Ein Problem bei progredienter MS sind offenbar neurodegenerative Prozesse, die kaum auf eine klassische Entzündungshemmung ansprechen. So konnten Interferone in Studien mit sekundär progredienter MS (SPMS) zwar überlagerte Schübe verhindern, aber nicht die Krankheitsprogression bremsen.

Nicht besser schneiden bislang auch die neuen MS-Mittel ab. In der Studie INFORMS mit 970 an primär progredienter MS (PPMS) erkrankten Patienten entwickelten die Teilnehmer unter Fingolimod zwar weniger Schübe und Hirnläsionen als unter Placebo, EDSS-Wert und Hirnvolumen veränderten sich in beiden Gruppen jedoch ähnlich stark, wurde bei der Jahrestagung der American Academy of Neurology in Washington D. C. berichtet.

Kann Laquinimod die Neurodegeneration bremsen?

Dennoch werden Immunmodulatoren weiter untersucht. Interessant dürften die Ergebnisse der Studie ARPEGGIO mit 375 PPMS-Patienten sein — beim AAN-Kongress als Poster vorgestellt. Darin wird der noch nicht zugelassene Wirkstoff Laquinimod geprüft. Nach ersten Daten bremst die Substanz möglicherweise unabhängig von der Schubreduktion die Neurodegeneration.

Weitere Ansätze

Lohnend ist auch der Blick auf ganz andere Ansätze: So wurde auf der US-Tagung eine Studie mit Biotin bei 154 Patienten mit progredienter MS präsentiert. Unter der recht hohen Dosis von 300 mg/d des wasserlöslichen Vitamins war die Behinderung nach einem Jahr bei jedem achten Patienten deutlich verringert, unter Placebo schaffte dies niemand. Biotin aktiviert die Acetyl-CoA-Carboxylase, ein potenzielles Schlüsselenzym der Myelinsynthese.

Aufhorchen lässt auch die Studie MS-STAT bei 140 SPMS-Patienten: Eine zweijährige, hochdosierte Simvastatin-Therapie (80 mg/d) konnte die Hirnschrumpfung im Vergleich zu Placebo um 43% reduzieren. Statine dämpfen offenbar entzündungsfördernde Immunreaktionen und behindern die Migration von Leukozyten durch die Blut-Hirn-Schranke.