Liebe Leserinnen, liebe Leser!

Der eklatante Mangel an Pflegepersonal im stationären wie im ambulanten Bereich, im Akutspital und besonders in der Langzeitpflege war natürlich schon in den vergangenen Jahren offenkundig. Viel ist darüber gesprochen worden, und sowohl in Deutschland als auch in Österreich haben die politisch Verantwortlichen sich des Themas durchaus glaubwürdig angenommen. Nun, im Frühjahr 2020, mit der möglicherweise vorhersehbaren, in ihrem Ausmaß aber doch überwältigenden Krise des Gesundheitssystems durch die Verbreitung von COVID-19, sind der Stellenwert der Gesundheits- und Krankenpflege und der Bedarf nach ausreichender Personalausstattung der Gesundheitseinrichtungen noch deutlicher geworden. Qualifiziertes Pflegepersonal fehlt an allen Ecken und Enden, und die Versorgung der Schwächsten unserer Gesellschaft ist nicht mehr nur gefährdet, sondern oft schon schlicht nicht mehr menschenwürdig möglich.

Ein Aspekt, der zu einer höheren Berufszufriedenheit und damit auch zu höherer Attraktivität des Berufs führen kann, ist die Qualität der Ausbildung, die sich zweifellos unaufhaltsam in Richtung einer hochschulischen Qualifikation entwickelt. Das bedeutet aber auch, dass Forschung und Wissenschaft in der Pflege an Bedeutung gewinnen und zu einem selbstverständlichen Bestandteil des Berufsverständnisses führen werden. Die hohen Anforderungen im Beruf und die Beschäftigung mit eigenen wissenschaftlichen Untersuchungen und Publikationen können mittelfristig von einer Überforderung zu einer motivierenden Herausforderung wachsen. Die Ergebnisse und die damit verbundene Anerkennung haben das Potenzial für einen Schub in Sachen Selbstbewusstsein, Fachkompetenz und Rollenverständnis. Auf diesem Weg steht HeilberufeScience als Plattform für die Veröffentlichung wissenschaftlicher Arbeiten aus dem Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege in allen Facetten und auch angrenzender Fächer zur Verfügung. Besonders unseren Reviewern möchten wir an dieser Stelle ganz herzlich für ihre Tätigkeit trotz oft beträchtlichem Zeitmangel danken. Sie helfen uns und den Autoren, den angemessenen Qualitätsanspruch zu erfüllen.

Die Arbeitsbedingungen generell und in Zeiten der Digitalisierung stehen in der aktuellen Ausgabe von HeilberufeScience auf dem Prüfstand. Die Erfassung krankheitsbedingter Fehlzeiten von Pflegekräften eines Maximalversorgers untersuchten Röper et al., um diese in Zeiten des Personalmangels möglichst reduzieren zu können. Dazu entwickelten sie ein Modell zur Analyse von Fehlzeiten und zeigten, dass dieses für die Strukturierung und die systematische Erfassung von Ausfallursachen anwendbar ist. Als wichtiger Ansatzpunkt zur Reduktion der Fehlzeiten am Erfahrungsobjekt erweist sich demnach die Homogenisierung der Personalstruktur. Der regelmäßige Kontakt zur Belegschaft in Mitarbeitergesprächen könne motivationsbedingte Fehlzeiten verhindern und liefere frühzeitig Kenntnis über etwaige Probleme.

Die Diskrepanz zwischen der zunehmenden Technisierung und Digitalisierung im Gesundheitswesen und der Vorbereitung darauf in der Ausbildung nahmen Buhtz et al. zum Ausgangspunkt für eine Online-Umfrage über das vorhandene Maß an Aufgeschlossenheit und Fortbildungsinteresse bei Pflegeschülerinnen und Pflegeschülern zu digitalen und assistiven Technologien. Das Ergebnis zeigt, dass sich die überwiegende Mehrheit die Nutzung von Computern im Klinik- oder Praxisalltag vorstellen kann und zwei Drittel ihre Aufgeschlossenheit zu Technologie zwar als hoch, ebenfalls zwei Drittel ihr Wissen diesbezüglich jedoch als niedrig einschätzen. Mehr als zwei Drittel geben an, dass ihnen Schulungen zum bedarfsgerechten Einsatz technischer Lösungen fehlen. Am Fortbildungsinteresse mangelt es jedenfalls nicht – dieses ist durchaus hoch. Diese Kompetenzen müssen gezielt an einem praxisnahen Lernort („future care lab“) vermittelt werden, stellen die Autoren fest, damit die digitale Transformation auf die Unterstützung qualifizierter professioneller Anwender aufbauen kann. Hier ist also noch viel zu tun!

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre und gute Lösungen für die Zukunft.

Ihre Verena Kienast

Redakteur Springer Medizin/Springer Pflege