Liebe Leserinnen und Leser,

ich nehme an, dass wir alle auf einen schönen Frühling zurückblicken können, wenn Sie dieses Heft erhalten.

Den Optimismus, den ein Frühling mit sich bringt, glauben wir auch in der Diskussion auf der Sitzung der Herausgeber unserer Zeitschrift gefunden zu haben.

Die Ergebnisse der Aktivitäten der manualmedizinischen Gesellschaften in den letzten 10 Jahren zusammengefasst, zeigen, dass die manuelle Medizin (MM) eine Reihe struktureller und inhaltlicher Erweiterungen erfahren hat. Dazu zählen insbesondere:

  • die Erstellung eines Musters für ein European Curriculum MM,

  • die Leitlinien zur Grundausbildung und Sicherheit in manueller/muskuloskeletaler Medizin der FIMM,

  • die Bildung eines Multidisciplinary Joint Committee (MJC) der MM im europäischen Verband der fachärztlichen Berufsverbände (UESM),

  • das Kursbuch der Bundesärztekammer mit 320 h Weiterbildung in MM,

  • das Kursbuch osteopathische Verfahren mit 120 h Aufbaukursen zur MM,

  • die Erklärung der DGMM zu den osteopathischen Verfahren für die Physiotherapeuten,

  • neue umfangreiche Lehrbücher der SAMM, überarbeitete Lehrbücher der ÄMM,

  • die kontinuierliche fachliche Fortbildung (CME) in unserer Zeitschrift sowie

  • die Integration von Ergebnissen aus der Grundlagenforschung (translationale Forschung).

Mittlerweile gibt es Verflechtungen der MM mit andern medizinischen Teilbereichen, viele andere Fachgebiete integrieren direkt oder indirekt Inhalte der MM: so z. B. der Eingang in die Leitlinien „Schmerztherapie“ und „Rehabilitation“. Besonders erwähnt seien hier auch die Bedeutung in der Sportmedizin, wie im Heft 2 von Manuelle Medizin gezeigt werden konnte, der in der DGMM gefundene Konsens zur Behandlung von Kleinkindern, die zusammen mit Vertretern der Zahnmedizin erarbeiteten Ergebnisse zum kraniomandibulären System sowie die klinischen Erfolge der nichtoperativen/manualmedizinischen Kliniken (ANOA).

Der Springer-Verlag hat die Nutzung der CME-Fortbildung in Manuelle Medizin ausgewertet und festgestellt, dass im Verhältnis zur Zahl der Abonnenten die Anzahl 680 der Teilnahmen im Jahre 2013 noch steigerungsfähig ist. Es sei hier noch einmal der Hinweis gestattet, dass alle Abonnenten digitale Zugriffsrechte haben und damit auch für die Teilnahme an der Weiterbildung berechtigt sind. Gerne greifen wir auch Ihre Vorschläge für Sie interessierende CME-Themen auf.

Erinnert sei auch an die Nutzung des Online‐Archivs auf http://www.springermedizin.de. Falls Sie Abonnenten des e.Med‐Pakets sind, können Sie – nach einmaliger Online-Registrierung unter www.springermedizin.de – kostenfrei auf die Inhalte aller Fachzeitschriften zugreifen. Bei Klick auf einen Artikel wird dem registrierten Nutzer direkt der Volltext aufgespielt. Im letzten Jahr lag die Zahl der Seitenaufrufe der Zeitschrift Manuelle Medizin bei etwa 9.300.

Über Leserzuschriften freue ich mich immer sehr. Das Anliegen unserer Zeitschrift ist ja auch die Diskussion des „Handwerkszeugs“ in der MM. Jede Zuschrift lässt hoffen, dass sie die Diskussion anregt und die vielleicht zu wenig gepflegte Kultur des gegenseitigen Meinungsaustauschs belebt.

Seit dem Bestehen unserer Zeitschrift erweitert sich der Kreis der Kollegen wissenschaftlich aktiver europäischer Manualmediziner, und dies erfreulicherweise in den letzten Jahren zunehmend. An einer Validierung der manuellen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden arbeiten viele der Autoren in der MM. Es haben sich aber auch Interessengruppen von Wissenschaftlern in der ESSOMM (http://www.ESSOMM.eu) oder in der IAMMM (http://www.IAMMM.net) mit diesem Ziel zusammengefunden, um den Prozess zu beschleunigen.

Aussagen zu einzelnen manualmedizinischen Techniken sind immer auch mit individueller Erfahrung belegt, die wiederum von der Individualität der Patienten und den Vorerfahrungen des Behandlers abhängt. In der MM gibt es den Prozess, dass aus individuellen Erfahrungen kollektive Erfahrungen werden. Die individuellen Erfahrungen kommen fast überwiegend von den in eigenen Praxen tätigen Ärzten und Physiotherapeuten. Es lässt sich aber nur verbal weitergeben, was haptisch wahrgenommen und feinmotorisch ausgeführt wird – ein gewisses Dilemma, denn mit diesem verbalen Wissen muss die nächste Generation wiederum eigene Erfahrungen sammeln – deshalb die Schulen, deshalb unterschiedliche Erfahrungen, deshalb unterschiedliche Meinungen, deshalb die Notwendigkeit der Diskussion und des kollegialen Erfahrungsaustauschs.

Aus den Beiträgen in unserer Zeitschrift ist ersichtlich, dass sich die Lehrmeinungen der einzelnen Schulen in vielen essenziellen Positionen angenähert haben. Dies kommt, wie eingangs betont, in gemeinsamen Kursbüchern, in einem europäischen Curriculum und in den „Leitlinien zur Grundausbildung und Sicherheit in manueller Medizin“ der FIMM zum Ausdruck.

Ein ganz anders Thema ist aber die Evidenz einzelner Techniken, die ja individuell anamnese- und befundgeleitet eingesetzt werden. Ihre Wertigkeit ergibt sich fast ausschließlich erst aus der Zusammenschau der Symptome und Ergebnisse mehrerer Tests. Hier liegt auch die Schwierigkeit einzelner Studien: Ergebnisse einzelner Studien gelten immer nur für das untersuchte Patientengut und das eingesetzte Studiendesign, Mängel im Studienaufbau nicht zu vergessen.

Der akademische Hintergrund der MM ist in Entwicklung begriffen, er wird es künftig hoffentlich gestatten, wie von vielen gefordert, auch über Reviewverfahren zu wissenschaftlich ausgerichteter Ergebnisdarstellung zu gelangen.

In dieser Zeitschrift möchte ich Sie besonders auf die beiden Arbeiten von Böhni u. Gautschi zum Problemkreis „Muskelschmerzen“ aufmerksam machen. Wir benötigen solche Übersichtsartikel, um die einzelnen Seiten des Gebäudes der MM intensiver zu betrachten. Leider gibt es aufgrund der heutigen Freiheit des Gesundheitsmarkts Erscheinungen, dass einzelne Konzepte der MM zu selbstständigen „Therapien“ erklärt werden.

Die Arbeit von Windisch et al. „Validität und Reliabilität klinischer Stabilitätstests bei hochzervikalen Instabilitäten“ überprüft, wie valide und reliabel Stabilitätstests sind, um Aussagen zu betroffenen Strukturen zu machen und so bildgebende Verfahren effizienter einzusetzen sowie Zuweisungen für die Radiologen klarer zu definieren. Eine gründliche klinische Argumentation für eine kognitiv-funktionelle Behandlung eines Patienten mit chronischen Rücken- und Beinschmerzen liefert Zeybeker.

Bitte beachten Sie auch die Abstracts der auf dem Symposium der IAMMM 2013 gehaltenen Vorträge. Das diesjährige Symposium der IAMMM findet am 30. Oktober in Berlin statt.

Mit freundlichen Grüßen

L. Beyer