Zusammenfassung
Der gebündelte Vergleich der drei ost- und südostasiatischen Transformationsfälle macht deutlich, dass eine Reihe unterschiedlicher Faktoren als Ursachen für das Entstehen von Demokratiedefekten und konkreten Typen der defekten Demokratie herangezogen werden können. Dabei geht es im folgenden Analyseschritt geht nicht um die Herausarbeitung von Erklärungen im strengen wissenschaftstheoretischen Sinne, sondern um eine plausible Rekonstruktion der Wirkungszusammenhänge von Ursachenfaktoren und den unterschiedlichen Defektsyndromen, die im vorangegangenen Untersuchungsabschnitt festgestellt wurden.
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Literatur
Im nationalen Mittel betrug der Anteil der ungültigen Stimmen 10,01 Prozent und lag damit bereits erheblich über den Werten der vorangegangenen Wahl (2,7). Dies lässt sich mit der Unerfahrenheit der Wähler mit dem neuen Wahlsystem erklären. In Chiang Mai betrug der Anteil der ungültigen Stimmen jedoch 28 Prozent (Orathai 2002: 301).
Klientelismus in der Definition von Scott (1972: 92) bezeichnet auf Gegenseitigkeit basierende Tauschbeziehungen zwischen sich einander Loyalität versichernden Akteuren mit unterschiedlichen, ungleich verteilten, wechselseitig nachgefragten Ressourcen. Grundmuster der Beziehungen ist ein informeller cluster, bestehend aus einem Patron, der anderen Personen (Klienten) Erwartungssicherheit und Handlungsanreize bietet und dafür Loyalität und Handlungsressourcen von seiner Klientel erhält. Zu einer kritischen Auseinandersetzung mit diesem Erklärungsansatz, siehe Kerkvliet 1995; Sidel 1999.
Ausführlich vgl. die Beiträge in Mangahas 1998.
Vgl. Kapitel 4.1.2.
Interviews des Autors mit Borwonsak Uwano (31/08/1999) und Amara Raksasataya (02/09/1999).
“The term conveys not only wealth and power but also an ability to operate abouve the law. Most [jao pho] are ethnic Chinese by origin and generally based in the provinces. They have wide business interests, covering both legitimate and criminal activities. (…) They move-closely with powerful bureaucrats, policemen and military figures. They sit in positions of authority in local administration. They play a key role in parliamentary elections. (…) In the context of present-day Thailand the term is used to refer to an influential person who can use his wealth and informal power (through patronage, bribery, violence or other means) to put himself above the law and to provide extra-legal protection for others” (Pasuk/Sungsidh 1994: 57, 59).
Vgl. zu den Senatswahlen Croissant 2000b.
Vgl. in jüngerer Zeit Chu et al. 1993; Helgesen 1998; Kuechler 2002.
Vgl. die Umfrageergebnisse zum Vertrauen von Militärs in zentrale Institutionen und Funktionsträger des politischen Systems bei Miranda/Ciron (1991: 203f).
91 Prozent der Befragten waren der Ansicht, die kommunistische Guerilla stelle eine große bis sehr große Bedrohung der nationalen Sicherheit dar (op.cit.: 197). Auf Seiten des Militärs überwog die Präferenz für eine militärische Lösung des Konflikts klar gegenüber alternativen Lösungsansätzen. Fast 60 Prozent der Befragten hielten Verhandlungen für Zeitverschwendung und forderten einen größeren Einfluss der Streitkräfte auf die Planung der Aufstandsbekämpfung (op.cit.: 199f).
Externe Faktoren hatten kaum Einfluss auf diese Entwicklung. Die Volksrepublik China hatte ihre Unterstützung für die Rebellen bereits in den siebziger Jahren eingestellt. Da auch von der Sowjetunion keine materielle Hilfe kam, waren die philippinischen Kommunisten bereits vor dem Zusammenbruch des Ostblocks weitgehend auf die Versorgung mit Ausrüstung über den internationalen Schwarzmarkt und aus den Beständen der philippinischen Armee angewiesen (Morris 1994: 89).
1985 war etwa ein Drittel der AFP-Kampfeinheiten zur Sicherheit des Präsidenten abkommandiert und außerhalb der Aufstandsgebiete stationiert (McCoy 2000: 227).
Unter Aquino waren zwischenzeitlich das Amt des Außenministers, des Verteidigungsministers, des Leiters der Migrationbehörde sowie der Zollbehörde und des Ministers für Telekommunikation und Transport mit Exmilitärs besetzt (Selochan 1991: 115). Der Ramos-Administration gehörten im Mai 1997 sogar mindestens 100 ehemalige Offiziere an, überwiegend offizielle Berater des Präsidenten und Kabinettssekretäre (Philippine Free Press, 03/05/1997: 6-8; PAHRA 1997: 75f; Hernandez 1997: 56f.).
Eigene Berechnungen nach Daten in Hartmann/Hassall/Santos Jr. 2001: 228f; Croissant 2001b: 466.
Eigene Berechnungen nach Angaben in Teehankee 2002; Carlos 1997.
Die United Liberal Democrats (ULD) unter Führung von Ex-Premier Kim Jong-pil (1996 und 2000).
Das Konzept der Volatilität misst die Summe der Netto-Wählergewinne und Netto-Verluste der relevanten Parteien von einer Wahl zur nächsten. Die total electoral volatility (TEV) ist die Summe der absoluten Werte der Differenz zwischen den Stimmenanteilen jeder Partei in einem Parteiensystem bei zwei aufeinanderfolgenden Wahlen (Bartolini/Mair 1990). Der Volatilitätsindex wird ermittelt, in dem die Nettostimmengewinne oder -Verluste jeder Partei von einer Wahl zur nächsten addiert und die Summe durch den Faktor zwei dividiert wird.
Erfasst wurden Familienangehörige bis einschließlich des vierten Verwandtschaftsgrades in folgenden Wahlämtern: Kongressabgeordnete, (Vize-)Präsident, (Vize-)Gouverneure, (Vize-)Bürgermeister sowie Abgeordnete der Provinz- und Stadtversammlungen. Angaben sind Berechnungen des Autors nach Daten in Gutierrez 1994; Nuqui 1996: 28-29.
Eigene Berechnungen nach Angaben Patino 1998: 6f; Teehankee 2002: 173.
Eigene Berechnungen nach Angaben in Agustin 1993; Querijero 1997. Entsprechende Angaben für die Wahl von 1998 hätten wenig Aussagekraft, da bei der letzten Wahl mehr als die Hälfte der Abgeordneten aufgrund der Amtszeitenbeschränkung nicht erneut kandidieren durfte.
Während der Präsidentschaft von Ramos stammten diese Mittel aus dem 1990 eingeführten Congressional Development Fund, dem Public Works Fund, dem School Building Fund sowie dem Etat des Landwirtschaftsministeriums. 1997 erhielt jeder Abgeordnete des Hauses aus dem CDF 12,5 Millionen Peso, 30 Millionen aus dem PWF, 4,5 Millionen aus dem SBF sowie nochmals 0,5 Millionen aus dem Etat des Landwirtschaftsministeriums. Zusätzlich erhielten die Mitglieder des Kongresses Mittel für sogenannte Congressional Insertion Actions (CIA, vgl. Miranda 1996: 34f.). Im Durchschnitt erhielt 1996 jeder Abgeordnete durchschnittlich 63,5 Millionen Peso für CIA, einzelne Abgeordnete jedoch bis zu 3,5 Mrd. Peso (ibid.: 36). 1998 stieg die Gesamtsumme der porks gegenüber dem Vorjahr um 189 Prozent, ihr Gesamtvolumen belief sich im Haushaltsjahr 1998 auf ca. 55 Mrd. Peso (ca. 2,5 Mrd. DM). Dies entsprach annähernd zehn Prozent des Staatshaushalts (Gutierrez 1998: 61; Velasco 1998: 3).
Vgl. hierzu Lande/Cigler 1979.
Im elften Kongress (1998-2001) hatte das Haus mehr als 80 Ausschüsse mit teilweise über 100 Mitgliedern. Den Spitzenwert erreicht das Standing Committee of Appropriations mit 115 Mitgliedern oder 52 Prozent aller Abgeordneten.
Vgl. die Angaben in Congressional Report (1991), Congress Watch Report (1993), PhilRight/IPER (1996) sowie Florentino-Hofilena (1999).
John Carey gelangt in einer international vergleichenden Auswertung des Abstimmungsverhalten in Parlamenten hinsichtlich des philippinischen Kongresses aufgrund der hohen Übereinstimmung von Oppositions- und Regierungsvoten zu dem Ergebnis, das sich hieraus keine bedeutsamen Erkenntnisse über den parlamentarischen Entscheidungsprozeß ziehen lassen (Carey 2000b: 10).
Das Gesetzinitiativrecht liegt beim einzelnen Abgeordneten. Änderungsanträge zu einer Vorlage können in den beiden ersten Lesungen ohne Einschränkung von jedem Abgeordneten eingereicht werden und müssen behandelt werden. Zusätzlich verfügen die Abgeordneten über das Instrument des Filibuster (vgl. Rules of the House of Representatives, Rule VII, http://www.congress.gov.ph/hrule07.html, download 17/01/2001).
1963-79 kamen 34,1 Prozent aller Minister und Vizeminister aus Yongnam; 13,2 Prozent stammten aus Honam. 1980-88 stieg der Anteil Yongnams auf 43,6 Prozent, der von Honam sank auf 9,6 Prozent. Während Yongnam etwa drei- bis fünfmal so stark im Kabinett repräsentiert war wie Honam, war das Bevölkerungsdifferential wesentlich ausgeglichener. In den ersten drei Kabinetten von Präsident Kim Young-sam (Feb. 1993-Dez. 1995) lag der Anteil der Minister und Vizeminister aus Yongnam sogar bei 45%. Der korrespondierende Wert für Honam betrug 9% (Park K.H. 1999: 148).
Kim Jong-pil gilt gemeinsam mit Park Chun-hee als einer der Initiatoren des Militärputschs von 1961 und diente dem Regime bis zur Ermordung Parks im Oktober 1979 als Geheimdienstchef, Ministerpräsident und Vorsitzender der Regierungspartei.
Zum Prozess der Wahlgesetzgebung und der Wahlrechtsreform in Südkorea vgl. Croissant 1998b: 113-115; Croissant 2001a.
Zu einer konzeptionellen Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Parteienfaktionalismus siehe Sartori 1975 sowie Waller/Gillespie 1995.
Park 2000: 81f.; Kim/Kim 2000: 60, ergänzt um eigene Berechnungen.
Genaue Angaben sind nicht möglich, da die Nationalversammlung in der Regel nicht namentlich abstimmt (Shin 2000).
Stand Dezember 2000 (http://www.node3.assembly.gov.kr:6060/congressman/oracgi/, download 17/01/2001). Ausführliches zum Ausschusswesen findet sich in Park 1998, 1999.
Mit Park Jyun-kyu von der ULD (1999) wurde dieses Amt erstmals von einer anderen Partei besetzt. Damit ging allerdings der Parlamentsvorsitz ironischerweise an die kleinste Fraktion. Gegen diesen offensichtlichen politischen Kuhhandel zwischen der Partei des Staatspräsidenten und ihrem kleinen Koalitionspartner reagierte die oppositionelle Mehrheitspartei mit wütenden Protesten, die aber erfolglos blieben.
Vgl. allgemein Powell 1982; Laver/Shofiled 1990; King/Burns/Laver 1990.
Bei den Wahlen vom September 1992 bis Januar 2001 gewann die DP im Süden durchschnittlich 69 Prozent der Stimmen bzw. 87,3 Prozent der Mandate. Besonders bei den Wahlen vom letzten Jahr zeigte sich die starke Bindung der Wähler im Süden an die Partei. Die Partei verlor zwar im Süden überdurchschnittlich stark an Stimmen (23 Prozent gegenüber 5,9 Prozent landesweit), konnte ihren Anteil an den in der Region vergebenen Sitzen jedoch weitgehend halten (eigene Berechnungen nach Angaben in Nelson 2001).
Beispielhaft ist hier die New Aspiration Party unter Führung von Expremier Chavalit Yongchaivut. 1990 gegründet, gelang es der NAP, sich bei den Wahlen 1992 bis 1996 als stärkste Partei im Nordosten zu etablieren. Allerdings kann hier nicht wirklich von einer Dominanz gesprochen werden, da die Partei nur durchschnittlich 35,7 Prozent der in der Region vergebenen Mandate gewann. 2001 brach der Mandats- und Stimmenanteil der Partei in der Region geradezu dramatisch ein und reduzierte sich gegenüber den letzten Wahlen von 56,9 auf 13,7 Prozent (Mandate), bzw. von 45,5 auf 16,7 Prozent (Stimmen; eigene Berechnungen nach Angaben in Nelson 2001).
Vgl. Christensen 1993: 20; Pasuk/Baker 1997: 337; Reinecke/Sanders 2000: 37.
Eine Ausnahme bildet die letzte Wahl zum Repräsentantenhaus vom Januar 2001. Die Partei des gegenwärtig amtierenden Premierministers Thaksin gewann 49,6 Prozent der Mandate. Allerdings ist dies auch darauf zurückzuführen, dass sich die Partei bereits im Vorfeld der Wahlen darum bemühte, gestützt auf die umfangreichen Finanzmittel des Tycoon und Milliardärs Thaksin, eine hohe Zahl ehemaliger und amtierender Abgeordnete im Wortsinne als Kandidaten einzukaufen (The Nation, 02/05 2000).
Vgl. Christensen/Ammar 1993; Bidhya 1996; Murray 1998.
Die mit der politischen Koordination des Antikriminalitätsprogramms der Regierung Estrada betraute Presidential Intelligence Task Force stellte in ihrem Bericht an den Präsidenten vom Juli 1998 fest, dass 1997/98 mehr als elfhundert Polizisten und Soldaten sowie 600 ehemalige Polizisten oder Armeeangehörige am Drogen- und Waffenhandel, organisierten Entführungen, Raubüberfällen und anderen Formen des organisierten Verbrechens beteilgt waren (Philippine Free Press 18/07/1998: 12-13).
Vgl. Kapitel 2.1 - 2.2.2.
Der Begriff „Konfuzianismus“ ist eine westliche Schöpfung. Im Koreanischen existierte hierfür kein eigenes Wort. Mitglieder der konfuzianischen Schule wurden als ju bezeichnet, was übersetzt Gelehrter (literati) bedeutet (Fung 1952a: 48). Konfuzianismus wird auch als „ethno-religiöses System“ (Tu 1996), oder als „politische Religion“ (Weber) bezeichnet. In seinem Menschenbild und dem Konzept des Himmels (T'ien) enthält das konfuzianische Denken religiöse Bezüge (Fung 1952a: 17f). Im Gegensatz zum Christentum fehlt jedoch sowohl eine transzendente Heilslehre und die Figur eines Heilsverkünders, als auch die Institution der ekklesiastischen Priesterschaft (de Bary 1996: 10ff). Konfuzianismus als offizielle Ethik einer Gelehrtenschicht beanspruchte den Interessen des Staates, der Gemeinschaft und der ‘Welt’ insgesamt zu dienen, nicht jedoch einer übernatürlichen Macht (Chung 1995: 20ff). Aufgrund des Fehlens eines Konzeptes der Transzendität sowie einer Geschichte als Religionsgemeinschaft erfüllt er nicht die Kriterien eines eng definierten Religionsbegriffs.
Gemeinhin wird der Konfuzianismus in zwei große Richtungen unterteilt: Erstens eine orthodoxe Strömung, in deren Zentrum die konfuzianischen Klassiker des sechsten bis dritten vorchristlichen Jahrhundert stehen. Demgegenüber vollzog sich im konfuzianischen Denken seit der T'ang-Dynastie, besonders jedoch während der Sung-Dynastie (960-1279), eine Wiederbelebung buddhistischer und chinesischer Kosmologie, welche die ontologische Grundlage des Konfuzianismus festigte. Diese Vermischung von konfuzianischer Ethik und buddhistischer Metaphysik mit taoistischen Elementen etablierte sich unter der chinesischen Bezeichnung Tao Hsüeh Chia (‘Studium des Tao’), im Westen als Neokonfuzianismus bezeichnet (Fung 1952: 407ff; Too 1996: 23). Der Sammelbegriff Neokonfuzianismus umfaßt dabei verschiedene Schulen und aufeinanderfolgende Phasen der historischen Entwicklung des Konfuzianismus nach dem 11. Jahrhundert (vgl. de Bary 1985). In Korea wurde der Neokonfuzianismus durch die Yi-Dynastie (1392-1910) als Instrument zur Festigung einer neuen politischen Ordnung entdeckt und aufgegriffen. In der Folge etablierte sich der Neokonfuzianismus im engen Zusammenspiel von Politik und Gelehrtenschaft als herrschende Lehre und Staatsdoktrin (Chung 1995:.10).
Die einflußreichste klassische Alternative zum Konfuzianismus war die chinesische Schule des Legalismus. Legalismus ist ein System von philosophischen Überlegungen, welches die ethische Bedeutung des positiven, von Moral getrennten und in keiner immanenten Beziehung zur Gerechtigkeit stehenden, Rechts betont. Dies Bezeichnung Legalismus ist insofern etwas irreführend, da sie gedanklich eine Verbindung zum liberalen Konzept des Konstitutionalismus und des Rechtsstaats herzustellen scheint (Schwartz 1985: 329).
Nach Schätzungen des philippinischen Rechnungshof (Commission on Audit) beliefen sich die volkswirtschaftlichen Kosten der Korruption in den Philippinen Ende der neunziger Jahre auf jährlich 44,5 Milliarden US$ (zit. in Romero 2001: 61)
Exemplarisch Jory 1996: 123.
Vgl. Christensen/Ammar 1993; Pasuk/Sungsidh 1994; 1 ff., 131ff.; Pasuk 1998.
Vgl. Rose-Ackerman 1999: 127; Lederman/Loayza/Soares 2001.
Vgl. allgemein Rose-Ackerman 1999: 138-142.
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Croissant, A. (2002). Prozessanalyse. In: Von der Transition zur defekten Demokratie. Politik in Afrika, Asien und Lateinamerika. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80415-0_9
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