Zusammenfassung
Der Sinn ihrer Arbeit ist von großer Bedeutung für die Identifikation von Beschäftigten mit ihrer Arbeit. Allerdings sind verschiedene Dimensionen sinnvoller Arbeit zu unterscheiden. Zunächst arbeiten die Menschen auch deshalb, weil sie hiermit ihren Lebensunterhalt verdienen müssen, in dieser Hinsicht hat die Arbeit also eine instrumentelle Bedeutung. Aber nur selten reduziert sich die Arbeitsorientierung der Beschäftigten hierauf. Wenn sie den Anspruch haben, dass ihre Arbeit sinnvoll ist, dann beziehen sie sich oft auf deren sozialen oder gesellschaftlichen Nutzen und darauf, ob die Arbeit sinnvoll, also effizient und ihre Fähigkeiten nutzend, auszuführen ist. Gegenwärtig wird der Sinn von Arbeit verbreitet darin gesehen, dass sie „Spaß mache“ und Selbstverwirklichung ermögliche; ihr Sinn liegt dann in der Arbeitsausführung selbst. Zwischen diesen Dimensionen sinnvoller Arbeit gibt es vielfältige Wechselbeziehungen, die im Aufsatz skizziert werden. Beschäftigte rahmen auch Arbeit, die nicht sinnvoll erscheint, oft so, dass sie ihr Sinn zuschreiben können. Nicht nur die Erfahrung von Sinnlosigkeit in der Arbeit, sondern auch eine mit Sinnerleben verbundene (Über-)Identifikation mit der Arbeit kann – im Lebenszusammenhang betrachtet – mit psychischen Belastungen verbunden sein. Dies wird an Beispielen aus einer empirischen Untersuchung verdeutlicht.
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Notes
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Die Studie wurde von Nora Alsdorf, Ute Engelbach, Sabine Flick, Rolf Haubl und Stephan Voswinkel am Institut für Sozialforschung Frankfurt a. M. und dem Sigmund-Freud-Institut Frankfurt a. M. durchgeführt.
- 2.
Es versteht sich, dass die angeführten Personen pseudonymisiert sind
- 3.
Das Verhältnis von Arbeitsbedingungen und psychischer Erkrankung ist nicht eindimensional kausal. Vielmehr ist es das Zusammenspiel von Arbeitsbedingungen und psychischer Vulnerabilität, das zu einer Erkrankung führen kann. Dies kommt im Begriff der „Situation“ zum Ausdruck, der gemäß dem „Thomas-Theorem“ („If men define situations as real they are real in their consequences.“ (Thomas und Thomas 1928, S. 572) die subjektive Deutung objektiver Bedingungen zu fassen versucht.
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Weitere Typen belastender Arbeitssituationen zeichnen sich durch Missachtungserfahrungen und Gratifikationskrisen, durch unbestimmte Erwartungen in der Arbeit und Führungsdefizite, übermäßige Kontrollen der Arbeit und durch entgrenzte Arbeitsweisen und schwierige Arbeitssituationen im Kundenkontakt aus.
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Voswinkel, S. (2018). Was erleben Beschäftigte als sinnvolle (bzw. sinnlose) Arbeit? Gesundheitliche Belastungen durch Erfahrungen von Sinnlosigkeit. In: Badura, B., Ducki, A., Schröder, H., Klose, J., Meyer, M. (eds) Fehlzeiten-Report 2018. Fehlzeiten-Report, vol 2018. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-57388-4_16
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