Mir einer Prävalenz von 1–2% in der deutschen Gesamtbevölkerung ist die Herzinsuffizienz eine der häufigsten Erkrankungen. Muss ein Patient deswegen stationär behandelt werden, ist die Prognose schlecht: „Bis zu 50% der Patienten, die wegen Herzinsuffizienz hospitalisiert waren, versterben oder müssen innerhalb von sechs Monaten erneut in einem Krankenhaus behandelt werden“, schreiben Prof. Dr. Gerd Hasenfuß und Kollegen in der Zeitschrift „Der Internist“. Damit es nicht soweit kommt, sollten die Therapieziele möglichst frühzeitig verfolgt werden: Symptome verbessern, Hospitalisierung verhindern, Mortalität reduzieren!

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Aerobes Ausdauertraining wird auch für Herzpatienten empfohlen.

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„Aufgrund der großen Patientenzahlen in klinischen Studien ist die Therapie der Herzinsuffizienz evidenzbasiert. Tatsächlich gibt es viele Neuerungen in der Therapie der chronischen systolischen Herzinsuffizienz“ , so die Autoren. Im Gegensatz zur diastolischen Herzinsuffizienz [Ejektionsfraktion (EF) ≥ 50%], kann bei der systolischen Form (EF < 50%) die Prognose mit einer Therapie verbessert werden.

Die Neuerungen hielten Einzug in die kürzlich veröffentlichten Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) und der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK).

Was bleibt — was ist neu?

Die Behandlung der chronischen systolischen Herzinsuffizienz ist als Stufentherapie angelegt. Sie ist abhängig von der linksventrikulären EF, abgestuft in ≤ 40%, ≤ 35% und ≤ 30%, und der Symptomatik nach den Schweregraden der New York Heart Association (NYHA I–IV). In der etablierten Therapie der systolischen Herzinsuffizienz werden Angiotensin-Converting-Enzyme (ACE)-Hemmer für Patienten mit einer EF ≤ 40% in allen NYHA-Stadien empfohlen. Als einzige Substanzklasse können sie auch im Stadium der asymptomatischen Herzinsuffizienz die Progression in ein symptomatisches Stadium reduzieren. Toleriert der Patient keine ACE-Hemmer, was sich meist durch einen ACE-Hemmer-Husten äußert, sind Angiotensin-Rezeptorblocker die Reservemedikamente. Sie werden darüber hinaus bei Patienten mit ACE-Hemmertherapie empfohlen, die Aldosteron-Antagonisten nicht vertragen. Ab Stadium II und einer EF ≤ 40% kommen ß-Blocker zum Einsatz. Im NYHA-Stadium I sind sie nur nach Myokardinfarkt indiziert.

Bei Stauungszeichen kommen Diuretika zum Einsatz

Bestehen Stauungszeichen, sollten Diuretika eingesetzt werden, deren prognostische Relevanz bisher allerdings nicht untersucht wurde. Digitalisglykoside werden zur Frequenzkontrolle bei Herzinsuffizienz-Patienten mit Vorhofflimmern empfohlen, wenn eine Erstversorgung mit ß-Blockern nicht zu einer ausreichenden Frequenzsenkung führt. Sie können auch bei Sinusrhythmus in Erwägung gezogen werden, falls unter ACE-Hemmern, ß-Blockern und Aldosteron-Antagonisten noch Symptome bestehen. Patienten mit einer EF ≤ 35% sollten präventiv einen internen Kardioverter-Defibrillator (ICD) erhalten.

Aldosteron-Antagonisten sind bereits seit Publikation der Randomized Aldactone Evaluation Study (RALES) 1999 fester Bestandteil der Therapie der schweren Herzinsuffizienz. In der EMPHASIS-Studie aus dem Jahr 2011 konnte ihr Nutzen nun auch bei moderater Herzinsuffizienz gezeigt werden: Unter Eplerenon konnte der primäre Endpunkt aus kardiovaskulärem Tod oder Hospitalisierung signifikant um 27% gesenkt werden.

In den neuen Leitlinien wird daher empfohlen, Aldosteron-Antagonisten bei Patienten mit einer EF ≤ 35% unter ACE-Hemmer- und ß-Blocker-Therapie einzusetzen, die unter Belastung noch symptomatisch sind. Wichtig ist es, während der Therapie den Kreatinin- und Kaliumwert im Auge zu behalten: Bei einem Kreatininanstieg auf ≥ 3,5 mg/dl und/oder einem Kaliumspiegel ≥ 6,0 mmol/l muss die Therapie beendet werden.

Ivabradin reduziert die Herzfrequenz

Eine neue Substanz ist Ivabradin. Sie hemmt den Schrittmacherstrom im Sinusknoten selektiv und reduziert dadurch die Herzfrequenz. Die Frequenzsenkung ist umso ausgeprägter, je höher die Ausgangsfrequenz liegt. In einer Studie (SHIFT) konnte an über 6000 Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz und einer Herzfrequenz von über 70 Schlägen/min gezeigt werden, dass Ivabradin den kombinierten Endpunkt aus kardiovaskulärem Tod und Krankenhauseinweisung wegen Verschlechterung der Herzinsuffizienz signifikant um 18% senken kann.

Nach den Leitlinien sollte Ivabradin in Erwägung gezogen werden bei Patienten mit einer EF ≤ 35% im NYHA-Stadium II–IV und einer Herzfrequenz ≥ 75 Schlägen/min, unter ACE-Hemmern, ß-Blockern und Aldosteron-Antagonisten. Man kann Ivabradin auch bei Pateinten erwägen, die ß-Blocker nicht tolerieren. Die Leitlinien geben die untere Grenzfrequenz dabei mit 70 Schlägen/min an; die europäische Zulassung sieht allerdings eine Indikation ab Herzfrequenzen ≥ 75 Schlägen/min vor.

Mangelt es dem insuffizienten Herzen an Eisen, sollte substituiert werden, und zwar am besten intravenös: In der FAIR-HF-Studie konnten die Symptome von herzinsuffizienten Patienten mit Eisendefizit durch eine intravenöse Eisensubstitution verbessert werden. Sie wird bei Patienten mit Herzinsuffizienz und EF ≤ 40% empfohlen, die trotz adäquater Vorbehandlung noch symptomatisch sind. Der Erfolg ist unabhängig davon, ob eine Anämie vorliegt oder nicht.

Die Therapie ist indiziert, wenn das Serumferritin < 100 μg/l oder < 300 μg/l bei einer Transferrinsättigung < 20% liegt. Die intravenöse Substitution ist der peroralen vorzuziehen, da die Behandlungsdauer kürzer ist und Nebenwirkungen, die zum Abbruch der Therapie führen könnten (z.B. Obstipation) nicht auftreten.

Indikationserweiterung für kardiale Resynchronisation

Ähnlich wie bei den Aldosteron-Antagonisten wurde auch bei der kardialen Resynchronisationstherapie (CRT) die Indikation auf die milde Herzinsuffizienz bei Patienten mit hochgradig eingeschränkter linksventrikulärer Funktion erweitert. Basierend auf den Studien MADIT-CRT und RAFT ist die CRT bereits ab NYHA-Stadium II mit einer EF ≤ 30% und entweder einem Linksschenkelblock ab einer QRS-Breite ≥ 130 ms oder unabhängig von einem Linksschenkelblock ab einer QRS-Breite ≥ 150 ms indiziert. Bei Patienten im NYHA-Stadium III und IV besteht die Indikation bereits ab einer EF ≤ 35% bei entsprechender QRS-Komplex-Morphologie. Hat der Patient Vorhofflimmern, besteht eine Indikation zur CRT nach Ablation des artrioventrikulären Knotens, bei Schrittmacherbedürftigkeit infolge niedriger ventrikulärer Frequenz und ggf. bei einer Ventrikelfrequenz ≤ 60/min in Ruhe bzw. ≤ 90/min unter Belastung (NYHA III–IV, -EF ≤ 35%, QRS-Breite ≥ 120 ms).

Da in der Regel bei allen Patienten mit Indikation zur CRT auch eine Indikation zur Defibrillatortherapie gegeben ist, wird meist die CRT-D-Therapie durchgeführt, d.h. die gleichzeitige Resynchronisations- und Defibrillatortherapie. Die Therapie wird jedoch nur empfohlen, wenn die Lebenserwartung über ein Jahr bei gutem funktionellen Status liegt.

Sport gilt als sicheres Mittel

Aerobes Ausdauertraining wird empfohlen, um die körperliche Leistungsfähigkeit bei Herzinsuffizienz zu verbessern. Allerdings braucht es einiges an Motivation, um die Patienten bei Stange zu halten, wie eine Studie (HF-Action) gezeigt hat. Dennoch gilt die Trainingstherapie als sicher, auch bei Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz.

Die diastolische Herzinsuffizienz ist in den westlichen Ländern etwa genauso häufig wie die systolische Form. Leider gibt es bisher keine evidenzbasierte Therapie zur Verbesserung der Morbidität und Mortalität. Die Therapie ist somit rein symptomatisch. Es gilt vor allem, bestehende Komorbiditäten, wie arterielle Hypertonie, Diabetes, COPD oder Adipositas zu behandeln. Auch bei der diastolischen Herzinsuffizienz lohnt es sich, in die Sportschuhe zu schlüpfen: In der Ex-DHF-Pilotstudie konnte gezeigt werden, dass sich bereits nach dreimonatigem Ausdauertraining die diastolische Funktion, die körperliche Leistungsfähigkeit und die Symptomatik verbessern.