Als das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) im Jahr 2009 ins Leben gerufen wurde, konnte bereits auf eine Datenbasis zur Pathogenese des Typ-2-Diabetes aus Untersuchungen der fünf Gründungszentren in Düsseldorf, Potsdam-Rehbrücke, München, Tübingen, und Dresden zugegriffen werden, wie Prof. Hans-Ulrich Häring, Tübingen berichtet hat. In Düsseldorf sammelte man Informationen zum Phänotyp neu diagnostizierter Typ-2-Diabetiker. An den anderen vier Standorten in Dresden, München, Potsdam und Tübingen wurden in Kohortenstudien Daten von Personen mit erhöhtem Diabetesrisiko zusammengetragen [1]. Ziel war die Phänotypisierung dieser Personen bezüglich ihrer Insulinsekretion und -resistenz, insbesondere zum Vorliegen einer Fettleber. Aus diesen Daten ließ sich eine Kohorte von 8106 Prädiabetikern erstellen. Diese Daten sind „ein hervorragender Startpunkt, um Schlüsselfragen zum Thema Prädiabetes und Typ-2-Diabetes zu stellen“, so Häring. „Wir haben ein System entwickelt, sodass die Ergebnisse dieser Studien in interdisziplinären Arbeitsgruppen aus Grundlagenforschern und Klinikern (sog. Academies) verarbeitet und zu weiteren Fragestellungen werden können“, wie Häring ausführte. Die da zum Beispiel wären:

  • Wer entwickelt einen Diabetes und kann man ihn verhindern?

  • Wer leidet frühzeitig an Organschäden?

  • Welche Ansätze gibt es für individuelle Diabetestherapien?

  • Ist eine erfolgreiche Prävention diabetesbedingter Organschäden möglich?

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Gesunde Ernährung ist wichtig, doch nicht bei allen Patienten hat sie den gewünschten präventiven Effekt.

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Nicht jeder senkt sein Risiko mit Sport und Diät

Inzwischen gebe es bereits große Fortschritte zu vermelden, so Häring. Die Düsseldorfer Studie ist unter dem Namen „Deutsche Diabetesstudie“ (DDS) multizentrisch ausgeweitet worden. Insgesamt ist die DDS mit 2000 Teilnehmern geplant und soll 2019 abgeschlossen sein.

Die Prädiabetes-Lebensstil-Interventionsstudie (PLIS) ist bereits beendet und die Datenauswertung wird laut Häring in den nächsten Monaten beginnen. Hier erhofft man sich weitere Antworten auf die Frage: Was unterscheidet Personen mit hohem Risiko für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes von jenen mit einem niedrigen Risiko? Ergebnisse einer Zwischenanalyse von 700 Teilnehmern aus dem Jahr 2016 hatten bereits gezeigt: Nicht jeder Mensch mit Prädiabetes spricht auf Lebensstilintervention als Präventionsmaßnahme an. 20–30% müssen als Non-Responder bezeichnet werden. „Diese Gruppe interessiert uns ganz besonders, denn sie ist ein Hochrisikokollektiv für Typ-2-Diabetes“, so Häring.

Hohes Diabetesrisiko bei bereits bestehender Fettleber

Hinweise auf phänotypische Besonderheiten gab auch schon die Vorgängerstudie von PLIS namens TULIP (Tübinger Lebensstil-Interventionsstudie), in der Prädiabetiker über ca. 10 Jahre beobachtet wurden [2, 3]: Wer zu Beginn der Untersuchung keine Fettleber sein eigen nannte, entwickelte zu allermeist auch keinen Typ-2-Diabetes. Bei Menschen mit Fettleber bereits vor dem Start der Lebensstilintervention dagegen ist das Diabetesrisiko sehr hoch. Ein zweites Kriterium: Prädiabetiker mit hoher Insulinsekretion beim Start von TULIP entwickelten in keinem Fall einen Typ-2-Diabetes. War die Sekretion aber schon vor der Intervention vermindert, war auch das Risiko für den Diabetes sehr hoch. Dies sei ein Meilenstein in der Forschung, denn damit sei es möglich, unter den Prädiabetikern einen Hochrisiko-Phänotyp zu definieren, sagte Häring. Diese Erkenntnisse werden nun im Rahmen der Multicenterstudie PLIS genutzt, um effektive Präventionsmaßnahmen einzugrenzen und die Zielgruppen für präventive Lebensstilinterventionen zu definieren.

Was ist aber mit jenen 20–30% Non-Respondern auf Lebensstilintervention? Um auch ihnen etwas anbieten zu können, wurden bereits verschiedene Studienkonzepte als Follow-up zu PLIS entwickelt: Die TAILOR Prediabetes Multicenterstudy, die intranasal Insulin Treatment Study in Tübingen, die Bromocriptin-Pilotstudie in Köln unter Leitung von Prof. Jens Brüning und die Bromocriptin-Mulicenterstudie unter Leitung von PD Dr. Martin Heni, Tübingen.