Zusammenfassung
In diesem Beitrag wird der Film Liebesleben von Maria Schrader – nach dem gleichnamigen Roman von Zeruya Shalev – mit Blick auf die Bedeutungen und filmischen Inszenierungen des Sexuellen analysiert. Im Zentrum steht die Liebesgeschichte einer jungen Frau in Israel, die über ihre sexuelle Leidenschaft für einen erheblich älteren Mann, einst Freund der Eltern, die Liebes-, Beziehungs- und Leidensgeschichte von Mutter und Vater aufdeckt und damit ihrer eigenen Bedeutung und Rolle in der Familie auf die Spur kommt. Sexualität erweist sich dabei als Medium der Identitätssuche und der Selbsterkenntnis, das in zunächst verstörenden Bildern entfaltet wird, die eine Art mächtig-ohnmächtiger Obsession der Protagonistin zum Ausdruck bringen. Methodisch wird ein Verfahren mehrschichtiger szenischer Analyse von Sinnstrukturen vorgeschlagen, bei der die gegenstandsbezogene ästhetisch-formale und inhaltliche Gestaltung des Werks zugleich als eine spezifische Deutung der mit dem Werk aufgeworfenen Fragen, Irritationen und Rätsel begriffen wird, als Deutung jener Deutung, die das Kunstwerk selbst entfaltet.
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Damit rekurriert der Film auch auf die biografischen Erfahrungen Shalevs, die infolge eines Bombenattentats auf einen Bus verletzt wurde.
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Benzel, S., King, V., Schreiber, J. (2017). Sexualität als Medium der Identitätssuche. In: Laszig, P., Gramatikov, L. (eds) Lust und Laster. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-53715-2_14
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