wurde inzwischen von J. Warnow-Blewett und J. Teichmann [1992] herausgegeben.
Auf die sich daraus ergebenden Perspektiven für die Physikgeschichte hat zuerst Charles Weiner (1968) hingewiesen.
Vgl. z.B. die Fallstudie zur Entstehung der Relativitätstheorie von Goldberg [1968]. Die Aufgaben und Ziele einer Ideengeschichte der Physik wurden von Holton [1984] dargestellt. Über die quantitativen Methoden berichten Holton [1978, S. 199–228], Hahn (1980), und Kragh [1987, S. 182–196]. Eine Anwendung des bibliometrischen Verfahrens auf den Bereich der Quantentheorie erfolgte kürzlich durch Kragh und Reeves (1991).-Siehe hierzu auch die methodischen Bemerkungen von David Cahan (1988).
Vgl. Cohen (1963). Siehe hierzu auch die Aufsatzsammlung von Lafuente und Saldaña [1987] sowie den Beitrag von Suárez und Lemoine (1986).
Eine solche Darstellung wird vorzugsweise von ehemals an der Forschung beteiligten Gelehrten unter Ausklammerung wesentlicher Bestimmungsstücke des historischen Verlaufs bevorzugt, wie Hermann von Helmholtz [1903, S. 14] beispielsweise darlegt: „In meinen Abhandlungen habe ich natürlich den Leser dann nicht von meinen Irrfahrten unterhalten, sondern ihm nur den gebahnten Weg beschrieben, auf dem er jetzt ohne Mühe die Höhen erreichen mag.“ Ähnliche Auffassungen hat u. a. auch Dirac (1977) vertreten.
Daß die Wissenschaft auch charakteristische Züge ihrer Schöpfer trägt, wurde beispielsweise von Kramers (1935) in seinem Nachruf auf Ehrenfest vertreten. — Diesen Aspekt herauszuarbeiten, gehört insbesondere mit zu den Aufgaben einer wissenschaftlichen Biographie. Vgl. hierzu insbesondere die exemplarische Ehrenfest-Biographie von M. J. Klein [1970] und die allgemeinen Bemerkungen bei T. L. Hankins (1979) und H. Kragh [1987, S. 168ff.]
Siehe hierzu insbesondere auch die hier wiederabgedruckten Beiträge von E. Schrödinger (1932a) und W. Pauli (1956).
Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Naturwissenschaften sind weitaus weniger umstritten. Ihre Berücksichtigung bildet die Grundlage einer jeden Wissenschaftspolitik. Vgl. hierzu das von Forman, Heilbron und Weart (1975) publizierte Zahlenmaterial zur Lage der Physik um die Jahrhundertwende.
Die soziologische Komponente ist ohne Zweifel die heute am heftigsten umstrittene, weil hier die Verhältnisse besonders komplex sind und die Einflüsse sich deshalb schwerer nachweisen lassen. Neben dem überaus willkürlichen und oberflächlichen Aufsatz von Boris Hessen (1931) und den anregenden Pionierarbeiten von Edgar Zilsel [1976] liegen heute bereits zahlreiche ernst zu nehmende Untersuchungen vor, wie die von T. S. Kuhn [1962] und die hier abgedruckten Untersuchungen von Paul Forman (1971, 1980a), mit denen wir uns im weiteren Verlauf näher beschäftigen werden.
Ein nach ideologischem Gesichtspunkt sehr einseitig orientiertes Werk publizierte u. a. Bernal [1954]. (Siehe hierzu die Besprechung von Rosenfeld (1956) und den kritischen Kommentar von Westfall (1981).)
Nachträgliche historische Verzerrungen, wie sie oft zur Legitimierung bestimmter Interessen vorgenommen werden, bezeichnet man im angelsächsischen Sprachbereich als Whig-history. Vgl. hierzu Hall (1983). Verwandte Fragen über Mythenbildungen im Zusammenhang mit der Relativitäts-und der Atomtheorie wurden auch durch Sánchez-Ron (1992) und von Meyenn (1992a) behandelt.
In einem Schreiben vom 26. Januar 1950 an Max Delbrück.
Über das gleiche Thema sprach Schrödinger nochmals am 24. Juni 1932 vor der Ortsgruppe Berlin des Deutschen Akademikerinnenbundes. Das große Echo, welches seine Ausführungen in der Öffentlichkeit fand, spiegelte sich in den Berichten der Tagespresse: „Umsturz der Physik“. Berliner Lokal-Anzeiger Nr. 300 vom 26. Juni 1932; „Das Gesicht unserer Naturwissenschaft“. Deutsche Allgemeine Zeitung, Abendausgabe vom 25. Juni; „Naturwissenschaftliche Moden“. Abendausgabe des Berliner Tageblattes Nr. 299 vom 25. Juni; „Der Stil der Physik“. Abendausgabe der Vossischen Zeitung Nr. 175 vom 25. Juni; „Gefangenschaft im Kulturmilieu“. Zeitung am Mittag vom 26. Juni. — Die Aufnahme von Schrödingers Ausführungen war bei den Wissenschaftlern offenbar sehr geteilt; in einem Brief an Sommerfeld vom 6. April 1943 erwähnte beispielsweise der Astrophysiker Albrecht Unsöld die „peinlichen Fragen“, die Schrödinger in seinem Vortrag von der Milieubedingtheit der Naturwissenschaft aufgeworfen habe.
Den Ausdruck „neue Sachlichkeit“ prägte der Direktor der städtischen Kunsthalle in Mannheim, G. F. Hartlaub, 1925 während einer Ausstellung.
Diese Bezeichnung geht auf einen Ausspruch von Friedrich Ebert bei der Eröffnungsrede zur Weimarer Nationalversammlung vom 6. Februar 1919 zurück: „Jetzt muß der Geist von Weimar, der Geist der großen Philosophen und Dichter, wieder unser Leben erfüllen.“ In abgewandelter Form sprachen die Physiker später auch von einem Kopenhagener Geist in der Physik.
Siehe hierzu Hermann (1980) und von Meyenn (1988c). Zu den wichtigen Hilfsmitteln für solche wissenschaftshistorischen Untersuchungen gehören insbesondere auch die Editionen wissenschaftlicher Korrespondenzen. Trotz des umfangreichen gesammelten Quellenmaterials wurden bisher nur vereinzelte Briefwechsel von Quantenphysikern veröffentlicht; meistens beschränken sich diese auf herausgelesene Briefpartner (wie z. B. verschiedene Veröffentlichungen der Briefwechsel einzelner Gelehrter wie Born, Besso, Solovine und Sommerfeld mit Einstein) oder auf eine kleine Auswahl aus den Briefen (wie z. B. in den Collected Works von Niels Bohr und in Schrödingers Briefen zur Wellenmechanik). Die Veröffentlichung des wissenschaftlichen Briefwechsels von Wolfgang Pauli zeigt in eindrucksvoller Weise, wie die Entstehung vieler neuer Begriffsbildungen erst aus dem historischen Kontext des gesamten Briefwechsels verständlich wird. Weitere Editionen dieser Art sind die durch A. Kox in Amsterdam vorbereitete Lorentz-Brief-Edition und die in Boston entstehende Ausgabe der Collected Papers of Albert Einstein, die auch den vollständigen Briefwechsel wiedergibt.
Vgl. hierzu Alexandre Koyré [1968] und Albert Einsteins Bemerkungen im Vorwort zur Neuausgabe von Galileis Dialogo [1982]. — Ein akustisches Verfahren, mit dem Galilei in der Tat hinreichend kurze Zeitintervalle hätte messen können, wurde andererseits zur Stützung der gegenteiligen Auffassung von S. Drake (1975) vorgeschlagen.
Siehe hierzu T. S. Kuhn [1981]. — Kepler soll nach Paulis Ansicht von dem kopernikanischen System vor allem wegen seiner Entsprechung zu dem trinitarischen Sinnbild der Schöpfung und weniger wegen der Übereinstimmung mit der Erfahrung überzeugt gewesen sein (vgl. hierzu Paulis Ausführungen weiter unten auf S. 20).
Schwerwiegende Einwände wurden vor allem durch Pauli und Heisenberg vorgebracht. In einem Schreiben vom 21. November 1925 an Goudsmit bemerkte Heisenberg: „Ihre mutige Note in den Naturwissenschaften interessiert mich sehr … Sie haben völlig recht, daß man alle prinzipiellen Schwierigkeiten der Multiplettstruktur nie mit einem Zauberschlag beseitigen kann, wenn man Ihre Annahme über das magnetische Elektron macht; … aber ich möchte Sie nun gerne fragen, wie Sie den Faktor 2 losgeworden sind.“ — Nach der Aufklärung der Schwierigkeiten schrieb Landé am 20. Juli 1926 an Goudsmit: „Ihr und Uhlenbecks rotierendes Elektron, das ich zuerst gar nicht für diskutierbar hielt, hat sich ja als ein wahres Ei des Kolumbus herausgestellt, das mit einem Schlag alle Zweideutigkeiten löst …“ Paulis Standpunkt wird bei von Meyenn (1988c) und in Band I der Pauli-Briefedition behandelt.
Siehe hierzu von Meyenn (1987b).
In einen Brief vom 17. April 1951 an Erwin Panowsky. Siehe hierzu auch die als Anlage zu einem Brief vom 19. Januar 1953 an Markus Fierz wiedergegebenen Ausführungen Paulis über Das “Ganzheitsstreben in der Physik” und der Konflikt „Naturwissenschaft — gefühlsmäßig-intuitive Gegenposition“. Vgl. hierzu auch Holton [1978, S. 84–110].
Paulis vielseitige Interessen und seine große schriftstellerische Begabung werden von vielen seiner Zeitgenossen gerühmt. Leider sind neben seinen rein wissenschaftlichen Schriften nur wenige Zeugnisse aus diesem Bereich erhalten. Im Februar 1929 teilte er seinem Freunde Oskar Klein mit, daß er an einem utopischen Roman mit dem Titel Gullivers Reise nach Uranien gearbeitet habe, der im Stile Swifts „als politische Satire gegen die heutige Demokratie gedacht war“ (Brief [216] der Pauli-Briefedition). Pauli verfaßte auch später noch kleinere Essays, in denen er seinen philosophischen und psychologischen Ansichten Ausdruck verlieh. Im Mai 1942 entstand die kleine philosophische Komödie Der Kampf der Geschlechter, worin Aphrodite (als Repräsentantin für das Emotionale) und Immanuel (als Vertreter der Ratio) miteinander im Wettstreit liegen; und im Februar 1944: Die rote und die weiße Rose. In einer weiteren Schrift, Die Klavierstunde. Eine aktive Phantasie über das Unbewußte, kleidete er seine psychologischen Auffassungen in dichterische Form oder er behandelte das Mutterland und Vaterland in einem längeren Gedicht in Hexametern. In einem unpublizierten Aufsatz über Hintergrundsphysik aus dem Jahre 1948 und in der Vorlesung an die fremden Leute behandelte er den Erkenntnisprozeß aus der Sicht der Psychologie des Unbewußten von C. G. Jung. (Vgl. Meier [1992, S. 176–192] und Paulis Brief vom 1. August 1950 an den Psychologen C. A. Meier.)
Jung [1975, S. 60 und 251].-In einem Schreiben vom 14. Oktober 1935 hatte C. G. Jung versprochen, in seinen Veröffentlichungen Paulis „Inkognito in jeder Weise” zu wahren. Eine durch C. A. Meier [1992] herausgegebene Veröffentlichung des Briefwechsels zwischen Jung und Pauli ist inzwischen im Druck erschienen.
Pauli in einem Brief an C. A. Meier vom 16. Juli 1949.
Pauli (1948).
Hierauf hat mich Herr C. A. Meier frerundlicherweise aufmerksam gemacht. Es ist dies vielleicht eine modernisierte Neuformulierung der alten Aufassung Platos.
Ein interessanten Fall von „Hintergrundsphysik“ liegt vor im Buche von C. T. Hsieh: Quantenmechanik und I Ging, Shanghai 1937. Das Buch ist in chinesischer Sprache und Schrift. Eine Übersetzung existiert nicht. Die mathematischen Kenntnisse des Autors sind ungenügend. [Wolfgang Pauli verfaßte am 30. November 1943 zu diesem Buch folgende Besprechung in Versen: Quantenmechanik und I Ging Dein Name ist dies fremde Zeichen Wie konnt’ es mich von fern erreichen? Die Matrix ist mir I Sein Denken ist ein malend Schauen Die Well’ entspringt Tai-Gi Was gibt ihm sein naiv Vertrauen? Was Du geschrieben, kommt von dort. Die Worte sich mir spinnen innen fort Ein neues Licht, zu denken wag’ ich’s kaum, Der fremde Autor ist mein eig’ner Traum.]
Aus einem ebenfalls undatierten Manuskript aus dem Pauli-Nachlaß.
In dem soeben (Anm. 28) erwähnten Manuskript sagt Pauli darüber folgendes: „Trotz dieser Annäherung der wissenschaftlichen Voraussetzungen der Physik und der Psychologie dürfte es beim jetzigen Stand beider Wissenschaften kaum möglich sein, aus Ergebnissen der Physik (wie z. B. der Wesensgleichheit von Masse und Energie) sichere Schlüsse über das Wesen der Psyche und ihren Zusammenhang mit den physikalischen Phänomenen zu ziehen. Haben doch die wissenschaftlichen Resultate der Psychologie des Unbewußten eine wesentlich andere Form als die quantitativen statistischen Gesetze, welche die Atomtheorie über die physikalischen Phänomene aussagt! Andrerseits dürfte kaum ein moderner Physiker glauben, daß der jetzige Stand der Mikrophysik auch nur annähernd endgültig sein könnte. Am meisten problematisch in der jetzigen Physik dürfte die Rolle sein, welche das Raum-Zeit-Kontinuum in ihr spielt. Während in der früheren Physik insbesondere die Einführung des Zeitkontinuums durch die Anordnung von Kausalstrukturen gerechtfertigt wurde, erscheinen jetzt Raum und Zeit als ein Ordnungsschema nur für Wahrscheinlichkeiten von Ereignissen, dem sicher keine von diesen Ereignissen unabhängige Existenz mehr zugesprochen werden kann und dessen Anwendungsbereich nach der Seite des Kleinen hin noch nicht endgültig abgegrenzt ist.“
Aus einem Schreiben Paulis vom 26. Februar 1950 an C. A. Meier.
Siehe hierzu insbesondere die Wiedergabe solcher Brieftexte bei K. V. Laurikainen [1985] und in dem soeben erschienenen Band III der Pauli-Briefedition.
Vgl. hierzu Hermand und Trommler [1978].
Aus einem Schreiben von Ewald an Paul Sophus Epstein vom 11. Mai 1919. Zur Erläuterung des historischen Hintergrundes siehe Schmolze [1978, S. 24ff., 277, 319 und 349].
Siehe Planck (1919, S. 902) und Frank [1949, S. 232].
Vgl. hierzu insbesondere Kleinert (1979), Elton (1986) und Goenner (1992a) und die zusammenhängende Darstellung in Fölsings Einstein-Biographie [1993, S. 513ff.].
In einem Schreiben vom 4. Dezember 1919 an Ehrenfest.
Ibid. Siehe hierzu auch die oben genannten Veröffentlichungen von Kleinert (1979) und Elton (1986).
Aus einem Schreiben Einsteins vom 7. April 1920 an Ehrenfest.
In einem Brief vom 30. Mai 1920 an Einstein.
Sommerfeld in einem Brief an von Geitler, 14. Januar 1919.
Sommerfeld in einem Brief an Epstein, 29. Juni 1922.
Vgl. z. B. Heisenbergs Schreiben an Sommerfeld vom 15. Januar 1923. Siehe hierzu auch Eckert [1993, S. 88ff.].
Epstein war über München und Zürich nach Leiden gekommen, wo er besonders durch Paul Ehrenfest unterstützt wurde. „Ich finde es wundervoll, daß Ihr so für Epstein sorgt,” schrieb Einstein am 7. April 1920 seinem Freund Ehrenfest. „Die Zürcher haben kein wissenschaftliches Gewissen. Ich habe dort alles mögliche getan, ebenso Meyer. Ob es genützt hat, weiß ich nicht.” Während des Solvay-Kongresses 1921 lernte Epstein Millikan kennen, der ihn zunächst für das Wintersemester 1921/22 zu Gastvorlesungen nach Pasadena einlud (vgl. hierzu Physikalische Zeitschrift 22, 592 (1921)). Epstein wurde daraufhin zu einem der frühen Wegbereiter der Quantentheorie in Amerika.
Der englische Physiker Robert W. Lawson hatte während der Kriegsjahre am Wiener Radium Institut gearbeitet. Vgl. hierzu seinen Forschungsbericht in der Zeitschrift Scientia aus dem Jahre 1921.
Aus einem Schreiben an Epstein vom 12. Februar 1922. Daß Epstein diese Dinge keineswegs so gelassen hinnehmen konnte, wie Sommerfeld es sich vorstellte, zeigt ein früherer, am 31. Januar 1922 von München aus an Einstein gerichteter Brief: „Gerade die Kriegsgefangenschaft und der heutige nationale Chauvinismus haben mich über die Schattenseiten meines früheren Kosmopolitismus aufgeklärt und mir gezeigt, wie wertvoll es ist, unter seinesgleichen zu sein, wo man nicht als Fremdling und Eindringling betrachtet wird.“ Vgl. auch die historischen Darstellungen von Schröder-Gudehus [1966] und Eckert [1993, S. 75ff.].
In einem Brief vom 24. Januar 1921.
Born gehörte zusammen mit Peter Debye und Hans Küstner zu den Herausgebern der Physikalischen Zeitschrift. Bis auf seine bekannten Beiträge zur quantentheoretischen Störungstheorie aus dem Jahre 1922 hat Epstein in der Folge fast ausschließlich in amerikanischen Zeitschriften publiziert.
Vgl. die Briefe von Born vom 5. Januar 1923 an Sommerfeld und von Ewald vom September 1922 an Epstein.
Heilbron (1930, S. 144). Der Autor verschwieg hier, daß diese Maßnahmen auch eine der Folgen der parteiischen Äußerungen deutscher Gelehrter wärend des Krieges waren. Besonders der von 93 namhaften Wissenschaftlern und Künstlern unterzeichnete Aufruf an die Kulturwelt vom 4. Oktober 1914, in dem diese sich rückhaltlos hinter die militaristische Politik des Reiches stellten und ungeprüft die Übergriffe deutscher Truppen in den besetzten Gebieten bestritten, hatte im Ausland allgemeine Empörung hervorgerufen. Siehe hierzu insbesondere die Studie von Schröder-Gudehus [1966, S. 51ff.], in der zuerst auf diese Zusammenhänge aufmerksam gemachte wurde. Vgl. auch die sich zum Teil darauf stützenden Darstellungen bei vom Brocke (1984) und bei Hermann [1982, S. 84ff.].
M. von Gruber (1926, S. 135).
In einer Schrift über „Die Not der deutschen Wissenschaft und der geistigen Arbeit“ aus dem Jahre 1923 beschreibt der Kirchenhistoriker Georg Schreiber (auf S. 6, 7) die Lage folgendermaßen: „Eine Umwertung der wissenschaftlichen Weltgeltung Deutschlands bereitet sich in der Tat vor, wenn nicht Einhalt geboten wird … Die Grundmauern der deutschen Wissenschaft schienen unerschütterlich festzustehen. Heute müssen aber dem deutschen Bewußtsein jene Zusammenhänge geradezu aufdringlich näher gebracht werden, daß alle Blüte wissenschaftlichen Lebens an bestimmte wirtschaftliche Voraussetzungen geknüpft ist.“
Wiedergegeben in Forschungen und Fortschritte 3, 31 (1927).
In seinem Bericht an Epstein vom 24. September 1922 schreibt Sommerfeld: „Mein Englisch ist vorläufig so schlecht, daß ich den politischen Diskussionen zunächst fernbleiben muß. Für später rechne ich aber darauf, mit Herren, die mir näher treten, auch über politische Fragen zu sprechen. Wenigstens war diese Möglichkeit für mich bei der Annahme des Wisconsiner Rufes ausschlaggebend.“
Aus einem Schreiben Ehrenfests und Tinbergens aus Pasadena an Goudsmit vom 10. Januar 1924. Vgl. hierzu auch M. J. Kleins Vortrag America observed: Paul Ehrenfest’s visit in 1923–24 während der Conference on the recasting of science between the two world wars in Florenz und Rom 1980.
In einem Schreiben vom 21. Januar 1920 an Sommerfeld. — Hilbert bezieht sich allerdings auf die gegen die Grundlagen der klassischen Mathematik gerichteten Angriffe der Intuitionisten, auf die in diesem Zusammenhang auch Forman (1971, Sektion II, 4; S. 120–124 der vorliegenden Ausgabe) näher eingeht. Vgl. hierzu auch die Kritik von Scholz (1920, 1928).
Vgl. Heisenberg (1924). Siehe insbesondere auch die Bemerkungen auf S. 169 und die Heisenberg-Biographie von D.C. Cassidy [1992], welche besonders sorgfältig die Jugendzeit des Gelehrten behandelt. — Die Ziele und Aufgaben der Lebensphilosophie wurden von H. Rickert [1920] dargestellt und durch W. Laqueur [1962] in einer detaillierten historischen Studie untersucht.
In einem Brief vom 5. Januar 1923.
In einem Brief vom 15. Januar 1923.
„Bohr hat in Bezug auf die Zeemaneffekte kapituliert“, heißt es in einem Schreiben Sommerfelds vom 5. Mai 1923 an Epstein. Vgl. hierzu Forman (1968), Serwer (1977) und Cassidy(1979).
In einem Brief an Epstein, 24. September 1922.
In einem Brief vom 29. Juni 1922. Vgl. hierzu auch Cassidy (1979).
Hermand und Trommler [1978, S. 64 und 65].
In einem Brief vom 30. September 1924 (Brief [65] der Pauli-Briefedition).
In einem Brief von Pauli an Weyl, 26. August 1929 (Brief [235] der Pauli-Briefedition) und Slater in einem Schreiben vom 21. Juli 1924 an John H. van Vleck.Vgl. hierzu auch von Meyenn (1980/81).
Aus einem Brief an C. G. Jung vom 31. März 1953. Vgl. hierzu auch von Meyenn (1991).
Pauli in einem Brief an Schlick, 21. August 1922. (Brief [23a] der Pauli-Briefedition.) Schlicks Einwände richteten sich offenbar gegen die Folgerungen, die der Mach-Anhänger Josef Petzold aus dem relativistischen Uhrenparadoxon zog und worüber er wahrscheinlich mündlich mit Pauli diskutiert hatte. (Vgl. Kommentar zum Brief [23a] in der Pauli-Briefedition.)
Siehe Schrödinger (1932a, S. 43f.)
Pauli in einem Brief an Kramers, 27. Juli 1925; (Brief [97] der Pauli-Briefedition). Die hier angesprochene Kritik gegen das rein Formale bezog sich auf den Einfluß der Göttinger Schule, dem Heisenberg während seines Aufenthaltes dort ausgesetzt war. Weitere Fragen über die hier von Pauli als Kopenhagener Putsch bezeichnete Bohr-Kramers-Slater-Theorie werden bei Forman (1971 Sektion III.5; S. 160–164 der vorliegenden Ausgabe) diskutiert.
In einem Schreiben vom 21. Februar 1924. (Brief [56] der Pauli-Briefedition.)
Einstein in einem Brief an Ehrenfest, 20. Januar 1921.
Heisenberg [1969, S. 25]. Siehe hierzu auch die Untersuchung von Sigurdsson [1991].
Die Ernennung Einsteins mit einem Jahresgehalt von 5000 Mark (ab 1. Oktober 1922 wurde dieser Betrag infolge der Inflation auf 20.000 Mark erhöht) erfolgte durch ein Schreiben A. von Harnacks vom 12. September 1917. Ab 1. Oktober 1922 bat Einstein Max von Laue, ihn wegen Reisen als Direktor zu vertreten, so daß von diesem Zeitpunkt an vorwiegend von Laue die Geschäfte führte. Die Dokumente befinden sich im Max-Planck-Archiv zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin. Eine allgemeine Übersicht über die Forschungspolitik in der Weimarer Republik und insbesondere über die finanzielle Unterstützung der physikalischen Forschung findet man in einer Studie von Forman (1974). Siehe hierzu auch Hermann [1979, S. 65ff.].
Um eine Förderung suchten u. a. nach: P. Debye (1918ff.), M. Born (1919ff.), E. Regener (1919), R. W. Pohl (1919/1920), W. Gerlach (1921/1924), R. Lorenz (1920), W. Lenz (1919), O. Lummer (1919), W. Kohlhörster (1922) und Cl. Schaefer. Die besondere Anteilnahme Einsteins erweckte Seemann (1919), der wegen einer körperlichen Behinderung damals nur schwer eine Anstellung erhalten konnte, obwohl der Fall durch von Laue aufs „wärmste befürwortet“ wurde. In den späteren Jahren unterstützte das Kaiser-Wilhelm-Institut häufig auch Anträge von talentierten jüngeren Wissenschaftlern, die durch äußere Umstände benachteiligt waren. So erhielt z. B. der an einem Sprachfehler leidende Pascual Jordan während der Jahre 1924–1926 ein Stipendium.
Einstein in einem Brief an Born, 1. September 1919.
Undatiertes Schreiben von Einstein an Ehrenfest [Empfang am 10. September 1920 bestätigt].
Auch an anderen Orten entfaltete sich eine rege Vortragsaktivität. „In der letzten Zeit habe ich in psychiatrischen Kreisen einige populäre Vorträge über Relativitätstheorie gehalten. Es ist merkwürdig, warum gerade diese Leute so außerordentlich relativistisch interessiert sind …“, teilte Epstein am 30. Mai 1920 Einstein aus Zürich mit.
Brief von Born an Sommerfeld, 13. Mai 1922.
Siehe hierzu insbesondere die Untersuchungen über die Aufnahme der allgemeinen Relativitätstheorie in den verschiedenen Ländern in dem von Thomas Glick [1987] herausgegebenen Werk; die Resonanz in der deutschen Presse kurz nach dem Kriege wurde von Elton (1986) untersucht; eine Zusammenstellung und Klassifizierung verschiedener Stellungnahmen gemäß ihrer philosophischen Grundhaltung findet man in einer umfangreichen Studie von Klaus Hentschel [1990].
Vgl. hierzu die zeitgenössischen Darstellungen durch Wien (1914b), Lorey [1916], Warburg (1925) und die historischen Beiträge Cahan (1985) und von Meyenn (1988b).
Vgl. insbesondere Jungnickel und McCormmach [1986, S. 254–354].
Vgl. Selleri [1983], Baumann und Sexl [1984] und Bell [1987].
Wolfgang Pauli hatte in seinem Handbuchartikel von 1926 über die ältere Quantentheorie bekanntlich viele theoretische Einsichten niedergelegt, die von der neuen Quantenmechanik nicht korrigiert zu werden brauchten.
Vgl. hierzu beispielsweise die Untersuchung von Elkana (1970) über die allmähliche Entstehung des Kraft-Begriffes bei H. von Helmholtz.
Einen soziologisch ausgerichteten Standpunkt vertreten u. a. R. K. Merton [1973], D. Bloor [1976] und B. Barnes [1985]. Siehe hierzu auch die Übersichtsreferate von Hall (1963) und Shapin (1980). Eine Zusammenstellung der namhaftesten Beiträge zu diesem Thema findet man bei Weingart [1972/74].
Forman (1971). Die prägnantere Formulierung und Erweiterung seiner Thesen, die Forman (1980a) anschließend unternommen hat, ist Gegenstand des zweiten hier abgedruckten Aufsatzes.
Vgl. hierzu auch von Meyenn (1993)
Exner (1909).
Marian von Smoluchowski sprach sogar von einer „heute zur Herrschaft gelangten Tendenz, sämtliche Gesetze der Physik … auf Statistik verborgener Elementarereignisse zurückzuführen.“ Vgl. von Smoluchowski (1918).
Von Schweidler (1905). Siehe hierzu auch die historischen Untersuchungen von E. Arnaldi (1977) und J. van Brakel (1985).
Einstein (1916).
Aus einem Briefe vom 8. November 1922 an Pauli.
Siehe hierzu insbesondere auch die an Forman anknüpfenden (und z. T. kritischen) Stellungnahmen von Brush (1980) und [1983, S. 102], Hendry (1980b), Harvey (1981), Dyson (1983), Radder (1983), Kraft und Kroes (1984), Sánchez-Ron [1992] und Rohrlich (1992, S. 150ff.) Die beiden hier in deutscher Übersetzung wiedergegebenen Aufsätze [Forman (1971, 1980a)] wurden auch als Bestandteil von Büchern (Chant und Fauvel [1980, S. 267–302]; Stehr und Meja [1984, S. 333–347]) oder als selbstständiges Werk (Sánchez-Ron [1984]) veröffentlicht.
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von Meyenn, K. (1994). Ist die Quantentheorie milieubedingt?. In: von Meyenn, K. (eds) Quantenmechanik und Weimarer Republik. Vieweg+Teubner Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83655-7_1
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