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Part of the book series: Hagener Studientexte zur Soziologie ((STSO))

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Zusammenfassung

Macht man die Entscheidungsgesellschaft zum Untersuchungsgegenstand, gehört an den Anfang eine Klärung dessen, was eigentlich eine Entscheidung ist. Soviel ist bereits klar: Entscheidungen sind eine besondere Form des Handelns. Worin diese Besonderheit liegt, wird im ersten Abschnitt dieses Kapitels durch einen Vergleich von Entscheidungen mit anderen Formen des Handelns -traditionalem, routineförmigem und emotionalem Handeln — herausgearbeitet. Entscheidungshandeln reflektiert die eigene Kontin-genz. Das wiederum erlaubt und legt eine Orientierung von Entscheidungshandeln an Rationalität nahe, wie im zweiten Abschnitt erläutert wird. Aus diesem Rationalitätsstreben des Entscheidungshandelns ergibt sich allerdings, wie der dritte Abschnitt klarmacht, dass es eine aufwendige und entsprechend seltene Form des Handelns ist. Kein Akteur vermag mehr als nur einen kleinen Teil seines tagtäglichen Handelns entscheidungsförmig zu vollziehen.

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Literatur

  1. Genaueres zum spezifisch modernen Kontingenzverständnis bei Makropou-los(1997).

    Google Scholar 

  2. Ein Akteur kann zwar nacheinander verschiedene Situationsdeutungen zugrunde legen und entsprechend unterschiedliche Reaktionen zeigen. In einem bestimmten Moment muss er sich aber festlegen. Eine Mischung von Deutungselementen und eine Kombination von Handlungsalternativen ist zwar eine vielseitigere Festlegung, bleibt gleichwohl aber nur eine von vielen Möglichkeiten.

    Google Scholar 

  3. Dieses Handeln grenzt manchmal an bloßes Verhalten. Ausführlicher zum „emotional man“siehe den Überblick bei Schimank (2000: 108–121). Es sei betont, dass hier nur der „pure emotional man“angesprochen ist.

    Google Scholar 

  4. Nicht betrachtet wird hier jenes emotionale Handeln, das von längerfristigen Gefühlen — z.B. Mitgefühl für eine andere Person — getragen wird und sich in sorgfältig durchdachten Handlungsketten wie etwa ineinandergreifenden Unterstützungsmaßnahmen äußert.

    Google Scholar 

  5. Siehe hierzu auch die Begriffsbestimmung bei Max Weber (1922: 12).

    Google Scholar 

  6. Siehe March/Simon (1958: 141–150) zu „performance programs“.

    Google Scholar 

  7. Dies können auch individuelle Routinen sein. So mag sich beispielsweise jemand, der umgezogen ist, anfangs die verschiedenen Alternativen, die ihm nun für den Weg zur Arbeit zur Verfügung stehen, bewusst vor Augen geführt und sich dann aus gutem Grund für eine davon entschieden haben. Dieser Routine folgt niemand außer ihm selbst.

    Google Scholar 

  8. Bei Hartmut Esser (2001: 239–258) ist dies der Modus der „automatischspontanen Reaktion“im Unterschied zur „reflexiv-kalkulierenden Überlegung“. Ich habe an anderer Stelle eine ähnliche Unterscheidung von „Routine“auf der einen, „Entscheidung“auf der anderen Seite getroffen (Schi-mank2000: 148–150).

    Google Scholar 

  9. Diese Handlungsform ist damit, was im Kapitel 2 noch näher zur Sprache kommen wird, ein prominentes Ingredienz der spezifisch modernen „actor-hood“(Meyer/Jepperson 2000).

    Google Scholar 

  10. Zu diesem Merkmal von Entscheidungen siehe auch die weit ausholenden Reflexionen von Shackle (1979), an die Luhmann (2000b: 140, 166) anknüpft.

    Google Scholar 

  11. Siehe die analoge Unterscheidung von „costs of making decisions“und „costs of errors“bei Sunstein/Ullmann-Margalit (1999: 11).

    Google Scholar 

  12. James March (1994: 6) spricht diesbezüglich vom „post-decisional surprise, sometimes pleasant, sometimes unpleasant. “Das verharmlost die Sache in zweierlei Hinsichten. Zum einen überwiegen bei vielen Entscheidungen die unliebsamen Überraschungen. Zum anderen ist dieser Tatbestand für den Akteur kaum eine Überraschung; er rechnet vielmehr von Anfang an damit, dass Etliches schief laufen wird. Er zittert und bangt gleichsam, sobald er sich zu einer Entscheidung durchgerungen hat.

    Google Scholar 

  13. Um einen Songtitel Frank Zappas zu zitieren, wobei dort ganz andere Dinge angesprochen sind.

    Google Scholar 

  14. Natürlich wählen die anderen drei Handlungsformen, wie dargelegt, keineswegs irgendeine Alternative, sondern ebenfalls eine ihrem Kontingenz spezifizierenden Prinzip entsprechende. Als „wahllose“Wahl erscheint dies nur, legt man daran den Maßstab der Rationalität an.

    Google Scholar 

  15. Dabei wird an dieser Stelle ein weiter Informationsbegriff benutzt, der nicht nur kognitive, sondern auch evaluative und normative „differences that make a difference“— um Gregory Bateson (1970: 582) Definition zu zitieren — umfasst.

    Google Scholar 

  16. Wie sich allerdings im nächsten Abschnitt zeigen wird, kann man deshalb nicht sagen, dass Entscheidungen per se für den betreffenden Akteur funktional und die anderen drei Handlungsformen dysfunktional sind. Man darf nämlich nicht nur die je einzelne Handlung sehen, sondern muss gleichsam das gesamte Handlungsportfolio eines Akteurs in den Blick nehmen, um Funktionalität und Dysfunktionalität einschätzen zu können.

    Google Scholar 

  17. Siehe dazu weiterhin auch March (1994: 222–225).

    Google Scholar 

  18. Eine ganz andere Frage, die hier völlig aus dem Blick bleibt, ist die nach der Ergebnisrationalität eines Handelns für ein größeres Kollektiv von Akteuren — etwa eine Gruppe oder eine soziale Bewegung — oder für ein bestimmtes gesellschaftliches Teilsystem wie etwa die Wirtschaft oder die Politik. Letzterer Aspekt wird von Luhmann (1968a) mit dem Begriff der „Systemrationalität“belegt.

    Google Scholar 

  19. Damit stellt prozedurale Rationalität eine Art „Legitimation durch Verfahren“(Luhmann 1969a) dar.

    Google Scholar 

  20. Siehe auch, auf der Ebene von Unternehmen als Organisationen, die Semantik der „Rationalisierung“und die dazugehörigen Praktiken vom Taylorismus bis zum heutigen „total quality management“.

    Google Scholar 

  21. Ohne dass damit bestritten werden soll, dass auch Politik Effizienzgesichtspunkten eine große Bedeutung beimisst.

    Google Scholar 

  22. Ein Akteur ist eben nur zeitweise ein Homo Oeconomicus, zu anderen Zeiten hingegen ein Homo Sociologicus, ein Identitätsbehaupter oder ein „emotional man“. Zu diesen Akteurmodellen, die Modalitäten des Handlungsantriebs einfangen, siehe Schimank (2000: 37–167).

    Google Scholar 

  23. Nicht alle, aber viele der vom „interpretativen Paradigma“herausgearbeiteten Aspekte des „role making“könnten als entscheidungsförmige Normkonformität rubriziert werden — siehe nur den knappen Überblick bei Schimank (2000: 55–67). Auch James March (1994: 57–102) begreift „rule following“als Handlungsmodalität, die immer wieder Entscheidungen erfordert.

    Google Scholar 

  24. In der deutschen Diskussion gab es in den sechziger und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts insbesondere drei aufeinander Bezug nehmende Vertreter der These, dass Normen rational begründbar sind: Die „Erlanger Schule“(Kamlah/Lorenzen 1973; Lorenzen/Schwemmer 1974), Karl-Otto Apel (1973) und Jürgen Habermas (1973a: 140–152; 1973b).

    Google Scholar 

  25. Insoweit hat die wirtschaftswissenschaftliche These, dass es sich um Geschmacksvorlieben handelt, Recht. Aber streiten lässt sich über diese eben doch — und zwar mit beiderseitigem Gewinn.

    Google Scholar 

  26. In der philosophischen Diskussion entspricht dem wohl am meisten die Position Richard Rortys (1989).

    Google Scholar 

  27. Im Weiteren geht es nicht generell um das Für und Wider dieser Position, sondern lediglich um die Verallgemeinerung eines ihrer Kerngedanken.

    Google Scholar 

  28. Siehe auch die am umgangssprachlichen Verständnis orientierte philosophische Definition bei Stefan Gosepath (1992: 209): „Kann der Handelnde begründen, warum er sich entschieden hat, das zu tun, was er tut, so nennen wir seine Handlung rational.“

    Google Scholar 

  29. Zur Unterscheidung von pauschalem und spezifischem Skeptizismus siehe Rescher (1980).

    Google Scholar 

  30. Streng genommen lassen sich zwei Stufen des spezifischen Skeptizismus unterscheiden: begründete Kritik ohne bessere Alternative und mit besserer Alternative. Letzteres hängt die Messlatte in Sachen Rationalität noch höher.

    Google Scholar 

  31. Das erinnert — in einem ganz anderen Zusammenhang — an den „grounded theory approach“in der qualitativen Sozialforschung und dessen Kritik an standardisierten Methoden der Datenerhebung (Glaser/Strauss 1968). Das Hauptargument gegenüber standardisierten Erhebungsverfahren besteht darin, dass diese nur herausfinden können, was sie prinzipiell schon wissen. Empirie läuft dort auf die Bestätigung oder Widerlegung einer vorher formulierten Hypothese hinaus. Für das wirklich Neue sind diese Verfahren demzufolge nicht offen. Entscheidungen fassen hingegen, wie dargestellt, die jeweilige Situation als etwas genuin Neues auf.

    Google Scholar 

  32. Es sind freilich Situationen denkbar, in denen dieses Begrüßungsritual prob-lematisiert werden dürfte. Wenn sich beispielsweise herausstellt, dass sich ein neues gefährliches Virus vorzugsweise durch Berühren der Handflächen einer infizierten Person weiterverbreitet, dürfte man schnell auf ein anderes Begrüßungsritual umsteigen.

    Google Scholar 

  33. Und nicht etwa umgekehrt, wie das Alltagswissen meint.

    Google Scholar 

  34. Es sei denn, man rechtfertigt sich durch Sachzwänge, die einem keine andere Wahl lassen. Genau das trifft aber bei Entscheidungen nicht zu.

    Google Scholar 

  35. Jedenfalls situativ! Dass man später z.B. für die Folgen eines Wutanfalls zur Rechenschaft gezogen wird, steht auf einem anderen Blatt.

    Google Scholar 

  36. Das „Prisoner’s dilemma“der Spieltheorie ist ein bekanntes Beispiel für solch eine Situation (Holler/Illing 1991: 1–9).

    Google Scholar 

  37. Manchmal wird diesbezüglich von „Routineentscheidungen“gesprochen (Kirsch 1971a: 142), was aber ein Widerspruch in sich ist.

    Google Scholar 

  38. March/Simon (1958: 185) sehen — auf Planung als Spezialfall des Entscheiden bezogen — ein „‘Gresham’s Law’ of planning: Daily routine drives out planning.“Dabei unterstellen sie, dass Akteure zu bequem sind, die ihnen jederzeit offen stehende und eigentlich wünschenswerte Möglichkeit des entscheidungsförmigen Handelns zu nutzen, und stattdessen auf Routinen und traditionales Handeln zurückfallen.

    Google Scholar 

  39. Hartmut Esser (2001: 205–224, 239–258) sieht hingegen umgekehrt, dass solche Situationen, in denen die Akteure un willkürlich — neuro-physiologisch reguliert und damit nicht willentlich beeinflussbar — einen perfekten Match von situativ wahrgenommenen Symbolen und bereitstehendem Deutungsmuster erleben, also sogleich wissen, was sie zu tun haben, gar keine Chance des Entscheidens mehr lassen. Das Handlungsprogramm läuft dann mit quasi instinkthafter Determiniertheit ab. Entscheidungshandeln wird überhaupt nur dann ausgelöst, wenn größere Störungen der Wiedererkennung einer Situation eintreten. Wo March/Simon also prinzipiell noch Chancen sähen, die Entscheidungsfreude der Akteure anzuspornen, ist für Esser unterhalb der Bewusstseinsschwelle schon längst alles gelaufen. Bei aller Gegensätzlichkeit laufen beide Überlegungen darauf hinaus, dass nur selten entschieden wird.

    Google Scholar 

  40. Dies gilt im Übrigen auch in der Hinsicht, dass komplexe Entscheidungsvorgänge, wie sich noch zeigen wird, erhebliche routineförmige, traditionale und auch emotionale Ingredienzien aufweisen.

    Google Scholar 

  41. Dies ist natürlich wieder eine Betrachtung auf einer Meta-Ebene, auf der eine effizienzsteigernde Entscheidung — etwa die Umstellung auf eine neue Produktionstechnologie in einem Unternehmens — als Handlungsform nicht effizienter, sondern effektiver als z.B. das routineformige Festhalten an der bisherigen Produktionstechnologie ist. Eine analoge Argumentation findet sich bei Arnold Gehlen (1957: 104–107) zur „Schematisierung des Verhaltens“: Weil Institutionen vieles Handeln vom Reflexionsaufwand entlasten, wird anderem Handeln ein Spielraum für Reflexion und Subjektivität eröffnet.

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Schimank, U. (2005). Entscheidungshandeln. In: Schimank, U. (eds) Die Entscheidungsgesellschaft. Hagener Studientexte zur Soziologie. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80606-2_3

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-80606-2_3

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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