Jedes Jahr erhalten 64.000 Männer die Diagnose Prostatakrebs, Tendenz steigend. Doch die Erkrankung muss kein unausweichliches Schicksal sein. Eventuell kann „Mann“ sein Tumorrisiko aktiv beeinflussen — durch regelmäßige Bewegung. Zwar ergeben die Studiendaten bislang kein einheitliches Bild, räumt der Sportmediziner Prof. Dr. Hans-Christian Heitkamp vom Universitätsklinikum Tübingen in der Zeitschrift „Der Urologe“ ein, aber immerhin 40% der Übersichtsarbeiten postulieren einen protektiven Effekt.

In Studien, in denen besonders sorgfältig die Aktivität der Probanden gemessen wurde, sank bei regelmäßiger Bewegung eindeutig das Prostatakrebsrisiko. Einige legen sogar eine Dosis-Wirkungs-Beziehung nahe. Einige Mechanismen sind bereits postuliert worden, auf denen die Prostatakrebs-präventive Wirkung regelmäßiger Bewegung basieren könnte.

Testosteronspiegel senken

Speziell von Testosteron ist bekannt, dass es auf Prostatakarzinome wachstumsfördernd wirkt. Ein regelmäßiges Ausdauertraining senkt den Testosteronspiegel.

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Dabei müssten keine Höchstleistungen erbracht werden, eine niedrige Intensität reiche bereits aus. Die Hormonspiegel fallen aber umso stärker, je intensiver die sportliche Belastung ist. Gleichzeitig sinken LH- und FSH-Werte sowie die Spermienzahl.

Die Wirkung hält aber nur solange an, solange auch trainiert wird. Vorbeugen kann also nur, wer lebenslang in Bewegung bleibt. Allerdings gilt das nur für Ausdauersportarten. Freunde des Krafttrainings muss Heitkamp enttäuschen. Sie profitieren nicht, im Gegenteil: Mit zunehmender Muskelmasse könnte auch das Prostatakarzinomrisiko steigen.

Hyperinsulinämie vermeiden

Neben den Androgenen stehen auch Insulin und der „Insulin like growth factor 1“ (IGF1) im Verdacht, Prostatakrebs zu begünstigen. Gerade im Alter, in dem Männer vorrangig erkranken, sind Insulinresistenz und Hyperinsulinämie häufig zu beobachten. Mit der Hyperinsulinämie klettert der IGF1-Gehalt im Blut, was sich wiederum im Prostatakarzinomrisiko negativ niederschlägt. Mit gestörtem Glukosestoffwechsel synthetisiert die Leber zudem weniger sexualhormonbindendes Protein (SHBG), in der Folge zirkuliert mehr freies Testosteron. Mit regelmäßiger Bewegung lässt sich Übergewicht vermeiden und der Blutzuckerstoffwechsel verbessern. Damit leiste Ausdauersport nicht nur einen Beitrag in der Primärprävention des Prostatakrebs, sondern kann auch das Wachstum bereits modifizierter Prostatazellen unterdrücken.

Wenn möglich im Freien trainieren

Wer sich viel an der frischen Luft bewegt, könnte eventuell auch über die forcierte Vitamin-D3-Synthese in der Haut dem Prostatakrebs vorbeugen. Denn Vitamin D3 scheint die Apoptose zu fördern, die Proliferation zu hemmen und die wachstumsfördernde Wirkung des IGF1 zu unterdrücken.

Es gibt auch die Vermutung, dass Sport über eine verminderte Parathormonsynthese vor Prostatakrebs schützt. Zwar scheint mit vermehrter Parathormonsekretion und erhöhtem Kalziumspiegel auch das Prostatakrebsrisiko zu steigen, zumal Prostatazellen Rezeptoren für PTH und Kalzium besitzen, aber ob sich mit Sport positiv darauf einwirken lässt, kann momentan noch nicht beurteilt werden.

Nur nicht übertreiben

Wie bei allem ist auch beim Sport das richtige Maß entscheidend, und so empfiehlt Heitkamp nur Ausdauertraining mit niedriger oder mittlerer Intensität. Ein zu intensives Training setzt zu viele hochreaktive Radikale frei. Es kommt zum Ungleichgewicht zwischen reaktiven Sauerstoffverbindungen (ROS) und Antioxidanzien. Training mittlerer Intensität hingegen kann langfristig die Effektivität des körpereigenen antioxidativen Systems sogar verbessern.

Regelmäßige Bewegung stimuliert darüber hinaus auch das Immunsystem. Wer moderat seine Ausdauer trainiert, steigert die Zahl immunkompetenter Zellen, wie „natural killer cells“, T-Killerzellen, lymphozytenaktivierten Killerzellen, Monozyten und Makrophagen. Davon erhofft man sich auch einen Nutzen im Hinblick auf die Prostatakrebsprävention.

Wer täglich mindestens eine Stunde spazieren geht oder Rad fährt, macht nach Heitkamps Meinung alles richtig.