Zusammenfassung
Wie lassen sich die skizzierten Prozesse des Wandels vorherrschender Organisations- und Wettbewerbsstrukturen interpretieren? Welche Deutungsmuster bieten sich als übergeordnete Bezugsrahmen an? Zunächst einmal ist auffällig, wie breit die Anwendungsfelder gestreut sind, auf die sich die beschriebene Entwicklung beziehen lässt. Eine Strukturierung durch das Zusammenspiel von Organisation und Wettbewerb sowie die Tendenz einer Wettbewerbsverdichtung ist keinesfalls auf Deutschland, die USA oder andere Nationalstaaten beschränkt. Obwohl unterschiedlich stark ausgeprägt, handelt es sich doch ohne Zweifel um ein transnationales Phänomen. Darüber hinaus ist diese Strukturentwicklung in sehr verschiedenen Funktionsbereichen anzutreffen. Das zeigt die Bezugnahme auf wirtschaftliche, wissenschaftliche und politische Entwicklungen. Für all diese Bereiche lassen sich zudem allgemein gültige Beschreibungen des Strukturwandels anfertigen. Das zeigt, dass dieser Strukturwandel im Falle der Wirtschaft für klassische Sektoren der industriellen Produktion ebenso wie für die neuen Märkte der Informations- und Biotechnologie oder für zahlreiche Dienstleistungsbereiche gilt. Auf vergleichbare Weise ist die skizzierte Strukturentwicklung Kennzeichen der Wissenschaft insgesamt — also nicht auf einzelne Felder der Natur- oder Geisteswissenschaften beschränkt. Und schließlich kann man diese Strukturentwicklung in ganz unterschiedlichen Politikbereichen aufspüren — in der Wirtschafts- und Forschungspolitik ebenso wie in den stärker öffentlichkeitswirksamen Ressorts der Bildungs- oder Sozialpolitik.
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Literatur
Bemerkenswerterweise kann man das gleiche beobachten, wenn man andere — gegebenenfalls modernere — Deutungen makrosoziologischer Entwicklungen einbezieht So wird Organisationen insbesondere in der Auseinandersetzung um Konturen der Informationsgesellschaft keine große Bedeutung beigemessen. Sie gelten — ganz im Sinne der Redeweise von einem disorganisierten Kapitalismus — als Opfer einer viel beschworenen Flexibilisierung und Verflüssigung institutioneller Strukturen; und genau dies ist der zentrale Unterschied zwischen den Theorien der Informationsgesellschaft aus den 1960er und 1970er Jahren (Lane 1966; Drucker 1969; Bell 1973) und aktuellen Beiträgen (Castells 1996, 1997). Vgl. vertiefend hierzu: Hasse (2003).
Auch in Bezug auf nationale Unterschiede der gesellschaftlichen Entwicklung findet sich bei Karl Marx eine geradezu klassische modernisierungstheoretische Perspektive. Siehe zum Beispiel: „Das industriell entwickelte Land zeigt dem minder entwickelten Land nur das Bild der eigenen Zukunft“(Marx ! 968: 12, zit. n. Berger 1996:47).
Wirtschaftswissenschaftlich hat man allerdings gerade für diesen Zeitraum die Konvergenzthese empirisch erhärten können. Vergleiche grundlegend hierzu: Baumol et al. (1994); Maddison (1995).
Es ist deshalb nicht überraschend, dass insbesondere die Diskussion um eine postindustrielle Gesellschaft, bei der eine epochale Zäsur in der gesellschaftlichen Entwicklung postuliert wird, die Suche nach zusätzlichen Optionen und neuartigen Möglichkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung beflügelt hat Vergleiche neben Bell (1973) auch Toffer (1980) und Tourraine (1971).
Ohne Frage gibt es auch gewichtige Ausnahmen, die es möglich machen, den herausragenden Stellenwert formaler Organisationen zu erkennen. Das Organisationsdefizit makrosoziologischer Ansätze bezieht sich nicht auf Max Weber (1972), der Prozesse gesellschaftlicher Modernisierung systematisch mit Organisationsaspekten — hier: der Bürokratisierung moderner Gesellschaften — in Beziehung gesetzt hat. Ebensowenig gilt es für den Beitrag John Meyers (Meyer/Scott 1983; Scott/Meyer 1994), auf den später noch ausführlicher eingegangen wird. Und schließlich ist auch die Systemtheorie Luhmanns (1981; 1986b) explizit auszuklammern, da dort das wechselseitige Bedingungsverhältnis von funktionaler Differenzierung auf der Ebene der Gesellschaft und formalen Organisationen für die Anlage der Theorie wesentlich ist.
Ausdrücklich sei jedoch betont, dass Organisationsforschung kein exklusiv soziologisches Unternehmen ist. Es ist deshalb wenig überraschend, dass auch Theorieeinsichten aus anderen Disziplinen — vornehmlich der Psychologie (Ilgen/Klein 1988; Sims/Goia 1989; Pondy et al. 1988) und der Ökonomie (Williamson 1995; Wieland 1997)-berücksichtigt werden.
Für den Fall einer derartigen Auseinandersetzung mit dem Strukturationsansatz vergleiche Ortmann/ Sydow/Windeler (1997); für den Fall der Systemtheorie vergleiche insbesondere Mayntz (Mayntz et al. 1988), wo Organisationen konsequent als Akteure einzelnen Funktionssystemen zugerechnet werden, sowie Tacke (2001).
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Hasse, R. (2003). Makrodeutungen institutionellen Wandels. In: Die Innovationsfähigkeit der Organisationsgesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80455-6_3
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