Im Rahmen der dreiteiligen Webinar-Reihe „AeDA-Forum - Allergologie im Dialog“ trafen sich letztes Jahr Vertreterinnen und Vertreter von Krankenkassen, Kassenärztlichen Vereinigungen und Berufsverbänden, um über die Optimierung der Versorgung in der Allergologie zu diskutieren. Dabei waren sich alle einig, dass für die allergenspezifische Immuntherapie mit häufigen Allergenen, die unter die Therapieallergene-Verordnung fallen, zugelassene Fertigarzneimittel zum Einsatz kommen sollen. Der Fokus der AeDA-Fortbildungen lag auf Verordnungssicherheit und qualitativ hochwertiger Versorgung - mit dem Ziel, den „Beginn einer neuen Ära“ einzuläuten.

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AIT-Produkte mit Zulassung sollten bei der Verordnung immer die erste Wahl sein.

Der Ärzteverband Deutscher Allergologen (AeDA) hat vergangenes Jahr die dreiteilige Webinar-Reihe „AeDA-Forum - Allergologie im Dialog: Optimierung der Versorgung in der Allergologie“ organisiert. Dabei wurde zum einen die Versorgungssituation generell analysiert und zum anderen erhielten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer praktische Tipps und Hinweise. Unter der wissenschaftlichen Leitung und Moderation von Prof. Ludger Klimek, Präsident des AeDA, trafen sich Vertreterinnen und Vertreter von Krankenkassen (Karsten Menn, Barmer) und kassenärztlichen Vereinigungen (Dominica Schroth, KV Westfalen-Lippe; Dr. Sylvia Krug, KV Sachsen) und referierten jeweils aus ihrer Perspektive zum Thema Zulassung von Therapieallergenen und der anschließenden Versorgungsoptimierung. Als Vertretung für die Berufsverbände stellten Dr. Bernhard Junge-Hülsing (Deutscher Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte) sowie Norbert Mülleneisen (Bundesverband der Pneumologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin) in ihren Vorträgen die Sichtweise und Argumente der Berufsverbandsseite vor. PD Dr. Kirsten Jung, AeDA-Vorstand, und Prof. Ludger Klimek repräsentierten mit ihren Vorträgen schließlich Meinung und Sicht des AeDA sowie der allergologisch tätigen Ärztinnen und Ärzte.

Zugelassene AIT-Produkte immer erste Wahl

Eine klare Empfehlung für die allergenspezifische Immuntherapie (AIT) bei Asthma sprach Mülleneisen aus: Er betonte, dass die AIT in allen Stufen in der Asthmaleitlinie empfohlen wird, da sie die einzig kausale Therapie mit langfristigem Effekt sei. Biologika hingegen wirkten nur, solange man sie einnimmt und seien zudem teurer. Zur Frage, welches AIT-Produkt man bei der Therapieentscheidung wählen sollte, verwies er auf die Übersichtstabellen einiger KVen und des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) und betonte, dass zugelassene AIT-Präparate die erste Wahl sein sollten. Mülleneisen ordnete den aktuellen Verordnungstrend - TAV-Produkte (TAV, Therapieallergene-Verordnung) ohne Zulassung hatten am Anfang des Jahres 2023 nur noch 16 % der Verordnungen ausgemacht - positiv ein. Nachgewiesene Dosis-Wirkungs-Beziehungen, Wirksamkeitsnachweise und Regress-Schutz seien die Hauptvorteile. „Bei Orientierung an der TAV besteht auch kein Risiko von Regressen“, betonte Mülleneisen in seinem Vortrag.

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Der deutliche Trend in Richtung zugelassener Therapieallergene setzt sich fort, wie Prof. Ludger Klimek in seinem Vortrag im Rahmen des AeDA-Forums berichtete.

Diese Sichtweise bestätigte Junge-Hülsing in seiner Präsentation und wies darauf hin, dass auch die KV Bayern eine Empfehlung zur Verordnung von zugelassenen Produkten abgegeben habe. Hiernach sind bei Neueinstellungen zugelassene Präparate zu berücksichtigen. Rabattvereinbarungen seien sinnvoll und diesbezüglich gab er den interessanten Hinweis, dass Verträge mit nicht zugelassenen Präparaten gesetzlich nicht erlaubt seien.

Aus Sicht der KVen: Evidenz und Zulassung entscheidend

Schroth betonte die Bevorzugung zugelassener AIT-Produkte als Botschaft aus Sicht der KVen. Dies ist in der „Information zur Verordnung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) - qualitatives Ziel in der Arzneimittelversorgung zur AIT“ der KV Westfalen-Lippe festgehalten. Zudem erläuterte sie, dass sie als KV-Vertreterin keine Differenzierung mehr nach SCIT (subkutane Immuntherapie) und SLIT (sublinguale Immuntherapie), sondern produktspezifische Betrachtungen nach Evidenz befürworte. In der heutigen Betrachtung von Arzneimitteln geht es insgesamt immer mehr um Qualität und evidenzbasierte Medizin. Dies wird auch in der Analogie zur frühen Nutzenbewertung (AMNOG-Verfahren; AMNOG, Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz) deutlich, daher sei auch eine Ausnahme bei der AIT in Bezug auf Produkte ohne Evidenz nicht sinnvoll. Als Fazit stellte Schroth heraus, dass weiter sicher verordnet werden kann und muss. Die AIT sei eine sehr wichtige Therapie, bei der sie die klare Empfehlung zur evidenzbasierten Produktauswahl gibt.

Dies bekräftigte Krug in ihrem Vortrag. Zudem verwies sie auf die PEI-Webseite zur Übersicht von AIT-Präparaten, die noch im Zulassungsverfahren sind. Sie erläuterte, dass diese damit zwar verkehrsfähig, jedoch nicht zu Lasten der GKV verordnungsfähig seien. Als praxisrelevante Umsetzung stellte Krug die in der KV Sachsen geltende Praxisbesonderheit für die Hyposensibilisierung vor, die im Sinne der Qualitätssteuerung grundsätzlich nur für zugelassene Präparate (insofern TAV-relevant) sowie für Therapieallergene, die nicht von der TAV betroffen sind, gilt. Diese werden bei der Richtgrößenprüfung in der KV Sachsen automatisch herausgerechnet.

Aus Kassensicht: sichere Versorgung durch zugelassene Präparate

Menn betonte - stellvertretend für die Krankenkassen - ebenfalls die Sicherheit der Versorgung der Patientinnen und Patienten. Er hob dabei hervor, wie wichtig die vorhandene Zulassung sei, denn nur für zugelassene Produkte sei gewährleistet, dass sie wirken und sicher sind. Er stellte klar, dass die Barmer sich für den Einsatz von zugelassenen Produkten mit Informationskampagnen einsetzt, ohne eine Regress-Bedrohung anzustreben. Rabattverträge würden zudem nur mit Produkten geschlossen, die über eine entsprechende Evidenz verfügen.

Darüber hinaus erläuterte Menn die Positionierung der Krankenversicherung zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen: Hier sollten Präparate mit Zulassung (auch in anderen Altersklassen) gegenüber verkehrsfähigen, aber nicht zugelassenen Präparaten klar bevorzugt werden. Man sollte bei der Verordnung zudem bedenken, dass die Verfügbarkeit der eingesetzten Präparate bei nicht zugelassenen Therapieallergenen nicht dauerhaft gewährleistet ist, so Menn. Zudem wies er darauf hin, dass auch die Mehrzahl der KVen qualitative Ziele zur AIT hätten, die berücksichtigt werden sollten.

Positiver Trend hin zur Verordnung zugelassener Produkte

Jung berichtete, wie unübersichtlich der AIT-Markt vor der Einführung der TAV war. Die durch die TAV-Umstrukturierungen resultierenden großen Unsicherheiten bei den verordnenden Ärztinnen und Ärzten beeinträchtigten die Versorgung allerdings erheblich. Daher wurden von Seiten des AeDA im Schulterschluss mit den KVen und Berufsverbänden sehr viel Aufklärungsarbeit geleistet. Als Ergebnis ist eine deutliche Entwicklung der Verordnungen in Richtung zugelassene AIT-Produkte erkennbar. So wurden im Jahr 2020 noch circa die Hälfte aller Verordnungen durch nicht zugelassene Produkte abgedeckt. Bis Sommer 2023 konnte dieser Anteil auf etwa 16 % reduziert werden, was als großer Erfolg aller Beteiligten anzusehen ist. Somit hat die andauernde Aufklärungsinitiative von AeDA und KVen Früchte getragen und der weitere Trend in Richtung zugelassener Produkte wird sehr optimistisch gesehen. Zusätzlich wies Jung auf den Vorteil von Rabattverträgen hin, da hier die Krankenkasse die wirtschaftliche Verantwortung übernehmen.

Klimek sprach in seiner Moderation - stellvertretend für den AeDA - Empfehlungen aus: Vor dem Hintergrund des Endes der TAV im Jahr 2026 ist seine wichtigste Botschaft, dass bei AIT-Produkten mit Zulassung die Therapie auch über drei Jahre sicher durchgeführt werden kann. Er betonte, dass sich bei Betrachtung der Verordnungsdaten des Jahres 2023 ein deutlicher Trend zur Zulassung fortsetzt und dies genau dem Ziel entspricht, Versorgungssicherheit zu erreichen. Ein großes Lob ging hierbei an die verordnenden Ärztinnen und Ärzte, die der medizinischen Empfehlung des AeDA und der sozialrechtlichen Sicht der KVen gefolgt seien. Die neue Ära in der AIT wurde somit nicht nur eingeleitet, sondern auch bereits umgesetzt.

Fortsetzung der Webinare dank großem Erfolg

Durch die Darlegung aller Fakten aus unterschiedlichen Perspektiven konnte eine umfassende Transparenz in der Frage der Verordnungssicherheit von AIT-Präparaten geschaffen werden. Dies führte dazu, dass Missverständnisse ausgeräumt werden konnten, was den behandelnden Ärztinnen und Ärzten mehr Sicherheit für die Versorgung ihrer Allergiepatientinnen und -patienten gibt. Der Einsatz zugelassener Therapieallergene als Standard wurde von allen Vortragenden anerkannt. Diese gemeinsame Sichtweise, die Zulassung als Grundvoraussetzung anzusehen, machte den Weg frei, den Fokus der Diskussion auf die Optimierung der Versorgung im Sinne der Patientinnen und Patienten zu legen. Im Allergo Journal 2/2024 wurde im Beitrag „Der Beginn einer neuen Ära!“ bereits über die aktuellen Rahmenbedingungen für die AIT berichtet [Allergo J 2024;33(2): 64-5].

Das große Interesse an der Thematik zeigte sich bei den angeregten Abschlussdiskussionen und spiegelte sich auch in der Anzahl der im Durchschnitt mehr als 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer wider. Dies bestärkt den AeDA darin, entsprechende Formate in Zukunft beizubehalten, um die Versorgung in der Allergologie gemeinsam mit allen relevanten Akteuren zu gestalten. Das nächste Webinar aus dieser Reihe, das wie die bisherigen Tagungen von den Unternehmen ALK-Abelló und Allergopharma unterstützt wurde, fand am 17. September statt. Die vergangenen Veranstaltungen sowie Bilder, Materialien und sonstige Informationen dazu können AeDA-Mitglieder übrigens im Mitgliederbereich der AeDA-Webseite www.aeda.de/interner-bereich einsehen. Wann weitere Termine geplant sind, erfahren alle Interessierten ebenfalls online auf der Veranstaltungswebseite des AeDA: www.aeda.de/veranstaltungen.