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Die Global Initiative für Obstructive Lung Disease (GOLD) hat in ihren Empfehlungen zur Diagnose, Therapie und Prävention der COPD relevante Veränderungen vorgenommen (http://goldcopd.org/). Was das für die Praxis bedeutet, erklärt der Vorsitzende des GOLD Science Committee, Prof. Dr. Claus Vogelmeier von der Universität Marburg.
Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Neuerungen im GOLD-Report für den ambulanten Bereich?
Vogelmeier: Die erste betrifft die Frage, auf welche Kriterien man die medikamentöse Therapie basiert. In der bisherigen ABCD-Einteilung waren das der Spirometriebefund, die Symptomatik und die Exazerbationshistorie als Indikator für das Risiko zukünftiger Exazerbationen. Wir haben das jetzt dahingehend vereinfacht, dass die medikamentöse Therapie nur noch auf der Symptomatik und der Exazerbationshistorie basiert. Die Lungenfunktionsuntersuchung ist zwar weiterhin sehr wichtig, aber in den meisten Fällen nicht für die medikamentöse Therapie maßgebend. Das heißt, dass der Doktor, wenn die Diagnose mal steht, aus dem Gespräch mit dem Patienten heraus entscheiden kann, welches die richtige Therapie für ihn ist.
Die zweite wesentliche Neuerung ist, dass wir Eskalationsstrategien definiert haben. Bisher haben wir immer so getan, als sei der Patient therapienaiv. Oft haben die Patienten aber schon eine Therapie X, die nicht richtig funktioniert, und man will wissen, was der adäquate nächste Schritt ist. Deswegen haben wir für jede der Gruppen A bis D Algorithmen festgelegt, wie man das machen sollte. Wir sind uns bewusst, dass das zum Teil evidenzfreier Raum ist. Wir wollten uns hier aber nicht auf den Elfenbeinturm der hehren Wissenschaft zurückziehen, sondern den Ärzten etwas an die Hand geben, und haben die Schritte aus den vorhandenen Daten logisch abgeleitet.
Die veränderte ABCD-Einteilung bedeutet aber keine Abwertung der Spirometrie?
Vogelmeier: Die Spirometrie ist nach wie vor essenziell, an erster Stelle für die Diagnose der COPD. Zweitens können manche Therapiemaßnahmen, z. B. die interventionelle Emphysemtherapie, nur auf Basis der Lungenfunktion auf den Weg gebracht werden. Drittens besteht bei manchen Patienten eine erhebliche Diskrepanz zwischen geringer Symptomatik und schweren Befunden in der Lungenfunktion. Bei ihnen muss man schauen, warum das nicht kongruent ist. Viertens gibt es Patienten, die sehr schnell Lungenfunktion einbüßen, was man auch nur darüber erfassen kann.
Das Erfassen der Exazerbationshäufigkeit ist nicht immer einfach. Gibt es da auch Unterstützung durch die neue Strategie?
Vogelmeier: Das ist in der Tat ein Problem. Es ist nicht so, dass man die Exazerbationen einfach vom Patienten erfragen kann. Außerdem ist bei einer akuten Verschlechterung eine Reihe von Differenzialdiagnosen in Betracht zu ziehen. Die Patienten haben z. B. viele kardiovaskuläre Komorbiditäten; hinter einer vermeintlichen COPD-Exazerbation kann durchaus eine Herzinsuffizienz stehen. Wir haben die Definition für Exazerbationen vereinfacht. Früher war sie definiert als Verschlechterung der Symptomatik, die über die Tagesvariabilität hinausgeht. Jetzt verstehen wir darunter eine Verschlechterung, bei der sich Patient und/oder Arzt herausgefordert fühlen, eine Extratherapie zu machen. Wichtig ist, auch milde Exazerbationen zu berücksichtigen, die der Patient typischerweise selbst therapiert, weil es Hinweise gibt, dass sie medikamentös beeinflussbar sind und dass sie einen relevanten Krankheitswert haben.
Am wichtigsten sind uns aber die stationär behandelten Exazerbationen. Ein europäischer COPD-Audit hat kürzlich ergeben, dass 30% dieser Patienten vier Wochen nach der Entlassung mit der gleichen Konstellation wieder im Krankenhaus sind. Deswegen haben wir Kriterien für die Entlassung definiert. Und wir haben großen Wert darauf gelegt, dass die Patienten kurz nach der Entlassung erneut ambulant gesehen werden und geprüft wird, wie es ihnen geht.
Haben die großen Therapiestudien zur COPD, die 2016 veröffentlicht worden sind, die Empfehlungen zur Pharmakotherapie verändert?
Vogelmeier: Ja. Wir sehen aktuell ein Primat der Bronchodilatation. Alle Gruppen von Patienten sollten Bronchodilatatoren erhalten, entweder als Mono- oder als duale Therapie. Inhalierbare Steroide kommen nur für Patienten mit häufigen Exazerbationen in Betracht. Aber aus der FLAME-Studie haben wir gelernt, dass auch bei diesen Patienten die duale Bronchodilatation die überlegene Therapie sein kann. Aus meiner Sicht sollten wir daher weniger Patienten als bisher mit inhalierbaren Steroiden behandeln. Eine gute Indikation für inhalierbare Steroide besteht aber bei Patienten mit Asthma-COPD-Overlap-Syndrom. Zum Wert der Bluteosinophilen als Biomarker können noch keine klaren Empfehlungen ausgesprochen werden.
Die Leitlinie enthält erstmals auch Empfehlungen zur Inhalationstechnik. Was ist hier wichtigste Botschaft?
Vogelmeier: Die Botschaft Nummer 1 heißt: Training, Training, Training. Und die zweite: Man muss sich vor Beginn einer Therapie überlegen, was für diesen Patienten das richtige Inhalationssystem ist. Wenn jemand Schwierigkeiten mit der Koordination hat, dann ist ein treibgasgetriebenes Dosieraerosol nicht die richtige Wahl. Und Patienten, die keinen hohen Atemfluss haben, werden mit vielen Pulverinhalatoren nicht zurechtkommen.
Der alten Leitlinie wurde in einer Umfrage unter Pneumologen mangelnde Praktikabilität attestiert – ist die jetzige Version praxisnäher?
Vogelmeier: Wenn man selbst intensiv beteiligt ist, hat man vielleicht einen Tunnelblick. Auf jeden Fall haben wir uns bemüht, den Bedürfnissen der Ärzte Rechnung zu tragen, mit klareren Vorgaben, wie man die Therapie auf rationaler Basis eskalieren kann. Und wir haben uns bemüht, die Therapie, soweit das möglich ist, zu individualisieren. Diese Punkte sind nach meiner Wahrnehmung mit dem jetzigen Papier besser erfüllt als mit dem letzten.
Interview: Dr. Beate Schumacher
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Springer-Verlag Berlin Heidelberg. „COPD-Therapie kann jetzt im Gespräch ermittelt werden“. CME 14, 42–43 (2017). https://doi.org/10.1007/s11298-017-6142-7
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