Zusammenfassung
Grundlegend für ethisch schwierige Entscheidungsfindungen im Pflege-und Gesundheitswesen ist aus juristischer Sicht das Spannungsfeld zwischen dem Recht auf freie Selbstbestimmung über die eigene Gesundheit („Freiheit zur Krankheit“) und dem Auftrag der staatlichen Gemeinschaft, notfalls vor einer Selbstgefährdung zu schützen. Im Konfliktfall geht verfassungsrechtlich die Freiheit zur Krankheit dem Schutzauftrag des Staates vor, sofern das Selbstbestimmungsrecht über die eigene Gesundheit in freier Willensbestimmung ausgeübt wird. Aber wer beurteilt nach welchen Kriterien, ob jemand mit freiem Willen eine medizinische oder pflegerische Maßnahme ablehnt? Wo sind die Grenzen der Freiheit zur Krankheit und wann dürfen kranke Menschen notfalls mit Zwang vor sich selbst geschützt werden? Wann ist ihr Wille frei und wann wissen sie nicht was sie tun? Warum eine Antwort auf diese Fragen in der Praxis oft so schwer fällt, soll an Hand ausgewählter Behandlungssituationen dargestellt werden.
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Notes
- 1.
Art. 2 (1) GG. Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. Art. 2 (2) GG Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
- 2.
Art. 1(1) GG: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
- 3.
1 BvL8/15, Rn. 103.
- 4.
Beschluss vom 18. Juli 1967 (VerfGE 22, 180/219 f.).
- 5.
BGH, NJW 1972, 335, BGH, Urteil vom 28.11.1957, 4 Str 525/57, BGH B.v. 14.03.2012 – XII ZB 502/11 (FamRZ 2012, 869).
- 6.
Z. B. AWMF-Leitlinie „Einwilligung von Menschen mit Demenz in medizinische Maßnahmen“. https://www.awmf.org/leitlinien/108-001.
- 7.
Deutsches Ärzteblatt 15. April 2016 | DOI: 10.3238/arztbl.2016.zeko_baek_StellEntscheidung2016_01.
- 8.
Ebd.
- 9.
Ebd.
- 10.
- 11.
Das Gesetz zur Reform der Vormundschafts-und Betreuungsrechts vom 4. März 2021 (BGBL.I S. 882) sieht u. a. ein Ehegattenvertretungsrecht in Gesundheitsangelegnheiten vor.
- 12.
Ab 01.01.2023 sind Ehegatten in Gesundheitsangelegenheiten vertretungsberechtigt, wenn für diesen Bereich keine Vollmacht erteilt oder kein Betreuer bestellt worden ist.
- 13.
Ab 01.01.2023: § 1827 BGB.
- 14.
BGH 17. März 2003 XII ZB 2/03.
- 15.
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 108 | Heft 7 | 18. Februar 2011.
- 16.
2 BvR 2270/96.
- 17.
1 BvL 8/15.
- 18.
Ab 01.01.2023 § 1832 BGB.
Literatur
Bundesärztekammer (2011) Grundsätzen der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung. Dtsch Arztebl 108(7):A-346/B-278/C-278
Deutscher Ethikrat (2018) Hilfe durch Zwang? Professionelle Sorgebeziehungen im Spannungsfeld von Wohl und Selbstbestimmung, Berlin. https://www.ethikrat.org/themen/gesellschaft-und-recht/wohltaetiger-zwang. Zugegriffen am 30.05.2020
Zentrale Ethikkommission bei der Bundesärztekammer (2016) Entscheidungsfähigkeit und Entscheidungsassistenz in der Medizin (26.02.2016). http://www.zentrale-ethikkommission.de/downloads/StellEntscheidung2016.pdf. Zugegriffen am 30.05.2020
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Stolz, K. (2022). Systematische ethische Analyse, Reflexion und Entscheidungsfindung aus juristischer Perspektive. In: Riedel, A., Lehmeyer, S. (eds) Ethik im Gesundheitswesen. Springer Reference Pflege – Therapie – Gesundheit . Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-58680-8_88
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