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Der Weg hin zu möglichst effizienten Hybrid- oder Elektrofahrzeugen erfordert den Einsatz von hocheffizienter Leistungselektronik, sowohl im Fahrzeug als auch in der Ladeinfrastruktur. Neben der Effizienz der Bauelemente besonders wichtig ist allerdings der Systemaufbau, denn insbesondere beim Packaging gibt es starke Einflussfaktoren auf die Gesamteffizienz, die eine genaue Betrachtung verdienen. Zu diesen und weiteren Themen sprach ATZelektronik mit Aly Mashaly von Rohm Semiconductor.
ATZelektronik _ Welche Prognosen gibt es für den Markt von Leistungshalbleitern wie SiC-Bauteile, und wie entwickelt sich die Nachfrage?
Mashaly _ Die Prognosen für den SiC-Halbleitermarkt sind äußerst vielversprechend, und die Nachfrage ist seit unserem letzten Gespräch deutlich gestiegen. Der Markt verzeichnet ein beeindruckendes Wachstum mit einer geschätzten kumulierten jährlichen Wachstumsrate von etwa 35 %. Basierend auf aktuellen Trends und Entwicklungen gehe ich davon aus, dass der SiC-Markt die Marke von acht Milliarden US-Dollar bereits vor 2030 erreichen wird. Insbesondere der Automobilsektor wird den Großteil dieser Nachfrage ausmachen, wobei ich schätze, dass 70 % des weltweiten SiC-Bedarfs auf die Elektromobilität entfallen wird.
Was für Anforderungen entstehen für die Leistungselektronik aus dem Trend hin zu Hybridumrichtern aus Si und SiC ?
Hybridumrichter, die sowohl Silizium als auch Siliziumkarbid kombinieren, stellen neue Anforderungen an die Leistungselektronik. Diese Architekturen ermöglichen es, die Stärken beider Technologien optimal zu nutzen - jeweils den Anforderungen des Betriebs entsprechend. Zum Beispiel bietet SiC im Teillastbereich einen etwa 6 % höheren Wirkungsgrad im Vergleich zu Si, während SiC im Bereich maximaler Last einen etwa 1,5 % höheren Wirkungsgrad gegenüber IGBTs aufweist. Daher könnte ein Hybridumrichter eine interessante Lösung sein, da er ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis im Vergleich zu reinen SiC- oder Si-Ausführungen bietet. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Implementierung eines Hybridumrichters die Komplexität des Systems erhöht. Daher wird diese Architektur nicht in allen Leistungsbereichen des Antriebsstrangs universell eingesetzt.
Welche Entwicklung verfolgen Sie für das Thema GaN?
Wir haben vergangenes Jahr unser erstes 650-V-Galliumnitrid-Bauteil auf den Markt gebracht, was unser Portfolio erweitert und unseren Kunden zwei Spannungsklassen bietet: 150 und 650 V. Derzeit konzentrieren wir uns auf den Industriemarkt, insbesondere auf Serveranwendungen. Automotive-Anwendungen sind mittelfristig Teil unserer Roadmap. Unsere Zielanwendungen im Automobilbereich umfassen Batterieladegeräte sowie Spannungswandler.
Welche Rolle spielen die Aufbau- und Verbindungstechnologien, und was für Trends sehen Sie hier?
Die Aufbau- und Verbindungstechnologien (AVT) spielen eine entscheidende Rolle für Halbleiter, ähnlich wie das Fundament für ein Haus. Niemand möchte in einem Haus ohne stabiles Fundament wohnen, oder? Trotzdem wird in den Nachrichten und Pressemitteilungen der letzten zwei Jahre viel über Halbleiter berichtet, aber nur wenig über AVT. Das finde ich persönlich schade, denn AVT bilden das Vehicle für Halbleiter. Hocheffiziente AVT werden entscheidend sein, um die Gesamtkosten des Systems zu senken. Ein Package mit optimaler Wärmeableitung kann den Strombedarf bei kleiner Chipfläche reduzieren. Dadurch kann die benötigte Chipfläche verringert und die Kosten für die teuerste Komponente in der Leistungselektronik gesenkt werden. Zudem wird sich der Molded-Typ meiner Einschätzung nach gegenüber dem Case-Typ durchsetzen und als neuer Standard im Automobilbereich etablieren.
Gibt es weitere Entwicklungen oder Roadmaps beim Thema Verringerung der Schaltverluste?
Selbstverständlich gibt es noch Raum für Verbesserungen der Schaltverluste und des RDS(on) bei SiC und GaN. Viele Leistungselektronik-Entwickler unserer Kunden sind allerdings auch jetzt schon beeindruckt vom aktuellen Stand der niedrigen Schaltverluste von SiC und GaN, insbesondere im Vergleich zu den seit Jahrzehnten bekannten Si-basierten Bauteilen. Die gute Nachricht ist, dass die physikalischen Grenzen der Wide-Bandgap-Technologien SiC und GaN noch lange nicht erreicht sind. Die Halbleiterentwickler werden also in den kommenden Jahrzehnten weiterhin beschäftigt sein, und genau das macht es so spannend.
Ist das Thema höhere Spannungen über 800 V seit unserem letzten Interview weiter gediehen?
Ich denke, dass die 950-V-Spannungsklasse im Nutzfahrzeugbereich schneller eingeführt wird als im Pkw-Sektor. Ich gehe jedoch davon aus, dass diese Spannungsklasse ab 2030 in Pkw der Premiumklasse serienreif sein wird.
Lässt sich der Ansatz geringere Einzelkosten bei Bauteilen contra geringere Systemkosten nutzen, oder ist das nicht gefragt seitens der OEMs?
Beide Aspekte sind wichtig! Natürlich haben wir alle gelernt, dass der Einsatz von SiC und GaN sich auf der Systemebene bemerkbar macht. Dennoch erstellt der Kunde einen Kostenüberblick und betrachtet sehr genau den Bauteilpreis. Letztendlich muss man gemeinsam einen Kompromiss für die Anwendung finden, der für beide Seiten akzeptabel ist.
Thema Hochintegration: Je kleiner die Wandler, desto kleiner der Antrieb und desto größer das Thema Abwärme. Was für Trends gibt es bei diesem Aspekt?
Dies ist ein weitreichendes Thema. Die Wahl des Ansatzes hängt von der Leistungsklasse des Wandlers und dem Raumbedarf (Leistungsdichte) ab. Daher werden sowohl passive als auch aktive Optionen weiterhin relevant sein. SiC und GaN haben jedoch dazu beigetragen, die Grenze zwischen passiver und aktiver Kühlung neu zu definieren.
Welche Anforderungen stellen gepulste Betriebstechnologien analog der Skip-Fire- Technik für Verbrennungskraftmaschinen an die Leistungshalbleiterseite?
Es handelt sich hier wohl um eine Softwarelösung, die den Antrieb während der Fahrt je nach Arbeitspunkt reguliert und Drehmoment sowie Drehzahl anpasst. Regelungstechnik und smarte Software sind Schlüsselkomponenten, um den Wirkungsgrad des Fahrzeugs zu erhöhen. Diese Lösungen sind jedoch eher relevant für OEMs und Tier-1-Zulieferer und weniger für uns als Halbleiterhersteller. Wir haben bisher keine spezifischen Anforderungen von OEMs oder Tier-1-Zulieferern in Bezug auf diese Technologie erhalten.
Wie entwickeln sich Ihre Fertigungsstätten in Europa in Bezug auf die Kapazitäten?
Als Halbleiterhersteller mit vertikaler Produktion betreibt Rohm neben zahlreichen Produktionsstandorten weltweit auch die Tochtergesellschaft SiCrystal in Nürnberg. Dort werden Rohmaterialien für SiC in großen Mengen hergestellt. In den letzten fünf Jahren haben wir massiv in die Produktion investiert und bauen die Produktionskapazitäten bei SiCrystal kontinuierlich weiter aus. Diese Investitionen zielen darauf ab, die Fertigungstechnologien und Produktarten für SiC zu stärken und zu diversifizieren, um den steigenden Bedarf am Markt zu decken.
Es laufen derzeit Kooperationen von Leistungshalbleiterherstellern mit chinesischen Herstellern an. Welche Strategie verfolgt Rohm?
Rohm pflegt weltweit ein starkes Netzwerk an strategischen Partnerschaften. Neben europäischen Beziehungen mit beispielsweise SiC-Lieferpartnerschaften mit Semikron Danfoss und Vitesco Technologies haben wir auch Partnerschaften mit asiatischen Unternehmen im High Power-Bereich etabliert - zum Beispiel mit der Geely Automobile Group in China, mit der Mazda Motor Corporation in Japan und mit Delta Electronics in Taiwan.
Wie sehen Sie die Entwicklung in China, wo beispielsweise CATL, SAIC, Xpeng und Smec mit einem Joint Venture namens Chiplink Power im Bereich SiC an den Start gehen?
Die Bedeutung der Halbleitertechnologie ist bekannt, und China hat sie ganz oben auf seiner strategischen Roadmap positioniert. Die intensiven Bemühungen chinesischer Unternehmen auf dem Gebiet der SiC-Technologie zeigen deutlich Chinas Bestrebungen, eine führende Rolle in der globalen Leistungshalbleiterindustrie zu übernehmen und gleichzeitig den Bedarf an effizienten und nachhaltigen Mobilitätslösungen zu decken. China etabliert sich zunehmend als ernstzunehmendes Industrieland im Automobilsektor, nicht nur auf dem heimischen Markt, sondern auch international. Angesichts der steigenden Nachfrage nach effizienten Fahrzeugen hat sich die SiC-Technologie in den letzten Jahren als Schlüsseltechnologie für den Antriebsstrang etabliert. Diese Entwicklung ist unabdingbar, da SiC als die optimale Lösung für nachhaltige Mobilität angesehen wird. Die Partnerschaften, die Sie genannt haben, sind offensichtlich entscheidend für die Technologieentwicklung und die Steigerung der Produktionskapazitäten für SiC-Wafer in China. Es ist jedoch wichtig anzumerken, dass die Herstellung von SiC- Wafern technologisch anspruchsvoll ist und eine lange Lernkurve erfordert. Die Erfahrung mit dem Herstellungsprozess spielt dabei eine entscheidende Rolle, und jedes Unternehmen, das sich in diesem Bereich engagiert, muss mit Ausdauer und Konsistenz vorgehen. Wir sind ein Pionier im Bereich SiC und haben uns nun bereits seit rund 25 Jahren auf die Leistungselektronik fokussiert. Daran sieht man die Zeiträume, in denen man denken muss.
Ergeben sich durch diese Aktivitäten mittel- oder langfristig Umwälzungen für die etablierten Hersteller?
Die Entwicklung in China hat zweifellos Auswirkungen auf die Halbleiterindustrie, sowohl mittel- als auch langfristig. China ist der größte Einzelmarkt für Halbleiter weltweit und verzeichnet weiterhin ein starkes Wachstum. Die steigende Nachfrage nach Halbleitern in China bietet Chancen für die etablierten Hersteller, ihre Umsätze zu steigern. Auf der anderen Seite gewinnen chinesische Halbleiterhersteller zunehmend an Bedeutung und werden zu ernsthaften Wettbewerbern für diese Unternehmen. Durch staatliche Unterstützung, Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie gezielte Übernahmen und Fusionen werden chinesische Firmen ihre Präsenz auf dem Weltmarkt verstärken. China strebt zunehmend nach technologischer Autarkie und investiert stark in die Entwicklung eigener Halbleitertechnologien. Diese Bemühungen könnten mittel- bis langfristig zu einem verstärkten Wettbewerb und möglicherweise zu Umwälzungen in den Herstellerrankings führen. Ich denke aber, dass die Handelskonflikte und geopolitischen Spannungen zwischen China und anderen Ländern die Geschäftsbeziehungen in der Halbleiterindustrie beeinträchtigen könnten. Deshalb müssen auch etablierte Hersteller entsprechend ihre Strategien und Partnerschaften anpassen, um mit diesen Herausforderungen umzugehen.
Vielen Dank für das Interview, Herr Mashaly.
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Unseld, R. „Ich schätze, dass 70 % des weltweiten SiC-Bedarfs auf die Elektromobilität entfallen wird“. ATZ Elektron 19, 22–25 (2024). https://doi.org/10.1007/s35658-024-1890-0
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