Zusammenfassung
Rortys Kriterium einer praktisch brauchbaren Theorie ist, dass sie uns ermutigt, die Welt zum Besseren zu verändern und die Zukunft von den Fesseln der Vergangenheit und ihrer geistigen und materiellen Herrschaft zu befreien. Seine Unterscheidung von vergangener Herrschaft und zukünftiger Freiheit deckt sich mit der von links und rechts, an der sich auch die Kritische Theorie orientiert. Insofern ist Rortys Pragmatismus kritische Theorie. Da aber auch die Kritische Theorie vom Vorrang der Praxis ausgeht, ist sie Pragmatismus. Das gilt für Horkheimer und Adorno ebenso wie für Habermas und zeigt bei allen eine breite Übereinstimmung (Utopismus, Dualismuskritik, Ablehnung der Korrespondenztheorie, usw.) mit dem Pragmatismus. Als Differenz zu Rorty bleibt der Wahrheitsbegriff, den die Frankfurter (mit Pragmatisten wie Peirce oder Putnam) für unverzichtbar halten.
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Notes
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Adorno hat darauf mit der treffenden Retourkutsche der erpressten Versöhnung geantwortet (1981, S. 281 ff.).
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Der Satz: “The cure for the ills of democracy is more democracy” wird gewöhnlich John Dewey zugeschrieben, scheint aber von Jane Adams, einer feministischen Pragmatistin, die in Chicago u. a. mit George Herbert Mead zusammengearbeitet hat, zu stammen, vgl. Adams (1902, S. 8); zum Verhältnis von Dewey und Addams s. Kap. 3 in diesem Band.
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Darin hat Rorty übrigens die eigentliche Leistung von Ernst Tugendhats Werk gesehen, vgl. Rorty (1985).
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Das Zitat ist von Rorty. Ich habe die genaue Quelle im Netz nicht wiedergefunden, lediglich, dass ich selbst es ohne Quellenangabe in der ZEIT 42/ 1997 zitiert habe (vgl. Brunkhorst 1997).
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Eine ausgezeichnete Studie zu Foucaults Machttheorie ist Fink-Eitel (1989).
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In dem Text von 1937 geht es nicht direkt um den Pragmatismus, sondern vor allem um Autoren des Wiener Kreises wie Carnap und Reichenbach. Erstmals rückt Horkheimer auch von Neurath ab, mit dem er befreundet war und auf den er sich bis Mitte der 1930er Jahre affirmativ bezieht.
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Ähnlich wie Rorty die Wissenschaft und die wissenschaftliche Methode Deweys von der Kunst und der ästhetisch „experimentellen Gesinnung“ (Rorty 1990, S. 288) her versteht und die Unterschiede verwischt, versteht auch Adorno Denken und Theorie von der experimentellen ästhetischen Erfahrung her, vgl. nur den späten Text, Adorno (1977).
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Nabokovs Roman bringt auch das zweite, für Adorno ebenso wichtige Kriterium moderner Kunst zur Geltung, dass diese nicht nur deshalb einen moralischen Wert hat, weil sie uns für Leiden, sondern auch noch für die durch Moral selbst verursachten empfänglich machen. Das ist aber genau die Dimension der Kunst, die es Rorty verbietet, Selbsterschaffung in Solidarität aufgehen zu lassen. Gelungen sind Kunstwerke für Adorno erst, wenn sie beide Kriterien erfüllen.
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Im Gegensatz zu Adorno, spielt der Unterschied zwischen künstlerischer Avantgarde und Modernismus und Nachhut und Klassik bei Dewey und Rorty kaum eine Rolle. Da sich beide jedoch von vornherein am Experimentalismus orientieren, verhalten sie sich wie Adorno (und der von ihm gefeierte Max Bense, vgl. Adorno 1965, S. 36 ff.) zur Kunst im Modus des wissenschaftlichen (Dewey) bzw. ästhetischen (Rorty) Modernismus.
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Adorno (1971, S. 125) beschreibt das autonom werden der Dinge als „Überflügeln“ der „Dingwelt durch ihr eigenes Dinghaftes, ihre artifizielle Objektivation. Beredt werden sie kraft der Zündung von Ding und Erscheinung. Sie sind Dinge, in denen es liegt zu erscheinen. Ihr immanenter Prozess tritt nach außen als ihr eigenes Tun, nicht als das, was Menschen an ihnen getan haben und nicht bloß für die Menschen.“
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So auch Adorno (1971, S. 140): „Mit der Eliminierung des Abbildprinzips in Malerei und Plastik, des Floskelwesens in der Musik wurde fast unvermeidlich, dass die freigesetzten Elemente: Farben, Klänge, absolute Wortkonfigurationen auftraten, als ob sie bereits an sich etwas ausdrückten. Das aber ist illusionär: beredt werden sie einzig durch den Kontext, in dem sie vorkommen.“
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Vgl. Marcuses Bemerkung zu Deweys directive power gesellschaftlicher Hypothesen (Marcuse 1941, S. 148).
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„Die Gliederung der Welt bietet sich der Sprache mehr oder weniger an.“ (Kamlah und Lorenzen 1967, S. 48). Die „Unterscheidungen, mit denen wir die Welt gliedern,“ sind der Welt „‘besser‘ oder schlechter‘, […] mehr oder weniger angemessen“ (Kamlah und Lorenzen 1967, S. 49). Die „Sprache sucht sich einerseits der Welt und ihrer sich aufdrängenden Gliederung mehr oder weniger anzupassen, indem sie andererseits der Welt [in der Welt] eine Gliederung erst gibt. Die Welt ‚besteht‘ nicht aus Gegenständen (aus ‚Dingen an sich‘), die erst nachträglich durch den Menschen benannt würden, ‚entsteht‘ aber auch nicht erst mit der Sprache zugleich.“ (Kamlah und Lorenzen 1967, S. 49).
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So könnte man auch Rorty verstehen, obwohl er das sicher zurückweisen würde, s. nur Rorty (1994a, S. 114 f.).
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„Der radikale Gedanke des ‚Nichts‘ ist monotheistischen Ursprungs. Er stammt nicht aus dem ontischen Bereich der Abwesenheit oder Verminderung des Seienden, sondern aus dem historischen und lebensgeschichtlich-existentiellen Erfahrungsbereich des Verfehlens und der Vernichtung, der Entbehrung und der sinnlosen Leere.“ (Habermas 2016, S. 301).
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Brunkhorst, H. (2021). Richard Rortys Kritische Theorie und der Frankfurter Pragmatismus. In: Petersen, F., Seeliger, M., Brunkhorst, H. (eds) Pragmatistische Sozialforschung. J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-62172-1_2
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