Eine Phlebologin verdiente mit der Empfehlung, die von ihr verordneten Kompressionsstrümpfe direkt im benachbarten Sanitätshaus zu erwerben, über die Jahre mehrere Zehntausend Euro. Am Ende folgte die Verurteilung wegen Abrechnungsbetrugs und Korruption. Für das ohnehin oft schon angeschlagene Vertrauen von Patientinnen und Patienten in das Gesundheitssystem haben solche Fälle nachhaltig Konsequenzen.

Die angeklagte phlebologisch-chirurgische Vertragsärztin hatte Geldzahlungen dafür erhalten, dass sie ihre Patientinnen und Patienten einem Sanitätshaus zuführte, um dort Kompressionsstrümpfe zu erwerben. Die Zahlungen beliefen sich auf 10 % des jährlichen Umsatzes der von ihr verordneten Kompressionsware. Zudem übernahm das Sanitätshaus Kosten für Praxisangestellte der Ärztin.

„Beratungsangebot“ vor Ort

Zunächst war die Vereinbarung zwischen der Ärztin und dem Sanitätshaus wie folgt praktiziert worden: Die Ärztin stellte ihren Patientinnen und Patienten eine Vielzahl von Verordnungen über flachgestrickte Kompressionsstrümpfe aus. Eine Mitarbeiterin des Sanitätshauses bot in denselben Praxisräumen eigene Sprechstunden an, in denen sie eine Beratung zu medizinischen Strümpfen anbot und die Vermessung vornahm. Zwei Praxismitarbeiterinnen der Ärztin koordinierten diese Patiententermine.

Antikorruptionsgesetz im Medizinwesen tritt in Kraft

Im Jahr 2016 wurde schließlich das Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen verabschiedet (§ 299 a und 299 b Strafgesetzbuch, StGB). Demnach machen sich Angehörige von Heilberufen strafbar, wenn sie Vergünstigungen annehmen. Dasselbe gilt für Personen, die Heilberuflern Vergünstigungen anbieten. Das Gesetz schloss eine wichtige Lücke im Strafrecht, indem es den Tatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen im Strafgesetzbuch verankerte.

Im beschriebenen Fall veranlasste die Gesetzesänderung die Beteiligten dazu, die Zusammenarbeit in modifizierter Form weiterzuführen: Von da an beriet die Mitarbeiterin des Sanitätshauses die Patientinnen und Patienten in einer eigens zu diesem Zweck eröffneten Filiale, die nur wenige Meter von der Arztpraxis entfernt war. Außerdem erhielt die Ärztin die Zahlungen in bar und als sogenannte Boni. Ansonsten blieb die Zusammenarbeit zwischen der Ärztin und dem Sanitätshaus unverändert.

Verurteilt wegen Bandenbetrugs und Bestechlichkeit

Der Bundesgerichtshof verurteilte die Vertragsärztin am 21. März 2024 wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs (Az. 3 StR 163/23). Als Begründung führte er auf, dass die Vereinbarung zwischen der Ärztin und dem Sanitätshaus gegen das Verbot der unzulässigen Zusammenarbeit zwischen Leistungserbringern und vertragsärztlich Tätigen gemäß § 128 Sozialgesetzbuch V verstoße. Der Krankenkasse entstehe bei Abrechnung dieser Leistungen ein Vermögensschaden, weil kein Anspruch auf Vergütung entsprechender Leistungen bestehe.

Darüber hinaus bestätigte der Bundesgerichtshof die Verurteilung der Vertragsärztin wegen Bestechlichkeit im Gesundheitswesen nach § 299 a StGB, da sie sich einen wirtschaftlichen Vorteil in Form von Geldzahlungen und ersparten Aufwendungen verschafft hatte.

Literatur beim Verfasser.