Wer schon als Jugendlicher zu hohe Blutdruckwerte hat, muss mit einem deutlich höheren Herz-Kreislauf-Risiko im Rentenalter rechnen, als ein junger Mensch mit normalem Blutdruck. Das belegt die Auswertung eines schwedischen Registers für Wehrpflichtige, die bis zu 50 Jahre nachbeobachtet wurden.

Inwieweit die Blutdruckwerte, die in der späten Adoleszenz gemessen werden, mit dem späteren Herz-Kreislauf-Risiko zusammenhängen, hat ein Team der Universität Umeå in Schweden untersucht. Die Forschungsgruppe griff dabei auf das Einberufungsregister für den schwedischen Wehrdienst für die Jahre 1969 bis 1997 zurück. In diesem Zeitraum bestand in Schweden die allgemeine Wehrpflicht, das bedeutet, alle männlichen Jugendlichen, die damals im Einberufungsalter waren (insgesamt 1.366.519), sind darin erfasst.

Das mediane Alter bei Studieneinschluss lag bei 18 Jahren, zu diesem Zeitpunkt hatten 29% der Teilnehmer erhöhte Blutdruckwerte und 54% eine Hypertonie gemäß der Klassifikation des American College of Cardiology (ACC) bzw. der American Heart Association (AHA). Diese definieren einen "erhöhten" Blutdruck als Werte zwischen 120 und 129 mmHg systolisch und > 80 mmHg diastolisch, darüber hinaus werden sechs weitere Hypertoniephänotypen unterschieden: isoliert systolisch (ISH), isoliert diastolisch (IDH) oder systolisch-diastolisch (SDH), jeweils im Stadium 1 oder 2.

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Es empfiehlt sich, bereits bei Jugendlichen regelmäßig den Blutdruck zu messen und ggf. zu frühzeitigen Präventionsmaßnahmen zu raten.

Relativer Risikoanstieg bis zu 70%

Nach einer medianen Beobachtungszeit von knapp 36 Jahren waren insgesamt 79.644 erstmalige kardiovaskuläre Ereignisse (Myokardinfarkt, klinikpflichtige Herzinsuffizienz, ischämischer Schlaganfall, intrazerebrale Blutung oder kardiovaskulär bedingter Tod) aufgetreten. Im Alter von 68 Jahren lag das kumulative Risiko für ein Herz-Kreislauf-Ereignis umso höher, je höher die Blutdruckkategorie war, in der sich die Teilnehmer zum Zeitpunkt der Einberufung befunden hatten. Die Raten reichten von 15% bei normalen Blutdruckwerten über 19% für eine ISH im Stadium 2 bis hin zu 24% für eine SDH im Stadium 2 (bei Letzterer beträgt der systolische Blutdruck ≥ 140 mmHg und der diastolische ≥ 90 mmHg).

Gegenüber Männern mit ursprünglich normalem Blutdruck (< 120/< 80 mmHg) wird für diejenigen aus den verschiedenen Hochdruckkategorien in der adjustierten Analyse eine Risikosteigerung zwischen 10% (bei "erhöhten" Werten) und 71% (SDH Stadium 2) angegeben.

Gefahr steigt mit dem Stadium

Dr. Helene Rietz und ihr Team hatten auch nach den einzelnen, im kumulativen Endpunkt zusammengefassten Herz-Kreislauf-Ereignissen geschaut. Demnach waren die Inzidenzen und Risikoraten für Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz, Hirnblutung und kardiovaskulär bedingte Todesfälle jeweils am höchsten für die Gruppe mit SDH Stadium 2, gefolgt von IDH Stadium 2, SDH Stadium 1, ISH Stadium 2, IDH Stadium 1, ISH Stadium 1 und schließlich der Gruppe mit erhöhtem Blutdruck.

Das Team schließt allerdings nicht aus, dass verschiedene Risikofaktoren bei Studieneinschluss, vom Rauchen über Alkoholkonsum bis zu den Blutfettwerten, das Ergebnis verzerrt haben könnten.

Blutdruckmessung ernst nehmen!

Der Anstieg des kardiovaskulären Risikos habe bereits bei leicht erhöhten Blutdruckwerten (ab 120 mmHg systolisch) begonnen und sei sowohl bei systolischer als auch bei diastolischer Hypertonie zu sehen gewesen, fassen Rietz et al. zusammen. Im Alter von 68 Jahren habe der Unterschied im zusammengesetzten kardiovaskulären Endpunkt zwischen normalen Blutdruckwerten im Jugendalter und der schlechtesten Kategorie (SDH Stadium 2) rund 10 Prozentpunkte betragen. "Das bedeutet, dass etwa einer von zehn jungen Erwachsenen mit einer kombinierten Hypertonie im Stadium 2 noch vor dem Renteneintritt ein großes kardiovaskuläres Ereignis erleiden wird", schreiben Rietz und ihre Mitforschenden.

Vor diesem Hintergrund sollten Ärztinnen und Ärzte daran denken, auch bei Jugendlichen regemäßig den Blutdruck zu messen. Gegenwärtig hapere es damit noch. Klinisch bedeutsame Unterschiede bei den kardiovaskulären Ereignissen in Abhängigkeit vom Blutdruck im Jugendalter habe man bereits im Alter von 50 gesehen, spätestens dann sei ein engmaschiges Monitoring und ggf. eine entsprechende Therapie anzuraten. Ob jedoch bereits hypertone Jugendliche medikamentös eingestellt werden sollten, sei noch unklar; bei dieser Frage bestehe eindeutig eine "Evidenzlücke".

Rietz H et al. Ann Intern Med 2023; https://doi.org/10.7326/M23-0112