Sammelrezension zu:

  1. 1.

    Heinz Reinders: Jugendtypen zwischen Bildung und Freizeit. Theoretische Präzisierung und empirische Prüfung einer differenziellen Theorie der Adoleszenz. Münster: Waxmann 2006. 298 S. ISBN 978-3-8309-1724. Preis: 24,90 €.

  2. 2.

    Dirk Villányi/Matthias D. Witte/Uwe Sander (Hrsg.): Globale Jugend und Jugendkulturen. Aufwachsen im Zeitalter der Globalisierung. Weinheim: Juventa 2007. 411 S. ISBN 978-3-7799-1746-5. Preis: 29,50 €.

  3. 3.

    Winfried Ferchhoff: Jugend und Jugendkulturen im 21. Jahrhundert. Lebensformen und Lebensstile. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2007. 440 S. ISBN 978-3-531-15342-1. Preis: 24,90 €.

In der Zusammenschau der drei hier zu diskutierenden Publikationen konstatieren wir, dass, wenn jungen Menschen heute etwas gemeinsam ist, es dann dies ist, dass sie eben jung sind – was gar nicht so wenig und mithin auch weniger banal ist, als es vielleicht scheint: Junge Menschen verbindet (immerhin) das „Kohortenschicksal“, eben jetzt in einem bestimmten Alter zu sein. Vor diesem Hintergrund lesen wir die Texte (auch) auf die Frage hin, ob es noch Sinn macht, an Deutungskonzepten festzuhalten, denen zufolge – hier z. B. mit Robert K. Bell (1971, S. 86) formuliert – „nichts dagegen einzuwenden [ist], wenn Jugendliche mit sechzehn Jahren dem Rock and Roll anhängen“, dass es hingegen bedenklich sei, „wenn sich jemand noch mit 26 Jahren mit dieser Art Musik identifiziert“, weil die „beibehaltene Identifizierung vermuten lässt, dass der Anschluss an die Erwachsenenwelt selbst dann nicht gelang, als er möglich“ wurde.

Reinders, Jugendtypen zwischen Bildung und Freizeit. Basierend auf einer vom Autor bereits Anfang des Jahrhunderts ausgearbeiteten und zu einem theoretischen Konzept verdichteten Typologie jugendlicher Entwicklungswege beabsichtigt Heinz Reinders mit der nunmehr vorgelegten, ausgesprochen kenntnisreichen und lesenswerten Studie die theoretische Präzisierung und empirische Prüfung einer differenziellen Theorie der Adoleszenz.

Im ersten Teil (S. 20–80) geht Reinders auf die Grundprinzipien von Typologien ein, stellt im Anschluss daran unterschiedliche Typisierungen der empirischen Jugendforschung vor und unterzieht den Forschungsstand einer kritischen Würdigung. Die Dauer der Schulzeit, die Zeitorientierung der Jugendlichen und der Bezug zu Erwachsenen/Peers erweisen sich in den bisherigen Forschungsbemühungen als viele Typen konstituierende Merkmale. Laut Reinders bleibt jedoch unklar, in welchem Verhältnis die drei genannten Dimensionen stehen. Daraus leitet er das zentrale Erkenntnisinteresse seiner Studie ab: die Prüfung der Frage, ob es sich bei den genannten Merkmalen um die wesentlichen Merkmale handelt, anhand derer die Lebensphase Jugend strukturiert wird.

Im zweiten Teil (S. 81–104) werden die drei genannten Dimensionen systematisiert und zwischen Jugend als Bildungs-Moratorium und als Freizeit-Moratorium unterschieden. Das Bildungs-Moratorium stellt eine Zeit des Aufschubs dar, deren Zweck in der Aneignung von Bildungskapital und -titeln begründet liegt. Eltern stellen in diesem Kontext wichtige Zugfaktoren in Richtung des Erwachsen-Werdens dar und die Zeitperspektive ist auf Zukunft ausgerichtet. Die Lebensphase Jugend wird dementsprechend als Transition zum Erwachsenenalter hin verstanden. Das Freizeit-Moratorium ist demgegenüber eine Auszeit vor dem Erwachsen-Werden, das „freudvolle Aktivitäten außerhalb der Schule und Elternhaus betont, bei der Peers eine wesentliche Bezugsgruppe darstellen und der zeitliche Fokus auf dem Hier und Jetzt der Gegenwart liegt“ (S. 81). Da es für Jugendliche jedoch großer Anstrengung bedarf, beide Modelle im Alltag miteinander zu verbinden und da die Möglichkeit besteht, dass sich Jugendliche inklusiv oder exklusiv für die Moratoriumsvarianten entscheiden, schlägt Reinders vor, auch noch zwischen einem „diffusen“ und einem „integrierten“ Moratorium zu differenzieren (S. 102).

Im dritten Teil (S. 105–157) erarbeitet er die handlungstheoretischen und entwicklungspsychologischen Grundlagen einer differenziellen Theorie der Adoleszenz, die es ihm ermöglichen, seine Typologie zu entwerfen. Das zentrale Anliegen der theoretischen Überlegungen ist es, die Wahl der Grunddimensionen für die Jugendtypologie zu begründen.

Das theoretische Modell dient Reinders dann als Grundlage für die empirischen Auswertungen seiner Daten im vierten Teil (S. 158–255), deren Ertrag er so zusammenfasst: „Es gibt die vier theoretisch postulierten Jugendtypen, sie unterscheiden sich in den meisten Bereichen erwartungskonform und sie ermöglichen Vorhersagen zur Bewertung von Standards und dem Entwicklungsstand Jugendlicher“ (S. 237). Und solches Wissen um die Typenzugehörigkeit eines Jugendlichen ermöglicht Reinders zufolge nun „besonders treffsichere Prognosen hinsichtlich des erreichten Entwicklungsstandes und den selbstperzipierten Ressourcen“ (S. 246), was insbesondere für die pädagogische Betrachtung von Bedeutung sei, da sich hierauf aufbauend Prä- und Interventionskonzepte entwickeln lassen, welche die Ressourcen der Jugendlichen stärken und den Entwicklungsfortschritt Jugendlicher positiv beeinflussen können.

Im abschließenden fünften Teil (S. 256–272) werden zum einen typenspezifische Varianten jugendlicher Alltagsgestaltung aufgezeigt und zum anderen Folgerungen für die pädagogische Praxis gezogen. Zudem benennt Reinders Aspekte, die eine pädagogische Theorie der Jugend berücksichtigen müsse, um sich aus dem Dilemma zu befreien, dass sich pädagogische Jugendforschung bislang „entweder soziologischer oder psychologischer Konzepte bedient und im Wesentlichen um das empathische Moment der Hinwendung zum Subjekt ergänzt“ (S. 266).

Mit seinem Vorschlag, wie die Wahl von Transitions- und Verbleibsorientierung als Grunddimensionen der Jugendtypen theoretisch begründet werden können, weist Reinders der Lebensphase Jugend einen eigenständigen und anerkannten Status zu. Obwohl es ihm eindrucksvoll gelingt, die Charakteristika von Jugendtypen in ihrem Wechselverhältnis zu beschreiben, verstellt die Dichotomisierung hinsichtlich der Merkmale von Freizeit und Bildung u. E. beispielsweise den Blick auf Erlebnisaspekte von Schule ebenso wie auf Bildungsaspekte von Freizeit.

Villányi/Witte/Sander (Hrsg.), Globale Jugend und Jugendkulturen. Der von Mitgliedern des Bielefelder Zentrums für Kindheits- und Jugendforschung und des Rostocker Instituts für Soziologie und Demographie zusammengestellte Sammelband widmet sich dem „dialektischen Prozess von Jugend und Globalisierung“ (S. 10) und mithin der Frage, wie sich konstitutive Elemente von Jugend(kulturen) unter dem Einfluss der Globalisierung verändern, sowie welchen Einfluss das Handeln Jugendlicher auf den Globalisierungsprozess nimmt.

Nach einer geschichtlichen Grundlegung des Themas durch Winfried Ferchhoff, der herausarbeitet, dass Jugendkulturen seit den 1930er-Jahren ein „tendenziell globales“ (S. 34) Phänomen darstellen, werden zunächst methodologische Aspekte einer globalisierungssensiblen Jugend(kultur)forschung beleuchtet. Während Heike Kahlert eine geschlechtersensibili s ierte Forschung anmahnt, schlagen Ulrich Beck und Elisabeth Beck-Gernsheim vor, den methodologischen Nationalismus bisheriger Forschungen durch die Analyse transnationaler Gener a tionskonstellationen zu überwinden. Die exemplarisch vorgenommene Analyse solcher Konstellationen verweist auf global ähnlicher werdende Erfahrungs- und Erwartungsräume von Jugendlichen, die vor dem Hintergrund lokaler Interpretationsrahmen jedoch zur Ausbildung konträrer Fraktionen innerhalb einer Generationenkonstellation führen.

Damit antworten Beck/Beck-Gernsheim mit einem sybillinischen „ja und nein“ auf die fortan immer wieder anklingende Frage, ob Globalisierung zu einer Vereinheitlichung jugendlicher Lebenswelten führe. Da jedoch kein Beitrag des Bandes von einer völligen Vereinheitlichung ausgeht, verdeckt diese ubiquitäre Frage den eigentlich strittigen Punkt, nämlich ob und auf der Basis welcher Einheitlichkeit man überhaupt von einer Globalisierung der Jugend oder gar einer globalen Jugend sprechen kann: So sehen etwa Viviana Uriona und Rasmus Hoffmann Jugendliche in Argentinien und Deutschland weitgehend homologen (nämlich neoliberalen) Rahmenbedingungen ausgesetzt, während Martin Junge in seiner Durchsicht verfügbarer statistischer Daten kaum empirische Anhaltspunkte für eine ähnliche (und damit ‚globale‘) Lage Jugendlicher findet. Eckart Müller-Bachmann wiederum begreift Szenen als lokale E r scheinungsform globaler Jugendkulturen und betont den Aspekt der l o kalen Variation und Transformation, während Dirk Villányi und Matthias Witte kulturelle Differenzen hervorheben und unter Rückgriff auf Huntington und Robertson einen lokalen Kampf globaler Kulturen prognostizieren.

Im ‚Jugendformate‘ überschriebenen Teil des Bandes widmen sich sechzehn Beiträge den Themenfeldern Medien, Mode, Musik, Konsum, Arbeit, Bildung, Liebe, Sexualität, Gesundheit sowie Jugendprotesten aus globaler Perspektive. Dabei wird erneut deutlich, dass eine globale Homogenisierung von Jugend(kulturen) kaum zu erwarten ist. Eine wiederkehrende Diagnose ist zudem, dass sozialen Ungleichheiten im Rahmen jugendlicher Lebenswelten zunehmende Bedeutung zukomme, da diese Ungleichheiten im Zuge von Globalisierungsprozessen (sozial)räumlich dichter aneinander rücken und somit offenkundiger hervortreten.

Versteht man es als Aufgabe der Jugendforschung, das Verhältnis von Jugend, Jugendkulturen und Gesellschaft zu beleuchten, so erscheint der vorliegende Band überfällig: Fehlte es doch bislang an einer Publikation, die sich eingehend mit den Konsequenzen der Globalisierung für Jugend(kulturen) sowie für die Jugend(kultur)forschung befasst. Nicht zuletzt verdeutlicht der Band, vor welchen methodischen und konzeptionellen Herausforderungen eine mögliche globale oder zumindest globalisierungssensible Jugend(kultur)forschung steht: Diese reichen von einem (bislang fehlenden) kulturübergreifend anwendbaren Jugendbegriff über die wertfreie Betrachtung „nicht-westlicher“ Jugendkulturen bis zur Überwindung sprachlicher Rezeptionsbarrieren. Nicht zuletzt besteht schlicht Uneinigkeit darüber, ob und vor dem Hintergrund welcher Einheitlichkeit die globale Vielfalt jugendlicher Lebenswelten überhaupt verglichen werden kann bzw. sollte.

Ferchhoff, Jugend und Jugendkulturen im 21. Jahrhundert. Unter diesem Titel liegt nunmehr die erstmals 1993 als „Jugend an der Wende zum 20. Jahrhundert“ erschienene Monographie von Wilfried Ferchhoff in der dritten Auflage vor. Anhaltend geht es Ferchhoff darum, „den Strukturwandel der Jugendphase auf der Basis der veränderten Lebensbedingungen […] sowie die verschiedenen jugendkulturellen Entwicklungen im 21. Jahrhundert vornehmlich im Kontext sozialhistorischer und sozialwissenschaftlicher Fragestellungen zu rekonstruieren“ (S. 9). Dieser Absicht folgend konstatiert der Autor eine Auflösung von ‚Jugend‘ als Übergangsphase von der Kindheit zum Erwachsenenalter, die sich in der Verbreitung einer altersunabhängigen Attitüde von Jugendlichkeit ebenso zeige wie an einer Aufweichung altersnormierter Formen des intergenerationellen Umgangs miteinander. Und diesem Befund trägt Ferchhoff auch dadurch konsequent Rechnung, dass er auf die in den ersten beiden Auflagen noch an prominenter Stelle platzierte Typologie ‚jugendkultureller Lebensmilieus‘ (vormals: Kap. 10) verzichtet. Stattdessen versucht er sich an einer Bestandsaufnahme aller Erscheinungsformen, die sich dem aufmerksamen Beobachter jugendkultureller Entwicklungen erschließen (Kap. 7).

Ungeachtet der massiven inhaltlichen Ergänzungen präsentiert der Autor in der Neuausgabe keine so wesentlich neuartigen Beobachtungen und Erkenntnisse, dass es ihm notwendig erschiene, sie in einem eigenständigen Kapitel hervorzuheben. Stattdessen enthält die Neuauflage zwei Kapitel weniger. Die nunmehr neun Kapitel sind jedoch um zahlreiche Passagen erweitert, in denen zeitaktuelle Entwicklungen ausführlich beschrieben werden. Die aus den älteren Auflagen wohlbekannten Argumentationsbausteine der Kap. 1–9 wurden den jeweils diagnostizierten neuartigen Entwicklungstendenzen entsprechend argumentativ modifiziert. Insbesondere auch in der individualisierungstheoretischen Rahmung seiner Beobachtungen hat Ferchhoff gründlich nachgefasst. Das ehemalige Schlusskapitel, das einen Transfer grundlegender Erkenntnisse aus der Jugendforschung auf Handlungsfelder der pädagogischen Praxis enthielt, wurde zudem teil- und stellenweise in deutlich abgeschwächter (Re)Formulierung in die Unterkapitel des neunten Kapitels eingearbeitet. Ferchhoffs Verzicht auf eine derartige Transferleistung erscheint vor dem Hintergrund seiner Diskussion der Frage nach der Popularisierung sowie der Konsequenzen einer pädagogisch-praktischen und/oder politischen Verwendung der Ergebnisse der Jugendforschung (Kap. 5) nur folgerichtig, da sich eine an artifiziellen Sammeletiketten für die heute heterogener denn je erscheinende ‚Jugend‘ orientierte pädagogische Praxis wohl nahezu zwangsläufig auf einen Irrweg begeben würde.

Der in der Einleitung formulierte generelle Anspruch an Jugendforschung, Jugend mit verstehenden Methoden binnenperspektivisch zu erforschen, dabei Jugendliche – ihre Selbstdeutungen, Lebens(um)welten und Vergemeinschaftungszusammenhänge – (unter anderem) alltagsweltorientiert und mit Interesse am ‚Subjekt‘ unter Einsatz ethnographischer und hermeneutischer Methoden zu untersuchen und zu beschreiben, wird von Ferchhoff selber leider nicht eingelöst. Der Autor stützt seine Diagnosen aktueller Entwicklungstendenzen der Lebensphase ‚Jugend‘ und der sich zunehmend ausdifferenzierenden Jugendszenenlandschaft vielmehr auf einen breiten Überblick über die sozialwissenschaftliche Forschungsliteratur.

Ferchhoff eröffnet damit eben keine ‚verstehenden‘ Einblicke in Jugendszenen: Sein bisweilen ironisierender Überblick über die diversen Facetten jugendkultureller Ausdrucksformen ist vielmehr eine individualisierungstheoretisch ausgerichtete Bestandsaufnahme des sozialen Wandels und seiner Konsequenzen für die Bewältigung lebensphasentypischer Entwicklungsaufgaben von Jugendlichen. Eben dies macht diese deutlich renovierte Wiederveröffentlichung jedoch zu einem komplexen und lesenswerten Kompendium – vielleicht nicht für einschlägig befasste Kolleginnen und Kollegen, gewiss aber für thematisch interessierte Studierende. In diesem Fall ist die Maxime „Don‘t judge a book by its cover“ also ausnahmsweise zu relativieren, denn anders als bei den ersten beiden Auflagen ziert der Aufdruck ‚LEHRBUCH‘ (zu Recht) den Umschlag der Neuausgabe.

Abschließende Stellungnahme. In allen drei hier in Frage stehenden Büchern wird – mehr oder weniger nachdrücklich – daran festgehalten, dass Jugend als „Phase“ zu begreifen sei: als eigenständige Altersphase zwischen Kindheit (als Zeit weitestgehender Bevormundung zum Schutz vor Selbstgefährdung) und Erwachsensein (als Zustand umfassender Selbstverantwortlichkeit und moralisch geforderter Fremdsorge). In allen drei Publikationen wird zwar auch konstatiert, dass sich das, was man „die Jugendphase“ nennt, immer mehr in die Länge zu ziehen und zu entstrukturieren scheint und dass das, was da pädagogisch, ökonomisch, politisch, kurz: was kulturtypologisch vor allem seit den 1950er-Jahren sich ‚aushärtet‘, demografisch gesehen mehr und mehr (schon wieder) dahinschwindet. Dass unbeschadet dessen „die Jugend“ anhaltend im Fokus öffentlicher ebenso wie wissenschaftlicher Aufmerksamkeit steht, hat u. E. allerdings weniger damit zu tun, dass die uns verbliebenen und verbleibenden jungen Menschen sozusagen die konkurrenzlosen Träger aller möglichen politischen und vor allem ökonomischen Hoffnungen sind. Es hat vielmehr damit zu tun, dass das Phänomen „Jugendlichkeit“, mit seinen Konnotationen von Vitalität und Erlebnisorientierung, – auch demografisch – keineswegs dahinschwindet, sondern sich im Gegenteil in Gegenwartsgesellschaften rapide ausbreitet.

Dieser scheinbare Widerspruch erklärt sich daraus, dass „Jugendlichkeit“ zunehmend keine Frage des Alters mehr ist, sondern eine Frage der Einstellung zur Welt. Diese Einstellung zur Welt, diese ‚mentale Disposition‘ ist dadurch gekennzeichnet, dass man weder (mehr) kindisch ist noch erwachsen, sondern dass man in einem komplizierten Zusammenhang von ‚eigenen‘, nicht etwa von individuellen, sondern von einfach nicht-erwachsenen-typischen Wichtigkeiten lebt. Und eben diese Einstellung ist (nicht nur) hierzulande keineswegs immer seltener zu finden (wie es dem schrumpfenden Anteil junger Menschen an der Gesamtbevölkerung entsprechen würde). Diese Einstellung, die symptomatischerweise das argwöhnische Interesse der in diesem Sinne noch verbleibenden Erwachsenen weckt, weil sie mit sonderbaren Wichtigkeiten und Wertsetzungen einhergeht, breitet sich vielmehr immer weiter aus, streut über immer mehr Altersgruppen hinweg und erfasst immer mehr Lebensbereiche von immer mehr Menschen: Juvenilität als altersunabhängige Lebensform wird zur kulturellen Alternative gegenüber der Lebensform des Erwachsenseins schlechthin.