Zusammenfassung
Die Frage nach den Akteuren der Konfliktregelung muss berücksichtigen, dass der Fluchtpunkt des vormodernen Verfahrens weniger darin zu sehen ist, zu einer sachangemessenen Entscheidung zu kommen oder allgemein zum Rechtsfrieden beizutragen. Bei der Einbeziehung unterschiedlicher Personen und Personengruppen in die Rechtsfindung fand vergleichsweise unmittelbar der stratifikatorische Aufbau der Gesellschaft ebenso Berücksichtigung wie die herausragende Bedeutung, die den unterschiedlichsten Personenverbänden (etwa bei der Frage der Zuständigkeit) zugewiesen wurde. Dem widerspricht nicht, dass auch die vormoderne Konfliktbearbeitung eines eigenen Diskursraums bedurfte, zu dessen ephemere Einrichtung ‚Assistenzfiguren‘ wie etwa der Fürsprecher beitrugen. In diesem Zusammenhang erweist sich die Zuziehung von Schreibern und Notaren als janusköpfig, da sie einerseits durch das Verlesen von Schriftstücken die Andersartigkeit des Kommunikationsraums akzentuierten, ihre Beschäftigung zugleich aber die Möglichkeit eröffnete, zu einer größeren Sachangemessenheit bei der Beurteilung des Konflikts zu gelangen. Vor diesem Hintergrund wird man auch zu berücksichtigen haben, dass die zunehmende Beschäftigung juristisch gebildeten Personals nicht nur als Weg in die Professionalisierung gedeutet werden kann, sondern gleichfalls einen Beitrag zur Heraushebung der Konfliktbearbeitung aus der Alltagskommunikation leistete.
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