Die früheste antiinfektiöse Strategie ist die Prophylaxe. Um vor allem Krebskranke zu schützen, muss ein konsequenter Impfplan verfolgt werden.

Tumorerkrankte sind von impfpräventablen Erkrankungen ganz besonders betroffen. Zum Beispiel rangieren Personen mit hämatoonkologischen Erkrankungen unter einer Therapie nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 auf dem ersten Platz für ein erhöhtes Risiko für Morbidität und Mortalität. „Wir benötigen Ansätze, die uns helfen, die Patienten unter jeder onkologischen Therapie zu schützen“, erklärte Dr. Christina Rieger aus Germering beim diesjährigen DGIM-Kongress.

Unter anderem sollten die Betroffenen ganz besonders für das Impfen motiviert werden. Rieger stellt nicht nur unter den Patientinnen und Patienten eine große Bereitschaft zum Impfen fest, sondern auch unter deren Angehörigen.

„In der Hämatologie und Onkologie stellen die STIKO-Empfehlungen lediglich das Basisprogramm dar. Hier werden noch zusätzliche Impfungen gebraucht“, sagte Rieger. Vor Beginn einer antineoplastischen Therapie sollten, wenn möglich, alle Impflücken bezüglich Standard- und Indikationsimpfungen geschlossen werden. Während auf Ergebnisse von histologischen oder molekulargenetischen Untersuchungen oder Befunden, die zur Therapieinitiierung dringend benötigt werden, gewartet wird, können fehlende Impfungen nachgeholt werden. „Die meisten Patientinnen und Patienten sind noch in einem ausreichend guten Allgemeinzustand, um diesen kurzen Zeitraum bis zum Beginn der onkologischen Therapie zu nutzen“, sagte Rieger.

Die Patientinnen und Patienten können in Folge einer antineoplastischen Therapie ihren Impfschutz verlieren. Deshalb sind Auffrischimpfungen nach der Therapie wichtig. Bestand vor der Krebserkrankung bereits ein ausreichender Impfschutz, wird zu einer einmaligen Wiederholungsimpfung geraten. Nach einer Stammzelltransplantation sollte komplett neu grundimmunisiert werden.

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Krebskranke sollten ganz besonders für das Impfen motiviert werden.

Unterscheidung zwischen Lebend- und Totimpfstoffen

Nach einer Krebsbehandlung sollten zusätzlich fehlende oder unvollständige Grundimmunisierungen nachgeholt werden. Personen, die nicht grundimmunisiert sind, können dies nach einem definitiven Abschluss der antineoplastischen Therapie nachholen. Jedoch wies Riedel darauf hin, dass dieser gerade in der Hämatoonkologie nicht immer einfach festzulegen ist.

Totimpfstoffe können auch unter einer onkologischen Therapie verabreicht werden. Jedoch kann die Immunogenität dabei eingeschränkt sein. Daher empfiehlt es sich, die Impfung vor Beginn der antineoplastischen Therapie durchzuführen. „Lebendimpfstoffe sind unter einer antineoplastischen Therapie dagegen kontraindiziert“, erklärte Riedel. Sie können frühestens ab sechs Monaten nach Abschluss der onkologischen Therapie eingesetzt werden.

Schutz vor respiratorischen Infektionen

Respiratorische Infektionen zu vermeiden, hat die Impfspezialistinnen und -spezialisten in den letzten Jahren besonders viel beschäftigt. Neben SARS-CoV-2 sind das besonders die Impfungen gegen Influenza und RSV, aber auch gegen Pertussis und Hämophilus influenzae Typ B (HiB).

Aufgrund der hohen Inzidenz an Pneumokokken-Infektionen und des stark erhöhten Risikos für invasive Erkrankungen sollte die Pneumokokken-Impfung bei Krebspatienten auch zum Standard gehören. Allgemein empfiehlt die STIKO allen Erwachsenen ab einem Alter von 60 Jahren eine einmalige Impfung mit dem 20-valenten Pneumokokken-Konjugatimpfstoff (PCV20), ebenso Personen ab 18 Jahren mit Risikofaktoren für schwere Pneumokokken-Erkrankungen, wie Immunsuppression bzw. beruflichem Risiko.

Ab sofort wird von der STIKO nur noch der PCV20-Impfstoff empfohlen. Die STIKO begründet die Änderung der Empfehlung mit der breiten Serotypenabdeckung von PCV20 und der zu erwarteten besseren und länger anhaltenden Immunantwort. Riedel wies darauf hin, dass auch für die onkologischen Patientinnen und Patienten nur noch eine Impfung mit PCV20 nötig sei.

Abschließend betonte Riedel: „Das Allerwichtigste beim Impfen ist jedoch die Kommunikation.“ Die Patientinnen und Patienten sollten darüber aufgeklärt werden, dass sie eine Impfung benötigen, Onkologinnen und Onkologen sollten über den Impfstatus Bescheid wissen und auch die Hausärztinnen und -ärzte müssten über die Notwendigkeit einer Impfung informiert sein.

Rieger CT, Impfen in der Onkologie, 130. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), Wiesbaden, 16. April 2024