Mit einem weiterentwickelten Schmerzschrittmacher, der mithilfe eines Rückkopplungssystems elektrische Impulse an das Rückenmark abgibt, lassen sich behandlungsresistente Rückenschmerzen möglicherweise effizient und anhaltend lindern. Das Closed-Loop-System schnitt in einer Studie deutlich besser ab als die herkömmliche tonische Stimulation.

Eine vielversprechende Therapieoption bei chronischen Rückenschmerzen, die auf konservative Maßnahmen nicht ansprechen, ist die Rückenmarkstimulation. Dabei werden Elektroden in den Epiduralraum eingesetzt, welche durch Dura mater und Spinalflüssigkeit hindurch elektrische Impulse an Nervenfasern abgeben, die an der Modulation von Schmerzsignalen beteiligt sind. Auf diese Weise lässt sich ein analgetischer Effekt erzielen. Das Problem war bisher jedoch, eine gleichmäßige Stimulation aufrechtzuerhalten, trotz der ständigen Bewegungen der Wirbelsäule, etwa beim Atmen oder Lachen. Durch die Entwicklung eines rückkopplungsgesteuerten Systems hat man dieses Problem offenbar weitgehend in den Griff bekommen.

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Für therapieresistente Rückenschmerzpatienten ist ein weiterentwickelter Schmerzschrittmacher eine vielversprechende Behandlungsoption.

Closed-Loop-System ist effektiver

Dr. Nagy Mekhail von der Cleveland Clinic in Ohio und sein Team haben das neuartige Closed-Loop-System in der Evoke-Studie mit der herkömmlichen Stimulation verglichen. In ersten Auswertungen nach drei und zwölf Monaten hatte sich das neue Verfahren bereits als signifikant wirksamer erwiesen. Jetzt hat das Forscherteam Zwei-Jahres-Ergebnisse publiziert. Auch diese fielen signifikant zugunsten des Closed-Loop-Systems aus. Die Schmerzlinderung war deutlich effektiver, offenbar dadurch bedingt, dass die elektrische Aktivierung der entsprechenden Nervenfasern sich über deutlich längere Zeit in einem therapeutischen Fenster bewegte als mit der älteren Methode, bei der es immer wieder zu Über- oder Unterstimulationen kommt. Die Überstimulation kann vom Patienten als unangenehm empfunden werden, die Unterstimulation hat eine unzureichende Wirksamkeit zur Folge.

Insgesamt 113 Personen untersucht

Insgesamt 113 Patientinnen und Patienten hatten einen Schmerzschrittmacher zur Stimulation des Rückenmarks implantiert bekommen. Dabei handelte es sich in allen Fällen um das gleiche System, nur arbeitete dieses in der Interventionsgruppe im Closed-Loop-Modus (n = 59), in der Vergleichsgruppe dagegen im herkömmlichen, nicht an die Wirbelsäulenbewegungen angepassten Open-Loop-Modus (n = 54).

Bei den Schmerzursachen handelte es sich in beiden Gruppen zu rund 90% um Radikulopathien, bei 57% bzw. 61% war eine Rücken-Op. zuvor fehlgeschlagen. Die Schmerzstärken waren zu Beginn in beiden Gruppen gleich, sie wurden von den Patienten mit 82 mm auf einer 100-mm-Skala angegeben.

Schmerzstärke deutlich reduziert

In der Closed-Loop-Gruppe wurde nach zwei Jahren eine Reduktion der Schmerzstärke gegenüber dem Ausgangswert um median 69% erzielt, in der Vergleichsgruppe dagegen um 54%. Dabei hatten in der Interventionsgruppe fast 80% der Patienten eine Schmerzreduktion um mindestens 50% erreicht, in der anderen Gruppe traf dies nur für etwas mehr als die Hälfte zu. Dementsprechend konnte die Closed-Loop-Gruppe ihren Opioidkonsum (angegeben als Morphium-Milligramm-Äquivalent) stärker reduzieren als die Vergleichsgruppe (um 42% gegenüber 25%), wenngleich der Unterschied nicht signifikant war.

Hohe Therapieadhärenz

Die Therapie hatte sich in beiden Gruppen auch auf subjektive Parameter ausgewirkt: So hatten sich die Werte in Fragebögen zur Stimmung, zur Schlafqualität und zur Lebensqualität insgesamt signifikant und in klinisch relevantem Maß verbessert. Die Closed-Loop-Gruppe hatte dabei teilweise signifikante Vorteile. In beiden Gruppen war die Therapieadhärenz hoch, was daran gemessen werden konnte, dass die Stimulation meist aktiviert war. Allerdings hatten zwei Teilnehmer der Open-Loop-Gruppe den Schrittmacher vorzeitig entfernen lassen, weil kein Effekt zu spüren war.

Das Team um Mekhail sieht in dem weiterentwickelten System eine "effektive, verlässliche und langfristige Therapieoption gegen chronische Schmerzen, die für die Patienten das Potenzial birgt, die Opioidanwendung nach Bedarf zurückzufahren".

Mekhail N et al. JAMA Neurol 2022