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Daimler plant, bis 2030 vollelektrisch zu werden, wo immer es die Marktbedingungen zulassen. Das gesamte Produktportfolio soll mit batterieelektrischen Antrieben ausgestattet werden. ATZextra sprach mit Markus Schäfer, Mitglied des Vorstands der Daimler AG und Mercedes-Benz AG, verantwortlich für Daimler Konzernforschung und Mercedes-Benz Cars COO, über Elektrostrategien sowie Kooperationen und Partnerschaften zur Batterieproduktion.
ATZextra _ Herr Schäfer, Sie haben im Sommer Ihre Elektrostrategie deutlich verschärft. Warum?
SCHÄFER _ Vor zwei Jahren haben wir mit unserer Strategie "Ambition 2039" klar Stellung bezogen und uns dazu verpflichtet, Mercedes-Benz bis 2039 klimaneutral zu machen. Aber der fortschreitende Klimawandel fordert größtmögliche Anstrengungen. Deshalb bieten wir schon im nächsten Jahr batterieelektrische Optionen in allen Segmenten an, in denen wir vertreten sind. Bis 2025 können Sie dann eine vollelektrische Alternative für jedes Modell wählen, das wir produzieren. Für diese Transformation entwickeln wir gerade drei neue EV-only-Plattformen.
Wie werden Sie diese Plattformen positionieren?
Bei den Architekturen switchen wir von EV-first auf EV-only. Den nächsten Meilenstein stellt zunächst unsere MMA-Architektur für Kompakt- und Mittelklassewagen dar, die wir für "electric first!" konzipiert haben und die ultra-effiziente, vollelektrische Modelle trägt. Im Jahr 2025 bringen wir dann drei reine Elektro-Architekturen: zum einen MB.EA (Mercedes-Benz Elektro-Architektur). Dabei handelt es sich um ein skalierbares und modulares System, das die verschiedenen Komponenten so anbietet, wie wir sie für verschiedene Fahrzeuge benötigen - Plug-and-Play. Die MB.EA wird die Art und Weise revolutionieren, wie wir Elektroautos bauen, und alle mittleren bis großen Pkw abdecken. Die zweite Architektur heißt AMG.EA und richtet sich an unsere technologie- und leistungsorientierten AMG-Kunden. Die AMG.EA wird eine dedizierte Performance-Elektrofahrzeugarchitektur. Und die dritte Architektur, die VAN.EA, läutet eine neue Ära für leichte, vollelektrische Nutzfahrzeuge ein, um zu emissionsfreiem Transport und Städten beizutragen.
Ab wann verbauen Sie keine Verbrennungsmotoren mehr?
Mit unseren batterieelektrischen und vollelektrischen Fahrzeugen sowie unseren neuen Plattformen beschleunigen wir das Tempo beim Wandel von Mercedes-Benz in eine emissionsfreie und softwaregetriebene Zukunft. Wir werden bis Ende des Jahrzehnts bereit sein, komplett elektrisch zu sein, wo immer es die Marktbedingungen zulassen.
Wie sieht Ihre Batterie-Strategie im Detail aus?
Wir streben ein modulares Batteriesystem an, das aus einheitlich konstruierten Komponenten und einer standardisierten Schnittstelle zum Gesamtfahrzeug besteht. Dafür standardisieren wir auch unsere Batterien so, dass mehr als 90 Prozent aller künftigen Mercedes-Fahrzeuge auf einer gemeinsamen Batterieplattform basieren. Nur zwei Eigenschaften sorgen für Varianz in Bezug auf Reichweite, Lade- und Fahrleistung: die Zellchemie und die Höhe der Batteriezellen.
Auf welche Batteriezellen setzen Sie künftig?
Heute verwenden wir Lithium-Ionen- Batterien mit NMC811 in unserem Flaggschiff EQS. Eine Energiedichte von mehr als 550 Wh/l auf Zellebene ermöglicht eine installierte Energieleistung von insgesamt 111 kWh. Mit unserer nächsten Batteriegeneration wollen wir die Chemie innerhalb der Batterie variieren, um die beste Lösung für die jeweiligen Kundenbedürfnisse in verschiedenen Märkten zu bieten. Diese Chemie-Varianten finden Sie in unseren kommenden MB.EA-Fahrzeugen. Darüber hinaus arbeiten wir mit Partnern wie Silanano an der Anodentechnologie, um die Energiedichte durch den Einsatz von Silicium-Kohlenstoff-Kompositen in der Anode auf bis zu 900 Wh/l zu erhöhen. So können wir höhere Reichweiten und noch kürzere Ladezeiten anbieten.
Welche Rolle werden Festkörperbatterien in Zukunft spielen?
Festkörperbatterien haben das Potenzial, die Energiedichte über die Grenzen herkömmlicher Lithium-Ionen-Zellen hinaus auf bis zu 1200 Wh/l und mehr als 400 Wh/kg zu bringen. Dies verdoppelt die Energiekapazität und reduziert das Gewicht bei gleichem Platzbedarf. Mit unserer Solid-State-Technologie haben wir die Möglichkeit, das Design der Batteriesysteme als Ganzes zu überdenken - und das mit der Aussicht auf noch höhere Sicherheit und mehr Ladezyklen über die Lebensdauer.
Und wie steht es um die erforderlichen Batteriekapazitäten?
Um unser Ziel bis zum Ende des Jahrzehnts zu erreichen, benötigen wir eine Kapazität von mehr als 200 GWh. Um diesen Bedarf abzudecken, wird Mercedes-Benz gemeinsam mit Partnern acht neue Gigafabriken errichten. Eine davon wird in den USA gebaut, um den Großteil der Batterien für die Pkw und Vans aus unseren Werken in Tuscaloosa und Charleston zu produzieren.
Wie wichtig ist eine Batteriefertigung in Deutschland oder zumindest in Europa?
Vier der acht Fabriken bauen wir zusammen mit strategischen Partnern in Europa auf. Mit diesem Partner-Netzwerk tragen wir dazu bei, dass Europa auch im Zeitalter der Elektromobilität eine zentrale Rolle spielt.
Welchen Stellenwert hat Ihre Minderheitsbeteiligung beim chinesischen Batteriezellenhersteller Farasis Energy?
Das chinesisch-amerikanische Unternehmen Farasis Energy ist ein strategischer Partner im Lieferantenset für Batteriezellen von Mercedes-Benz. Im Juli wurde ich von den Anteilseignern in den Aufsichtsrat berufen und es ist mir eine Ehre, als Mitglied des Aufsichtsrats die globale Transformation zu unterstützen. Ein wichtiger Baustein dieser nachhaltigen Partnerschaft ist die CO2-neutrale Fertigung der Batteriezellen für unsere Fahrzeuge von Anfang an.
Fachleute prognostizieren Lieferprobleme bei den Rohstoffen für Batterien. Wie steuern Sie gegen?
Die globale Transformation hin zu grünen Technologien und die Digitalisierung führen zu erhöhten Bedarfen an verschiedenen Rohmaterialien. Um sie zu decken, sind Investitionen in Abbaukapazitäten und die Erhöhung von Recyclingquoten notwendig. Mercedes-Benz hat für alle Rohstoffe, die direkt und indirekt bezogen werden, eine Strategie, die Bedarfe langfristig sichert. Gleichzeitig prüfen wir den Direktbezug der Batterierohstoffe, um die Kapazitäten abzusichern. Bei Lithium planen wir beispielsweise eine Zusammenarbeit mit dem Lithiumproduzenten Albermale Corporation. Gemeinsam arbeiten wir an der Reduzierung der CO2-Emissionen bei der Lithiumproduktion, der Umsetzung des Lithiumrecyclings und der Lokalisierung der Lithiumproduktion in Batteriequalität in Europa und den USA.
Planen Sie die Einführung von Pkw mit 800-V-Elektroantrieb?
Im letzten Jahr haben wir Ihnen bei unserem Strategie-Update vom E-ATS 2.0 erzählt, einem intern entwickelten und gebauten E-Motor, der der Schlüssel zur kommenden MMA-Architektur sein wird. Als Teil eines 800-V- Antriebsstrangs mit einem Siliziumkarbid-Wechselrichter wird der E-ATS 2.0 eine herausragende Leistung haben. Dieser E-Motor ist ein radialer Permanentmagnetmotor, der für den Großteil unserer Schlüsselprodukte entwickelt wurde.
Mit welcher Art von Batteriesystem wollen Sie Ihre AMG-Kunden begeistern?
Für künftige AMG High Performance Cars auf Basis der AMG.EA-Architektur entwickeln wir einen vollelektrischen Antriebsstrang, der ein bislang unerreichtes Level an Leistungsdichte, Performance und endlos wiederholbarer Beschleunigung ermöglichen wird. Ein wichtiger Schritt war hier die 100-prozentige Übernahme von Yasa, einem britischen Spezialisten für Axialflussmotor-Technologie.
Was sind die technischen Vorteile der Technologie von Yasa?
Yasa hat sich auf die Entwicklung von Ultra-High-Performance-Axialmotoren der nächsten Generation spezialisiert und bringt eine große Expertise in der Entwicklung dieser Motoren mit. Das ist enorm wichtig, denn eigene Elektromotoren sind ein wichtiger Bestandteil unserer Strategie. Dabei haben wir einen klaren Fokus auf Effizienz und die Gesamtkosten des gesamten Systems, einschließlich Wechselrichter und Software.
Welche Rolle spielt die Brennstoffzellentechnik in Ihrer Elektrifizierungsstrategie?
Das Potenzial der Brennstoffzellentechnologie und von Wasserstoff als Energiespeicher steht außer Frage. Dennoch ist aktuell die Batterie der Brennstoffzelle bezüglich einer großvolumigen Markteinführung beim Pkw überlegen - nicht zuletzt angesichts der weltweit noch geringen Anzahl an Wasserstoff-Tankstellen und der verhältnismäßig hohen Technologiekosten. Daher haben wir alle Brennstoffzellenaktivitäten in der Daimler Truck AG gebündelt und diese in ein Joint Venture mit der Volvo Group eingebracht. Dieses Unternehmen wurde im März 2021 gegründet und heißt Cellcentric. Was den Einsatz von Brennstoffzellen in unseren Pkw betrifft, beobachten wir weiterhin den Markt und halten uns die Option offen, die Technologie zu gegebener Zeit ebenfalls in den Markt zu bringen.
Herr Schäfer, vielen Dank für das interessante Gespräch.
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Schäfer, M. "Eigene Elektromotoren sind wichtiger Bestandteil unserer Strategie". ATZ Extra 26 (Suppl 5), 6–9 (2021). https://doi.org/10.1007/s35778-021-0480-5
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