Ein Extrakt der Ginkgo-Pflanze kann offenbar die Alltagsfunktion nach einem Schlaganfall verbessern. Drei Monate nach dem Ereignis waren mit Extrakt Behandelte etwas fitter als solche unter Placebo.

Bisher können Ärztinnen und Ärzte Menschen nach einem überstandenen ischämischen Schlaganfall medikamentös nicht viel anbieten, um ihr Funktionsniveau zu verbessern: Die meisten Studien zu diesem Thema lieferten keine Hinweise auf neuroprotektive Wirkungen. Vor etwa einem Jahr deutete eine kleine spanische Studie immerhin auf Vorteile der Blockade des Toll-like-Rezeptor 4 (TLR4) mit einem High-Tech-DNA-Aptamer hin. Studien aus China setzen dagegen häufig auf traditionelle Pflanzenextrakte: So kam eine Untersuchung aus Peking mit immerhin 3.000 Schlaganfallbetroffenen zu dem Schluss, dass eine Therapie mit einem Notoginseng-Präparat das funktionelle Ergebnis signifikant verbessert, der Therapieeffekt war allerdings nicht sehr eindrucksvoll (siehe Bericht unter: https://go.sn.pub/Apoplex). Eine weitere Studie zeigt jetzt etwas größere Effekte, und zwar mit einem Extrakt aus Ginkgo biloba.

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Möglicherweise wirken Ginkgo-Bestandteile neuroprotektiv.

15% mehr mit sehr gutem funktionellem Ergebnis

An der Untersuchung nahmen knapp 3.500 Personen mit leichtem bis moderatem Schlaganfall teil, der mediane NIHSS-Score betrug 7 Punkte, der Altersmedian wird mit 63 Jahren beziffert, zwei Drittel waren Männer.

Die Hälfte begann innerhalb von 48 Stunden nach dem Ereignis eine Behandlung mit Ginkgo Diterpen Lacton Meglumin (GDLM), die übrigen erhielten Placebo. Bei GDLM handelt es sich um ein Ginkgo-Extrakt mit den Ginkgoliden A, B und K sowie einigen weiteren Inhaltsstoffen. GDLM werde in China schon länger als ergänzende Therapie nach einem Schlaganfall verabreicht, sei bislang aber noch nicht in größeren placebokontrollierten Studien geprüft worden, berichten Dr. Quian Zhang und Mitarbeitende von der Tiantan-Klinik in Peking.

GDLM wurde intravenös verabreicht - die Betroffenen bekamen zwei Wochen lang täglich eine Spritze mit 5 ml, die 25 mg des Extrakts enthielt, Personen in der Placebogruppe wurde stattdessen isotonische Kochsalzlösung injiziert.

Therapieeffekte waren bei Älteren ähnlich wie bei Jüngeren

Als primären Endpunkt wählte das Team um Zhang das funktionelle Ergebnis nach 90 Tagen, erfasst mit der modifizierten Rankin-Skala (mRS). Ein sehr gutes funktionelles Ergebnis (mRS-Wert von 0-1) erzielten 51% in der Verum- sowie 44% in der Placebogruppe - ein absoluter Unterschied von rund 7 Prozentpunkten, der sich in eine relative Differenz von 15% übersetzt. Ein gutes funktionelles Ergebnis (mRS 0-2) schafften 84% mit GDLM und 70% mit Placebo - ein relativer Unterschied von 21%.

Die Therapieeffekte waren bei älteren Menschen ähnlich ausgeprägt wie bei jüngeren, bei Männern vergleichbar wie bei Frauen, aber bei solchen mit raschem Therapiebeginn sowie milderen Infarkten etwas stärker. Rund jeder Sechste entwickelte unerwünschte Wirkungen - der Anteil war in der Verum- und Placebogruppe jeweils ähnlich hoch.

Ein großes Manko der Untersuchung ist, dass die Schlaganfallpatientinnen und -patienten weder eine i.v.-Lyse noch eine Thrombektomie erhalten hatten. Ob die Ginkgotherapie auch in diesen Fällen Vorteile bringt, bleibt abzuwarten. Thomas Müller

1. Zhang Q et al. Efficacy and Safety of Ginkgo Diterpene Lactone Meglumine in Acute Ischemic Stroke. A Randomized Clinical Trial. JAMA Netw Open. 2023;6(8):e2328828; https://doi.org/10.1001/ jamanetworkopen.2023.28828