Der Zusammenhang zwischen der Höhe der LDL-Cholesterin-(LDL-C)Werte und kardiovaskulären Erkrankungen ist eindeutig. Nach ESC/EAS-Leitlinien gelten Risiko-adaptierte LDL-C-Zielwerte von < 115 mg/dl für Patienten mit moderatem, < 100 mg/dl für Patienten mit hohem und < 70 mg/dl für Patienten mit sehr hohem Risiko. „Je weiter das LDL-C unter 70 mg/dl abgesenkt werden kann, desto deutlicher wird der Effekt auf koronare Plaques erkennbar“, so PD Dr. Michael Lehrke, Aachen auf dem Symposium der DGFF (Lipid-Liga) zum „Tag des Cholesterins 2017“. Bereits heute ermöglichen Wirkstoffkombinationen für die meisten Patienten mit Hypercholesterinämie ein dauerhaftes Erreichen therapeutischer Zielwerte. „Für bestimmte Risikogruppen, wie Patienten mit erhöhtem Lipoprotein (Lp (a)) oder progredienter kardiovaskulärer Erkrankung trotz Optimierung aller Risikofaktoren, sollte eine stärkere Absenkung des LDL-C auf Werte deutlich unter 50 mg/dl von Nutzen sein“, betont Prof. Peter Grützmacher, Frankfurt a. M.

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Der Zusammenhang zwischen der Höhe der LDL-Cholesterin-Werte und kardiovaskulären Erkrankungen ist eindeutig.

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Homozygote familiäre Hypercholesterinämie

Bei Patienten mit homozygoter familiärer Hypercholesterinämie treten arteriosklerotische Gefäßveränderungen bereits im Kindesalter auf, die Lebenserwartung ist hochgradig verkürzt. In aller Regel ist eine Lipoproteinapherese-Therapie indiziert, die jedoch die Zielwerte für LDL-C oft nicht erreicht. Lomitapid ist das erste Präparat in der Klasse der oralen, selektiven Hemmer des mikrosomalen Triglyzerid-Transfer-Proteins (MTP), das für den korrekten Zusammenbau und die ausreichende Sekretion von Apolipoprotein-B-(ApoB-)haltigen Lipoproteinen in der Leber und im Darm erforderlich ist. Es führt zu einer Senkung der Plasmaspiegel von VLDL, LDL, LDL-C, Chylomikronen und ApoB und ist begleitend zu einer fettarmen Diät und anderen lipidsenkenden Arzneimitteln mit oder ohne Lipoproteinapherese bei erwachsenen Patienten mit homozygoter familiärer Hypercholesterinämie angezeigt.

Prof. Ulrich Julius, Dresden, beleuchtete den Nutzen von PCSK9-Antikörpern bei homozygoter familiärer Hypercholesterinämie. Sein Fazit: Bei Patienten mit homozygoter familiärer Hypercholesterinämie und Restfunktion des LDL-Rezeptors bewirkt Evolocumab (Alirocumab ist für diese Indikation nicht zugelassen) eine Absenkung des LDL-C, jedoch um nur etwa die Hälfte der bei anderen Patienten in Studien gefundenen Rate. Zur Optimierung der LDL-C-Werte ist es aber sinnvoll, Evolocumab ergänzend zur notwendigen Lipoproteinapherese-Therapie einzusetzen. Bei völlig fehlender LDL-Rezeptor-Funktion wurde keine Wirkung des PCSK9-Hemmers gemessen.

Lipoproteinapherese als Primärprävention

„Die Lipoproteinapherese ist ein in der Kindernephrologie etabliertes Verfahren und bei der homozygoten Form der familiären Hypercholesterinämie mit funktionell oder molekulargenetisch nachgewiesenem LDL-Rezeptormangel wegen der besonders schlechten Prognose bereits im Kindesalter als Primärprävention vor Auftreten atherosklerotischer Komplikationen ohne Einschränkungen indiziert“, so Prof. Rainer Büscher, Essen. Derzeit werden die Daten von 17 Kindern und Jugendlichen mit homozygoter familiärer Hypercholesterinämie unter Lipoproteinapherese ausgewertet. Insgesamt traten nur wenige koronare (4), zerebrovaskuläre (4) und peripher-vaskuläre (3) Ereignisse auf. Generell gilt die Lipoproteinapherese im Kindesalter als sichereres Verfahren.

Lipoprotein(a)-Hyperlipoproteinämie

Lp(a) ist ein unabhängiger kausaler kardiovaskulärer Risikofaktor und kann im Einzelfall maßgebliche Ursache einer progredienten Gefäßerkrankung sein. Die therapeutischen Möglichkeiten, Lp(a) zu senken, sind limitiert: Ernährung und Sport haben keinen Einfluss, unter Statinen ist ein Anstieg bis 10%, unter PCSK9-Antikörpern ein Abfall bis 30% zu beobachten. Einzig zugelassene Therapie zur Lp(a)-Senkung ist aktuell die Lipoproteinapherese. Diese ist laut Prof. Reinhard Klingel vom Apherese ForschungsInstitut in Köln „eine sichere und gut verträgliche ambulante Behandlungsmethode, um die Blutspiegel auch von Lp(a) um 60–70% zu reduzieren.“ Die 5-Jahres-Daten der prospektiven Pro(a)LiFe-Studie bestätigten, dass die Prävention kardiovaskulärer Ereignisse ein rasch eintretender und anhaltender Effekt der Lipoproteinapherese bei Patienten mit Hypercholesterinämie und/oder Lp(a)-Hyperlipoproteinämie ist.

Ein neuer Ansatz ist die gezielte Inhibition der Apo(a)-Synthese in der Leber durch Einsatz von antisense Oligonukleotiden.

Hypertriglyzeridämie

Obwohl eine mittelschwere (Triglyzeride > 400 mg/dl) bis schwere Hypertriglyzeridämie (Triglyzeride > 1000 mg/dl) in der Regel auf einen oder mehrere Gendefekte zurückzuführen ist, sind gezielte diätetische Interventionen als Basistherapie durchaus erfolgreich. Diese setzt sich, so Prof. Hans-Ulrich Klör, Kassel, aus einer extrem fettarmen Kost (ca. 20 g Fett/Tag) oder dem weitgehenden Ersatz langkettiger Fettsäuren in der Nahrung durch mittelkettige Fettsäuren (MCT, C-8:0 und C-10:0) bei gleichzeitiger Gabe von Omega-3-Fettsäuren (EPA und DHA > 4-5 g/Tag) zusammen. Eine ergänzende Langzeittherapie mit Fibraten ist angezeigt.

Als möglicher wichtiger Bestandteil der Therapie von schwerer Hypertriglyzeridämie könnte sich den Ausführungen von PD Dr. Michael M. Hoffmann, Freiburg, zufolge die ApoC3-antisense-Therapie etablieren, sofern sie sich im längeren Verlauf als gut verträglich erweist. Apolipoprotein C3 (ApoC3) ist auf fast allen Lipoproteinen zu finden und wurde lange ausschließlich als Inhibitor von Lipoproteinlipase und hepatischer Lipase betrachtet. Mit den Fortschritten der Populationsgenetik und der entdeckten Assoziation von genetischen Varianten des ApoC3 mit verringertem kardiovaskulärem Risiko wuchs das Interesse wieder. Die Phase-I-Studie zum Einsatz des ApoC3-antisense-Oligonukleotids (Volanesorsen®) bei gesunden Probanden zeigte eine dosisabhängige Senkung von ApoC3 und Triglyzeriden. Spätestens die Veröffentlichung einer Therapiestudie von drei Patienten mit einer Lipoproteinlipase-Defizienz im Jahr 2014 stellte die bis dahin favorisierte Funktion von ApoC3 als Lipoproteinlipase-Inhibitor in Frage. Kinetikstudien und Tiermodelle lassen nun den Schluss zu, dass ApoC3 auch die Aufnahme von Triglyzerid-reichen Lipoproteinen in die Leber über den LDL-Rezeptor und das LRP1 (LDL receptor related protein 1) hemmt. Phase-II-Studien von Volanesorsen® mit und ohne Fibrat-Komedikation bestätigten den Trtiglyzerid-senkenden Effekt in verschiedenen Patientenkollektiven.