Die Beschichtung von Grauguss-Bremsscheiben, meist in thermischen Verfahren, leistet einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung der Feinstaubbelastung. Für eine bestmögliche Haftzugfestigkeit der Beschichtung werden die Oberflächen zuvor aktiviert. Ein speziell angepasstes Verfahren ermöglicht sehr gute Haftzugwerte bei gleichzeitiger Kosteneffizienz und Nachhaltigkeit.

Feinstaub — ein Thema, das in vielen Metropolen und Ländern zu Diskussionen über Fahrverbote für Diesel-Pkw führt. Die Abgase aus Verbrennungsmotoren tragen allerdings nur zu etwa sechs Prozent zur Feinstaubbelastung durch den Straßenverkehr bei. Hauptverursacher sind vielmehr Bremsen-, Reifen- und Straßenabrieb. 32 Prozent der Partikelemissionen im Straßenverkehr entfallen auf den Abrieb von Bremsen und Reifen, rund die Hälfte davon auf Bremsstaub. Dies ergaben Messungen der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW).

Eine Möglichkeit, diese Belastung deutlich zu reduzieren, ist die Beschichtung der heutigen Grauguss-Bremsscheiben mit abrieb- und verschleißfesteren Materialien wie Hartmetall — zum Beispiel Wolframcarbid. Sie werden üblicherweise in thermischen Spritzverfahren wie dem Hochgeschwindigkeits-Flammspritzen (HVOF), dem atmosphärischen Plasmaspritzen (APS) oder dem Lichtbogendrahtspritzen (LDS) aufgebracht. Durch die Beschichtung kann der Bremsstaub im Vergleich zu einer herkömmlichen Bremsscheibe um bis zu 90 Prozent verringert werden. Nennenswert ist auch die mögliche Verbesserung der Bremsleistung im Zusammenspiel mit der beschichteten Bremsscheibe und dem entsprechenden Bremsbelagmaterial. Der deutlich reduzierte Verschleiß ist neben der reduzierten Riefenbildung ein zusätzliches Merkmal.

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Der Abrieb von Bremsscheiben trägt erheblich zur Feinstaubbelastung bei. Dies kann durch eine thermische Beschichtung der Bremsscheiben signifikant reduziert werden.

Darüber hinaus lässt sich damit auch das Korrosionsproblem bei Grauguss-Bremsscheiben in den Griff bekommen und die Optik — insbesondere bei offenen Felgendesigns — verbessern. Möglicherweise reduziert sich durch den kaum noch gegebenen Abrieb auch der Service- und Reparaturaufwand für den Bremssattel und dessen Aufhängung beziehungsweise der Bremskolben.

Optimiertes Verfahren für die Oberflächenaktivierung

Um eine optimale Haftzugfestigkeit zu erreichen, wird die Oberfläche der Bremsscheiben vor der Applikation der Beschichtung aktiviert. Mit dem EcoCbooster von Ecoclean (vormals Dürr Ecoclean) steht dafür ein ausgesprochen effizientes Verfahren zur Verfügung. Die Technologie basiert auf dem Wasserstrahlen ohne Zusatz von Abrasivmitteln, wobei im mittleren Druckbereich mit 500 bis 750 bar gearbeitet wird.

Durch den Einsatz von Ultraschall wird die vorgespannte Wassersäule nach dem Austritt aus der Düse zu einem hochfrequent pulsierenden Wasserstrahl. Trifft dieser auf die Oberfläche, kommt es zu einem kontrollierten Kavitationseffekt. Dieser erzeugt in einem klar definierten Arbeitsbereich eine stochastische Topographie auf der Oberfläche des Substrats. Die Bearbeitung erfolgt in einem typischen Abstand der Düse von circa 50 mm zum Substrat.

Genau anpassbarer Wirkbereich

Der Wirkbereich lässt sich durch die Düsengeometrie und -breite — typisch sind heute 15 bis 20 mm — sowie andere Prozessparameter exakt an die Anwendung beziehungsweise die zu beschichtende Fläche der Bremsscheiben anpassen. Die Toleranz des Arbeitsfensters liegt im Bereich von +/− 0,5 mm. Dadurch können auch Verbundbremsscheiben, beispielsweise mit einer Aluminiumnabe und Graugussbremsfläche, ohne aufwendige Maskierung einfach bearbeitet werden. Das Verfahren ermöglicht dabei, dass sowohl Innen- als auch Außenbereiche eines Werkstücks aktiviert werden können, etwa wenn bei innenbelüfteten Bremsscheiben aus optischen Gründen eine Beschichtung der Stirnseiten erfolgen soll.

Die mit dem Verfahren reproduzierbar erzielbaren Rauigkeiten liegen entsprechend Ra im untersten Mikrometerbereich. Diese Rauheit sorgt in Verbindung mit der stochastischen, negativ strukturierten Oberfläche dafür, dass sich das flüssige Metall während der Beschichtung optimal mit dem Substrat der Bremsscheibe verklammern kann.

Deutlich bessere Haftzugwerte und maximale Beschichtungsqualität

Dies bestätigen auch die nachweisbar deutlich höheren Haftzugwerte, die unabhängig vom eingesetzten thermischen Beschichtungsverfahren erreicht werden. Im Vergleich zu anderen Aktivierungstechnologien, wie beispielsweise die mechanische Bearbeitung mit Werkzeugen, Festkörper- oder Ultrahochdruckwasserstrahlen, Laserbehandlung oder der Auftrag eines Haftgrunds, liegen sie um bis zu 60 Prozent höher. Geht es um die Gleichmäßigkeit der Haftzugwerte schneidet das Verfahren ebenfalls am besten ab.

Mikroschliffbilder dokumentieren über die verschiedenen Beschichtungsverfahren und Substratmaterialien eine optimale Verbindung ohne Porenbildung an den Schnittflächen.

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Die Mikroschliffbilder der mit dem EcoCbooster aufgerauten Substrate (links Rz 60 μm, rechts Rz 80 μm) zeigen bei den verschiedenen Beschichtungsverfahren eine optimale Verbindung ohne Porenbildung an den Schnittflächen.

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Die Aktivierungstechnologie basiert auf dem Wasserstrahlen. Die vorgespannte Wassersäule wird durch den Einsatz von Ultraschall zu einem hochfrequent pulsierenden Wasserstrahl.

Hochflexibel beim Anlagenkonzept

Ein weiterer Vorteil des EcoCbooster-Prozesses ist seine hohe Flexibilität hinsichtlich des Anlagenkonzepts, das mit automatischer oder manueller Be- und Entladung ausgestattet werden kann. Je nach Anwendung lässt er sich variabel mit einem Roboter einsetzen. Alternativen sind der Einsatz mit Mehrgelenk-Handling Systemen oder CNC-Lineareinheiten. Bei allen Varianten kann entsprechend den Anforderungen das Werkstück, das Werkzeug oder beides bewegt werden.

Die letztgenannte Variante wird auch bevorzugt bei der Aktivierung von Bremsscheiben eingesetzt. Dabei ermöglicht die vergleichsweise hohe Flächenleistung die Bearbeitung der Scheiben im Fertigungstakt. Dies trägt ebenso wie die schnelle und einfache Anpassung an unterschiedliche Geometrien durch die Anwahl des jeweiligen, in der Anlagensteuerung hinterlegten, teilespezifischen Aktivierungsprogramms zur hohen Effizienz des Gesamtsystems bei.

Punkten kann der EcoCbooster auch, wenn es um die Investitions- und Betriebskosten geht. So sind im Vergleich zum Ultrahochdruckwasserstrahlen mit 3000 bar signifikant kostengünstigere Pumpen und Aggregate einsetzbar. Weiter sind die Entsorgungskosten deutlich niedriger. Das Prozesswasser wird umweltverträglich im Kreislauf geführt. Es reicht eine auf Trinkwasserqualität ausgelegte Filtration aus. Bei Ultrahochdruckpumpen ist eine Wasserqualität mit einem Restfeststoffgehalt von 1 μm erforderlich.

Wirtschaftlich bei Investition und Betriebskosten

Das Prozesswasser wird daher häufig verworfen, was zu hohen Verbrauchs- und Entsorgungskosten führt. Eine zusätzliche Reinigung nach der Aktivierung, die beispielsweise bei der mechanischen und Festkörper-Strahlbehandlung unverzichtbar ist, fällt nicht an. Dem für den Prozess verwendeten Wasser wird in geringen Mengen ein entsprechendes Reinigungsmedium zugemischt, das gleichzeitig für einen temporären Korrosionsschutz sorgt. Wesentlichen Anteil an den geringen Betriebskosten haben auch die langen Standzeiten der Werkzeuge und der extrem verschleißarme Betrieb. Daraus resultieren sehr niedrige Wartungskosten und eine hohe Verfügbarkeit.

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Die Oberfläche der Bremsscheibe vor der Aktivierung.

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© Ecoclean

Durch die Aktivierung wird eine stochastische, negativ strukturierte Oberfläche mit hoher Rauheit erzielt. Dies sorgt dafür, dass sich das flüssige Metall während der Beschichtung optimal mit dem Substrat der Bremsscheibe verklammern kann.

Durch ihre technischen und wirtschaftlichen Vorteile ermöglicht die Technologie eine deutliche Reduzierung der Stückkosten bei der Aktivierung vor der thermischen Beschichtung von Bremsscheiben. Sie leistet damit einen wichtigen Beitrag zur zügigen Verbreitung dieser Feinstaub verringernden Maßnahme. Die hohe Flexibilität des Verfahrens und die Möglichkeit, nahezu alle metallischen Werkstoffe und Materialkombinationen, beispielsweise Grauguss, Aluminium, hochfeste Werkzeugstähle, Titan, Kobalt-Chrom- und Chrom-Vanadium-Legierungen, zu bearbeiten, eröffnet eine große Anwendungsvielfalt. So wird der EcoCbooster neben der Bearbeitung von Bremsscheiben unter anderem für die Aktivierung der Oberflächen von Zylinderlaufbuchsen, Motorblöcken, Turboladern, Lagersitzen, Pleuel, Kolben und Fahrwerksteilen eingesetzt.