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Fast alle Dialysepatienten und ein großer Teil der Patienten mit chronischer Nierenerkrankung (CKD) leiden an mindestens einer Hauterkrankung. Die häufigste Komplikation ist laut Prof. Dr. Thomas Mettang vom Zentrum für Nieren- und Hochdruckkrankheiten, Wiesbaden, der urämische Pruritus: „Neueren Erhebungen zufolge sind bis zu 50% der Dialysepatienten von Juckreiz betroffen, der bevorzugt an den Armen und am Rücken, oft aber auch generalisiert auftritt“. Auch Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz, die noch nicht dialysepflichtig sind, leiden zu einem nicht unerheblichen Anteil an Pruritus. In rund der Hälfte der Fälle ist die Symptomatik moderat bis extrem stark ausgeprägt.

Cremen statt kratzen!

„Der quälende Juckreiz beeinträchtigt die Lebensqualität der Patienten erheblich, nicht selten entwickeln die Betroffenen zusätzlich Schlafstörungen und Depressionen“, erläuterte Mettang. Die genaue Ursache des Pruritus sei nach wie vor unklar, diskutiert würden Faktoren wie Hauttrockenheit, neurogene Faktoren, Störungen des Elektrolytgehaltes der Haut sowie eine subklinische Inflammation der Haut. „Bei Hauttrockenheit oder mildem Pruritus sollten Externa wie Salben und Cremes als Erste-Hilfe-Therapieoption eingesetzt werden. Überhaupt gilt: Cremen statt Kratzen!“, so Mettang. Als hochwirksam habe sich die Behandlung mit Gabapentin erwiesen. „Manchen Patienten hilft auch eine Bestrahlung der Haut mit UVB. Generell sollte so früh wie möglich mit der Therapie begonnen werden, nicht erst, wenn Prurigoknoten entstanden sind“, riet der Nephrologe.

Potenziell lebensbedrohlich: Kalziphylaxie

Eine weitere, jedoch sehr seltene, aber potenziell lebensbedrohliche Hautkomplikation ist die Kalziphylaxie. Charakteristisch für die überwiegend bei Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz vorkommende Erkrankung sind schmerzhafte, plaqueförmige Hautnekrosen vor allem an den unteren Extremitäten und am Stamm. Die Läsionen haben keine Heilungstendenz und entwickeln sich zu nekrotischen nicht heilenden Ulzera. Histologisch sind ringförmige Gefäßverkalkungen der Hautarteriolen mit sekundärem, thrombotischem Gefäßverschluss erkennbar.

„Die hohe Letalität der Patienten wird vor allem durch Sekundärinfektionen der Nekrosen verursacht, auf deren Basis sich konsekutiv eine Sepsis entwickelt“, informierte Mettang. Als Ursache der Kalziphylaxie werden Störungen des Mineral- und Knochenstoffwechsels im Rahmen der terminalen Niereninsuffizienz diskutiert. Die Kalzifizierung begünstigen könnten zudem Vitamin-D-Überdosierung, Hyperphosphatämie oder Inflammation. „Dementsprechend werden neben einer Absenkung des Kalziumspiegels auch die Behandlung eines eventuell vorliegenden Hyperparathyreoidismus sowie eine Intensivierung der Dialysebehandlung erwogen“, berichtete Mettang. Unverzichtbar sei außerdem eine sehr sorgfältige Wundpflege.

NSF — eine gefährliche systemische Erkrankung

Eine Hauterkrankung, die nach bisherigen Berichten ausschließlich bei niereninsuffizienten Patienten mit einer geschätzten glomerulären Filtrationsrate <30 ml/min/1,73 m2 auftritt, ist die nephrogene systemische Fibrose (NSF). „Erste Symptome der schweren, invalidisierenden und unter Umständen letal verlaufenden Erkrankung sind Schmerzen, Juckreiz, Schwellungen und Erytheme“, so Mettang. Für den weiteren Krankheitsverlauf ist eine progrediente Vermehrung des Bindegewebes charakteristisch. An der Haut der Extremitäten entstehen pflastersteinartige, hyperpigmentierte Plaques, die oft von ödematösen Schwellungen begleitet sind. Von der Fibrosierung können aber auch Leber, Lunge, Muskulatur, Zwerchfell und das Herz betroffen sein. Die schlechte Prognose der Patienten ist insbesondere auf die Lungenbeteiligung zurückzuführen.

Ursache der NSF ist die Exposition gegenüber gadoliniumhaltigen Kontrastmitteln. Mettang riet daher dazu, Kontrastmittel mit Gadolinium bei Patienten mit Nierenfunktionsstörungen nur nach sorgfältiger Indikationsstellung zu verwenden, stets die kleinste erforderliche Kontrastmittelmenge einzusetzen und Wiederholungsuntersuchungen nach Möglichkeit zu vermeiden. „Dennoch sollte kein Patient mit gut begründeter Indikation für eine Kernspintomografie mit gadoliniumhaltigen Kontrastmitteln abgelehnt werden“, so der Nephrologe.