Zwar sind Protonenpumpenhemmer (PPI) wirksame und sichere Medikamente, aber immer öfter werden sie bei Indikationen eingesetzt, in denen ihr Nutzen nicht belegt ist. Der amerikanische Gastroenterologen-Verband hat zehn neue Empfehlungen dazu veröffentlicht.

PPI gehören zu den weltweit am häufigsten verwendeten Medikamenten. Die zur Therapie und Prävention säurebedingter Erkrankungen entwickelten Arzneimittel werden zunehmend für Indikationen eingesetzt, bei denen ihr Nutzen weniger klar ist. Um Übertherapie, Polypharmazie und Nebenwirkungen zu vermeiden, schlägt die American Gastroenterological Association (AGA) vor, PPI in bestimmten Fällen abzusetzen. Um diese Entscheidung zu erleichtern, hat sie zehn Empfehlungen formuliert.

Zehn Best-Practice-Tipps

Zwar seien PPI in den meisten Fällen sicher, so die Mediziner um Dr. Laura Targownik, Toronto, jedoch raten sie von ihrer Einnahme ab, wenn es keine klare Evidenz für einen Nutzen gibt. Bei Patienten, die zweimal täglich damit behandelt werden, empfehlen sie, die Dosis zu reduzieren. Die Leitlinien-Updates umfassen drei Bereiche: Das Dokumentieren der Indikationen für den Einsatz von PPI, das Identifizieren von Patienten, bei denen ein Absetzen erwogen werden kann, und das erfolgreiche Durchführen des Medikamentenstopps.

"Die Entscheidungen über das Absetzen von PPI sind komplex und nuanciert, und die Folgen eines unangemessenen oder schlecht durchdachten Absetzens können erheblich sein", geben die Mediziner zu bedenken. Umgekehrt trage die unkontrollierte Anwendung von PPI in Situationen, in denen die Indikationen fehlen oder unklar sind, erheblich zu den Gesundheitskosten bei. Selbst ein geringes Risiko für medizinische Schäden sei bei fehlendem Nutzen erheblich. Das Forscherteam gibt daher diese zehn Best-Practice-Tipps:

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Bei Patienten mit komplizierter gastroösophagealer Refluxkrankheit sollten PPI nicht abgesetzt werden.

1. Regelmäßige Checks beim Hausarzt: Bei allen Patienten, die PPI einnehmen, sollten Hausärzte die Indikationen dafür regelmäßig überprüfen und diese dokumentieren.

2. Vorsicht bei dauerhafter Einnahme: Bei allen Patienten, die ohne definitive Indikation dauerhaft PPI erhalten, sollte in Betracht gezogen werden, die Verschreibung abzubrechen.

3. Zweimal tägliche Dosis reduzieren: Bei den meisten Patienten, die zweimal täglich PPI einnehmen, sollte eine einmal tägliche Gabe erwogen werden. Die zweifache Anwendung sei bisher weder in randomisierten Studien untersucht, noch von der FDA genehmigt worden. Beobachtungsstudien weisen auf Assoziationen mit Komplikationen hin.

4. Bei diesen Patienten nicht absetzen: Bei Patienten mit komplizierter gastroösophagealer Refluxkrankheit (GERD), einschließlich Patienten mit einer Vorgeschichte von schwerer erosiver Ösophagitis, Ösophagusulkus oder peptischer Stenose, sollten PPI nicht abgesetzt werden.

5. Auch bei dieser Gruppe PPI fortsetzen: Auch bei Patienten mit Barrett-Ösophagus, eosinophiler Ösophagitis oder idiopathischer Lungenfibrose sollte nicht versucht werden, PPI abzusetzen.

6. Blutungsrisiko bestimmen: Bei Patienten, die PPI erhalten, sollte mithilfe einer evidenzbasierten Strategie das Blutungsrisiko im oberen Gastrointestinaltrakt untersucht werden, bevor versucht wird, die Therapie zu stoppen.

7. Hochrisikopatienten ausklammern: Patienten mit hohem Risiko für Blutungen im oberen Gastrointestinaltrakt, wie Patienten mit dem Zollinger-Ellison-Syndrom, sollten nicht für das Absetzen von PPI in Betracht gezogen werden.

8. Vorübergehende Symptome möglich: Ärzte sollten Patienten, die eine PPI-Langzeittherapie abbrechen (länger als zwei Monate), darauf hinweisen, dass sie aufgrund eines Säure-Reboundphänomens vorübergehende Symptome im oberen Gastrointestinaltrakt entwickeln können.

9. Konkretes Vorgehen beim Absetzen: Beim Absetzen von PPI kann entweder ein langsames Reduzieren der Dosis oder ein abrupter Stopp in Betracht gezogen werden. Eine Studie hatte keinen signifikanten Unterschied zwischen beiden Verfahren bezüglich der Symptomfreiheit der Patienten nach sechs Monaten ergeben.

10. Gründe für einen Medikamentenstopp: Die Entscheidung, PPI abzusetzen, sollte ausschließlich auf dem Fehlen einer Indikation für deren Einsatz beruhen und nicht auf Bedenken hinsichtlich damit assoziierter unerwünschter Ereignisse. Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Demenz, chronische Nierenerkrankungen und Frakturen bei PPI-Langzeitanwendung stammen ausschließlich aus Beobachtungsstudien mit unklarer Kausalität und nicht aus randomisierten Studien.

Targownik LE et al. AGA Gastroenterology 2022