Zusammenfassung
In der aktuellen Geschlechterforschung ist es inzwischen common sense, Geschlecht und Zweigeschlechtlichkeit als eine gesellschaftliche Konstruktion auszuweisen. Alles andere wäre eine Naturalisierung und Essenzialisierung, und das ist outmoded. Allerdings ist das meist alles. Selbst hartgesottene Geschlechterforscherinnen lassen sich selten grundsätzlich von der dualen Ordnung der Geschlechter abbringen. Der kulturell geschulte (Zwei-) Geschlechter-Blick lässt sich nur schwer überlisten. So werden bei der Erhebung und Auswertung von Daten Frauen und Männer fein säuberlich getrennt und verglichen, um zu sehen, ob und welche Unterschiede es gibt. Die Aufgabe lautet aber, „die Geschlechterperspektive in empirische Arbeiten einzubringen und gleichzeitig die Vorstellung außer Kraft zu setzen, es gebe zwei Geschlechter. Denn nur, wenn gedankenexperimentell auf die Setzung der Differenz verzichtet wird, ist es möglich, den Konstruktionsprozessen von Geschlecht und Geschlechterdifferenz auf die Spur zu kommen.“(Althoff/Bereswill/Riegraf 2001: 193) Und nur dann ist es möglich, auf eine Hierarchisierung, also Bewertung, Hervorhebung oder das Ignorieren ganz bestimmter Eigenschaften im Vergleich zu anderen Differenzen zu verzichten. Die Forschenden müssen also nach der Erhebung und Ordnung von Daten auf Geschlecht blicken, nicht davor.
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Degele, N., Schirmer, D. (2004). Selbstverständlich heteronormativ: zum Problem der Reifizierung in der Geschlechterforschung. In: Buchen, S., Helfferich, C., Maier, M.S. (eds) Gender methodologisch. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80587-4_8
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