Skip to main content

Persönliche Erinnerungen an die Entwicklung der Philosophischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und an diverse eigene Engagements

  • Chapter
  • First Online:
Menschen, Macht und Mythen
  • 574 Accesses

Zusammenfassung

Ausgehend vom Bild einer überschaubaren deutschen Ordinarienuniversität ohne akademischen Mittelbau in den Nachkriegsjahren verfolgt Dieter Oberndörfer in seinen persönlichen Erinnerungen die Wandlungen der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Rahmen der bildungspolitischen Debatte sowie des präzedenzlosen Anstiegs des Lehrkörpers und der Studierendenzahlen in den sechziger Jahren. Ein Schwerpunkt liegt diesbezüglich auf dem Ringen um eine neue universitäre Grundordnung und die damit verbundenen Konflikte zwischen Professorenschaft, akademischem Mittelbau und Studierenden.

Für Conchita Hübner-Oberndörfer

Der Beitrag wurde aus Manuskripten meiner Erinnerungen erstellt (u. a. Oberndörfer 2004)

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Subscribe and save

Springer+ Basic
$34.99 /Month
  • Get 10 units per month
  • Download Article/Chapter or eBook
  • 1 Unit = 1 Article or 1 Chapter
  • Cancel anytime
Subscribe now

Buy Now

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 59.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as EPUB and PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 79.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Similar content being viewed by others

Notes

  1. 1.

    Für die Zulassung zum Studium an renommierten Medical Schools der USA wurde noch in den fünfziger Jahren der Nachweis von Kenntnissen des Deutschen verlangt. Eine Kommission amerikanischer Historiker besuchte in den fünfziger Jahren Freiburg, um die Spuren bedeutender Historiker der USA zu beleuchten, die dort vor dem ersten Weltkrieg bei Friedrich Meinecke studiert hatten.

  2. 2.

    Der deutsche Nationalismus hatte sich in den „Befreiungskriegen“ mit Philosophen der Romantik wie Johann Gottlieb Fichte und Gottfried Herder gegen den globalen französischen Nationalismus als ethnisch/völkischer Nationalismus gebildet. Dieser hatte eine ebenso weltweite Resonanz wie später Marx und der Marxismus. Zum ethnischen Nationalismus und seiner Prägung durch die deutsche Romantik (Oberndörfer 1987, 1993a, b, 1994, 1996, 2005).

  3. 3.

    Vgl. hierzu Eckhart Wirbelauer (2007), insbesondere zu den politischen Einstellungen der Professoren der philosophischen Fakultät im Nationalsozialismus.

  4. 4.

    Im Kollegiengebäude I der Freiburger Universität finden sich in der Eingangshalle Gedenktafeln der Namen der zahleichen ehemaligen jüdischen Studierenden und Mitarbeiter/innen Freiburgs. Sie wurden von Wolfgang Jaeger in dessen Rektorat veranlasst. Sie vermitteln ein Bild des Ausmaßes der zahlreichen Verfolgungen in der NS–Zeit. Den Angehörigen der Universität müssen diese auch in ihrem Alltag „sichtbar“ gewesen sein.

  5. 5.

    Ich studierte 1949/1950 in München Philosophie, Theologie und Geschichte. Nach einem einjährigen Aufenthalt am Davidson College, N.C. wechselte ich von 1952–1967 nach Erlangen und Freiburg (Oberndörfer 2000, 2007, 2017).

  6. 6.

    Angesehene Professoren wie der Kunsthistoriker Kurt Bauch, der Musikwissenschaftler Wili Gurlitt oder die Historiker Herbert Nesselhauf, Gerd Tellenbach, Clemens Bauer und Gerhard Ritter hatten keine Assistenten.

  7. 7.

    Als Arnold Bergstraesser in der Fakultät zweistündige (bezahlte!) Lehraufträge für seine Assistenten beantragte, um ihnen Lehrerfahrungen zu ermöglichen, stieß dies auf herbe Kritik. Dergleichen hatte es bis dahin nicht gegeben.

  8. 8.

    Die Ausstattung der Lehrstühle mit Sekretärinnen als Folge der Vermehrung der Studierenden verlor ihre Dringlichkeit durch die Digitalisierung.

  9. 9.

    Zur Rolle Gerd Tellenbachs für die Etablierung eines Studium Generale in Freiburg (Schwarz 1966).

  10. 10.

    Zu den Dienstaufgaben der Professoren gehörte noch nicht die zeitaufwendige Gewinnung von Drittmitteln und anderen Beschäftigungen, die zwangsläufig auf Kosten des Engagements für Lehre und Forschung gehen und die gerade auch für gute Wissenschaftler keineswegs besonders geeignet sein müssen.

  11. 11.

    Mein Großvater ist dafür ein Beispiel. Er war der Sohn eines von Mühle zu Mühle wandernden Mühlsteinschleifers in der bayerischen Oberpfalz. Drei von seinen sieben Geschwistern sind in Mühlbächen ertrunken, da die Eltern bei der Arbeit nicht auf ihre Kinder aufpassen konnten. Der Pfarrer der Ortsgemeinde erkannte die Begabung des Knaben und ermöglichte ihm mithilfe des Patronatsherrn der Ortskirche den Besuch des Gymnasiums in Bamberg und danach ein Hungerstudium der Altphilologie in Erlangen. Als wissenschaftlich tätiger Gräzist und Direktor eines humanistischen Gymnasiums wurde er zuletzt mit dem Titel „Geheimer Studienrat“ geehrt.

  12. 12.

    Daher konnte ich 1950 an der Münchner Universität ohne Widerspruch schon im zweiten Semester meines Studiums in das Hauptseminar des Theologen Michael Schmaus über die Summa Theologica des Thomas von Aquin aufgenommen werden.

  13. 13.

    Extraordinarien verschwanden mit der Verleihung des Titels „persönlicher Ordinarius“ aus den Vorlesungsverzeichnissen. „Außerplanmäßige“ Professuren wurden jetzt aus neuen Planstellen für wissenschaftliche Räte oder Diätendozenten besoldet.

  14. 14.

    Davon 8 wissenschaftliche Räte und 27 Diätendozenten.

  15. 15.

    Wissenschaftliche Hilfskräfte und solche mit abgeschlossenem Studium, sogenannte wissenschaftliche Mitarbeiter.

  16. 16.

    Die Honorare von Lehraufträgen mit DM 1200 (für zwei Stunden pro Semester) blieben bis zur Jahrhundertwende konstant und waren daher für die Gewinnung zusätzlicher Lehrkräfte zuletzt nur noch „ehrenhalber“ interessant.

  17. 17.

    Tutoren im Colloquium Politikum der Universität waren zunächst Manfred Hättich, danach meine Person. Ich erinnere mich noch an meine persönliche Vorstellung bei den Hochschulgruppen, da mich der Vorsitzende der liberalen Studenten mit einer Erklärung zur Notwendigkeit des Gebrauchs der Guillotine der französischen Revolution erschreckt hat.

  18. 18.

    So konnte ich 2008 mit meiner Frau in Düsseldorf den 80. Geburtstag Walter Fehlings mit Freunden aus den politischen Hochschulgruppen der frühen fünfziger Jahre feiern. Fehling war ehemaliger Sprecher des SDS, Doktorand Arnold Bergstraessers, zeitweiliger Mitarbeiter des von Bergstraesser gegründeten Instituts für politische Bildung in Buchenbach und zuletzt Ministerialrat im Innenministerium NRWs. Teilnehmer an seiner Geburtstagsfeier waren u. a. Rolf Böhme, ehemaliger OB Freiburgs, vormals SDS, Adolf Theis, vormals Vorsitzenden des liberalen Studentenbundes (erfolgreicher ehemaliger Rektor der Universität Tübingen) und andere Mitglieder der frühen politischen Hochschulgruppen Freiburgs. So z. B. Barbara Schäffer Hegel, vormals SDS und Gründerin der „Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft Berlins“.

  19. 19.

    Hans Weiler, 1964–1967 stellv. Direktor des Arnold-Bergstraesser-Institut, 1968 Prof. Stanford University, 1998 Rektor der Europa Universität Viadrina, Frankfurt/Oder. Theo Hanf, stellv. Direktor Arnold-Bergstraesser-Institut 1972 und Direktor bis 2006. Danach Direktor des UNESCO Instituts Centre International des Sciences Hommes, Libanon.

  20. 20.

    Eigene Habilitanden (H) und/oder Doktoranden (D): Wolfgang Jaeger (H, D), Politikwissenschaft, Freiburg, Hermann Avenarius (D), Bildungssoziologie, Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung, Frankfurt. Günter Behrmann (D), Politische Bildung, Potsdam. Klaus Bodemer (D), Politikwissenschaft, GIGA Hamburg. Herbert Dittgen (D), Politikwissenschaft, Mainz (gest.). Gero Erdmann (D), GIGA Hamburg (gest.), Michael Fremerey (D), Agrarpädagogik, Kassel. Wolfgang Gessenharter (D), Politikwissenschaft Hamburg (gest.). Ulrich Eith (D), Politikwissenschaft, Freiburg. Klaus Faupel, (H, D) Politikwissenschaft, Salzburg (gest.). Rainer Hoffmann (H, D), Politik und Geschichte Ostasiens, Freiburg, Lehrbeauftragter Basel. Andre Kaiser (D), Politikwissenschaft, Köln. Helmut Köser (H, D), Politikwissenschaft, Freiburg. Brücke-Most-Stiftung, Freiburg/Dresden/Prag. Gerd Mielke (D), Politikwissenschaft, Mainz. Manfred Mols (D), Politikwissenschaft, Mainz (gest.). Hans-Otto Mühleisen (D), Politikwissenschaft, Augsburg. Hans Rattinger (H, D) Politikwissenschaft, Bamberg. Jakob Rösel (H, D), Politikwissenschaft, Rostock. Beate Rosenzweig (D), Politikwissenschaft, Freiburg. Jürgen Rüland (H, D), Politikwissenschaft, Freiburg. Werner Ruf (D), Politikwissenschaft, Kassel. Karl Schmitt (H, D), Politikwissenschaft, Jena. Mathias Schmitz (D), Politikwissenschaft, Regensburg. Heribert Weiland (H, D), Politikwissenschaft, Freiburg. Nikolaus Werz (H, D), Politikwissenschaft, Rostock. Jürgen Wolff (H, D), Soziologie, Bochum. Reinhard Zintl (D), Politikwissenschaft, Bamberg. Nicht erfassen konnte ich Schüler, die bei mir ihr Studium mit dem Magister abgeschlossen haben. Unter ihnen findet sich u. a. Peter Schof mit einer hervorragenden Magisterarbeit, Laufbahn im AA und Botschafter der Bundesrepublik Deutschland. Zunächst in Griechenland und zuletzt in Indonesien. Leider haben Frauen mit hervorragenden Magisterarbeiten bei mir Ihre Studien vor allem wegen familiärer Obligationen nicht mit einer Promotion fortgesetzt.

  21. 21.

    Manfred Hättich (H), Politikwissenschaft, München, Tutzing (gest.). Gottfried Karl Kindermann (H), Politikwissenschaft, München. Alexander Schwan (H), Politikwissenschaft, Berlin (gest.). Hans Peter Schwarz (H), Politikwissenschaft, Bonn (gest.). Da ich Widerstand gegen eine weitere Habilitation eines Schülers Bergstraessers in kurzer Folge befürchtete, vermittelte Clemens Bauer einen Kontakt zu Theodor Eschenburg in Tübingen. Eschenburg übernahm nach meinem Besuch in Tübingen die Habilitation von Schwarz.

  22. 22.

    Ich erinnere mich an ein Wochenendseminar des SDS 1956 in Todtnauberg in einem von der Universität angemieteten Haus mit Sicht auf Martin Heideggers mit Zipfelmütze sitzend gegenüber in seiner Hütte. In diesem Seminar kam es allerdings beinahe zur Spaltung des SDS – das war aber damals noch sehr ungewöhnlich.

  23. 23.

    Der Studentenrat in den „Informationen für Dozenten und Studenten der Albert-Ludwigs-Universität“ (Nr. 86 vom 23. November 1967). Dieses Flugblatt trägt das Siegel der Universität, wurde also von der Universitätsverwaltung gedruckt und verbreitet.

  24. 24.

    ASTA = allgemeiner Studentenausschuss. Im ASTA hatte der eher „rechte“ RCDS mit dem „Kreis unabhängiger Studenten“ (KUS) eine prekäre Mehrheit. Der Vorsitzende Gerhard Axel Schulte war wissenschaftliche Hilfskraft meines Kollegen Wilhelm Hennis. Die oppositionelle Minderheit im ASTA aus verschiedenen linken studentischen Gruppen firmierte als Arbeitsgemeinschaft Grundordnung (AGO).

  25. 25.

    In einem Flugplatt der AGO (vom 08. November 1968) zur Sprengung der ersten Lesung der Grundordnungsversammlung wird die Haltung des SDS wie folgt beschrieben: „Die Mehrheit der GOV 22 Ordinarien, werden eine Reform der Universität verhindern und nur ihre eigenen Interessen durchsetzen. Die Beteiligung der Studenten ist nur ein Feigenblatt für die Herrschaft der Ordinarien und verhindert so, dass die Studenten ihre eigenen Interessen wahrnehmen und erkennen. Deshalb müssen die Sitzungen der GOV umfunktioniert werden“. Die AGO widersprach dieser Einschätzung nicht, sondern rechtfertigte ihre Mitarbeit in der GOV mit dem Argument, durch die GOV werde „die tatsächliche Lage der Universität vermittelt“. Also mitmachen, um zu erkennen, dass eine Reform in der GOV nicht möglich ist.

  26. 26.

    Zur Arbeit der Kommissionen vgl. ASTA-Informationen (Nr. 7 vom 17. Oktober 1968).

  27. 27.

    Charakteristisch für die geringe Breitenwirkung, die der „studentische Protest“ bis dahin in der Freiburger Studentenschaft hatte, ist ein Protokoll der Fachschaft Politik über eine von ihr am 9. Juli 1968 einberufene Vollversammlung. Wegen der geringen Beteiligung der Studenten wurden Zweifel am Sinn der Fachschaftsarbeit berichtet. Von der Drittelparität oder Protest gegen das Hochschulgesetz ist keine Rede. Es wird bedauert, dass die Fachschaftsarbeit „trotz eines maßgeschneiderten Programms so wenig Resonanz gefunden hat“.

  28. 28.

    Vgl. dazu die ASTA-Dokumentation (Nr. 1 vom 6. November 1968), die Texte der Vorträge Prof. Weltes und Prof. Eggebrechts in der Uni-Presse.

  29. 29.

    Vgl. hierzu AGO (vom 14. November 1968) „Wer ist das Schwein?“ Im Flugblatt heißt es: „Dieser Vorfall gibt nur einen Beigeschmack von der Einstellung der Professoren in der GOV: Wir sollten in der heutigen Vollversammlung darüber sprechen, ob eine weitere Mitarbeit der Studenten in der GOV überhaupt noch sinnvoll ist […] Doch wir Studenten haben wenig Zeit: die Zwischenprüfung wird überall eingeführt, Studienzeitbegrenzungen machen sich breit, Staatsexamensanforderungen werden erhöht- das Studium wird immer mehr reglementiert.—Sie (die Professoren) starren wie gebannt auf die Drittelparität und ihre Kaiserkrone in den Instituten. Aber die wesentlichen Forderungen werden abgetan: Finanzautonomie der Universität, Demokratisierung der Institute, Drittelparität in den Fakultäten, Kampf der Universität gegen Eingriffe des Kultusministeriums. Die AGO wird den Professoren nicht als scheindemokratisches Feigenblatt dienen“. Mit der Überschrift „Wer ist das Schwein?“ wurde die Beleidigung in sehr viel schärferer Form zurückgegeben, obwohl inzwischen eine Entschuldigung vorlag.

  30. 30.

    Vgl. ASTA Informationen (vom 18. Dezember 1968). Der Auszug aus der Grundordnungsversammlung wird in diesem Flugblatt des ASTA wie folgt begründet: „Die Vertreter des ASTA in der GOV haben sich bis zuletzt bemüht, ihre Vorstellungen für eine neue Grundordnung durchzusetzen. Nachdem die Versammlung mit eindeutiger Mehrheit gegen die Stimmen der Studenten beschlossen hat, ausschließlich auf der Basis des Hochschulgesetzes weiterzuarbeiten, werden wir unsere weitere Mitarbeit in der GOV einstellen“.

  31. 31.

    Vgl. Konrad Hesse „Eine Chance vertan“ (ohne Datum, offensichtlich geschrieben kurz nach dem Auszug am 16. November 1968) sowie Brehm, Deppermann und Schneider „Manipulation – Vorsicht“ (ASTA/AGO Information vom 18. Dezember 1968).

  32. 32.

    Haupteinwand gegen die Flugblätter Konrad Hesses und der Assistentenvertreter ist die schon erwähnte Argumentation, dass die Drittelparität, die Öffentlichkeit der Gremien und anderes nicht mit dem Hochschulgesetz vereinbar gewesen wären. Richtig ist, dass paritätische Institutsräte nicht obligatorisch geworden wären. Treffend bemerkte Konrad Hesse in seinem Flugblatt: „Der Kampf gegen das Hochschulgesetz kann positive Reformen nicht ersetzen. Um diese geht es aber, und je länger sie hinausgezögert werden, desto schwerer werden die Schäden sein. Die Lahmlegung der Universität bei ihrer ureigenen Aufgabe, sich selbst eine Ordnung zu geben, muss notwendig zu Eingriffen des Staates führen, die die Autonomie der Universität in ihrem Kern treffen – als Folge derjenigen, die um der Autonomie Willen aus der GOV ausgezogen sind“.

  33. 33.

    Das Rektorat wurde Ort eines Gelages. Dabei wurde das Gästebuch der Universität mit Exkrementen verschmiert.

  34. 34.

    Ich erinnere mich an diesen Punkt, da ich mich als Dekan der philosophischen Fakultät für die Professoren mit dem Sprecher des Mittelbaus, dem Historiker Klaus Deppermann, später Professor in der philosophischen Fakultät Freiburgs, um die Integration des Mittelbaus ganz besonders bemühte. Ausschlaggebend für die Akzeptanz der „Dekanabilität“ war zu später Stunde mein Hinweis auf die in der neuen Grundordnung vorgesehene Verkleinerung der Fakultäten. In ihnen würde es schwieriger werden wirklich geeignete Kandidaten für das Amt des Dekans zu finden. Der Vorschlag habilitierte Dozenten für das Amt des Dekans wählbar zu machen, brachte mir jahrzehntelang die Aufgabe, Kandidaten für die Wahlen des Dekans meiner Fakultät zu suchen. Von der philosophischen Fakultät waren in der GOV als gewählte Mitglieder neben dem Rektor und dem Verfasser die Historiker Klaus Deppermann und Josef Fleckenstein anwesend.

  35. 35.

    Bei Abstimmungen über Berufungsvorschläge oder Habilitationsempfehlungen durfte die Mehrheit der Professoren auf zeitlich unbegrenzten Planstellen (C4 und C3) nicht überstimmt werden. Nach Meinung des Verfassers war diese Regel sinnvoll. Personalentscheidungen haben eine langfristige Bedeutung. Mögliche Fehlentscheidungen wirken sich auf nur vorübergehend an der Universität anwesenden Gruppen weit weniger aus als auf die Professoren mit unbefristetem Aufenthaltsstatus.

  36. 36.

    Im Seminar für neuere Geschichte wurde von anonymen studentischen Verfassern in einer Skandalschrift Persönliches aus dem Leben von Dozenten öffentlich ausgebreitet.

  37. 37.

    Einer der Eingeschlossenen hatte sich bereitgefunden, im Nebenzimmer mit unseren Kerkerren zu diskutieren. Er wurde nach mehreren Stunden frei gelassen und war dabei, wie er uns erzählte, von ihnen als „Urchrist“ beschimpft worden. In unserer damaligen Stimmung haben – wie ich befürchte – die Meisten dieser Verhöhnung zugestimmt.

  38. 38.

    Die Stellungnahmen der Presse zeichneten sich nicht eben durch eine wohlwollende Haltung gegenüber der Universität aus. Hämische Untertöne und Schadenfreude waren oft unverkennbar. Nicht selten waren die Stimmen, die unqualifizierte oder sogar die Grenze krimineller Verhaltensweisen überschreitenden radikaler Studenten als Auswüchse jugendlichen Ungestüms entschuldigten bestimmt, die von begreiflicher Ungeduld der Studenten gegenüber dem Egoismus reformfeindlicher Professoren sprachen. Von fruchtbarer Unruhe war die Rede und erneuerungswilligen Studenten wurde geradezu eine Ehremission zuerkannt, die mit den aus reinem Gewissen entsprungenen Protestaktionen den Weg in eine neue und bessere Zeit wiesen (Roemer 1982).

  39. 39.

    In einem Flugblatt wurde allerdings behauptet, nicht Wolfgang Jaeger, der Dekan, sei physisch angegriffen worden, sondern vielmehr sei ein Student von mir so sehr „gewürgt worden“, dass er „blau angelaufen“ sei. Da der Historiker Heinrich August Winkler bei diesem angeblichen Vorgang neben mir als Beobachter stand, konnte er mich von diesem Vorwurf entlasten. Die Attacken bei der Störung sollte ein im Auftrag des Kultusministers eingeleitetes gerichtliches Verfahren klären. Die Bemühungen eines einsamen Richters, in einer Verhandlung des Amtsgerichts am Freiburger Holzmarkt, scheiterten an der Widersprüchlichkeit der Aussagen der zitierten Zeugen.

  40. 40.

    Eigene Beobachtung: Ich traf den „einsammelnden“ Vorsitzender der Fachschaft wenig später zufällig in Berlin – von ihm freudig begrüßt – nun als Mitarbeiter der Verwaltung eines neuen Bundeslandes.

  41. 41.

    Ich hatte einen intensiven Austausch mit Hansjürg Steinlin über den Schutz der Tropenwälder (Der Spiegel 48/1988). Anlass waren meine Schriften zum Schutz der Tropenwälder durch Entschuldung (1989, 1990; Etzbach et al. 1991). Über eine Anhörung im Bundestag gab es unterschiedliche Einschätzungen des kriminellen Potenzials der Verwaltungen der Tropenwaldstaaten und der Holzexporteure. Ihre auch telefonischen Attacken auf meine Person waren hemmungslos.

  42. 42.

    1973 bis 1977 Direktor der Forrest Resources Division der Food and Agriculture Organization (FAO) in Rom. 1977–1980 Präsident der Westdeutschen Rektorenkonferenz (WRK).

  43. 43.

    Zu dessen Hochschulverständnis (Steinlin 2000). Durch Veranstaltungen mit dem Colloquium Politikum festigte Steinlin die Zusammenarbeit der Rektoren. Steinlin lud jeweils die Dekane und wichtige Mitglieder der Universität zu Empfängen wichtiger Gäste des Colloquium Politikum. Die Einführungen in ihre Vorträge und damit auch die Reaktionen auf eventuelle Störungen blieben mir, dem Referenten des Colloquium Politikum, vorbehalten. Diese Praxis wurde insbesondere im Rektorat des Theologen Bernhard Stöckle, fortgesetzt. Sie sicherte die Resonanz der Vorträge des Colloquium Politikum in den Fakultäten. Ich blieb damit stets mit den Dekanen der Fakultäten im Kontakt. Zur Würdigung Steinlins (Gauger 2001; Hildebrand 2004).

  44. 44.

    Zur Schlüsselrolle Bruno Boeschs für das Zustandekommen der GOV: „Der Besonnenheit des Sitzungsleiters, des damaligen Rektors Bruno Boesch, seinem Mut und seiner Standfestigkeit war es zu danken, dass am 17. März 1969 eine neue Grundordnung verabschiedet werden konnte“ (Roemer 1982, S. 32).

  45. 45.

    In Konstanz gab es schwere Konflikte bei einer bundesweiten Rektorenkonferenz. In ihr hat sich der damalige Ministerpräsident Baden-Württembergs Lothar Späth souverän gegen Störungen behauptet und eine Eskalation verhindert.

  46. 46.

    Ich merkte dies als ich 2001/2002 im Auftrag des Wissenschaftsministeriums Nordrhein-Westfalen, Minister Töpfers und der OECD eine Kommission zur Evaluierung des Zentrums für Entwicklungsforschung (ZCF) der Universität Bonn leitete, an der auch Prof. Paul Streeten (England) und Franz Nuscheler (Duisburg) beteiligt waren. Ich begegnete in Bonn einer lebendigen, aber noch erstaunlich traditionellen Universität.

  47. 47.

    Vgl. die Berliner Rede von Johannes Rau „Ohne Angst und ohne Träumereien: Gemeinsam in Deutschland“ (vom 12. Mai 2000) sowie sein Schlusswort beim Forum „Migration und Integration“ beim Ökumenischen Kirchentag (vom 30. Mai 2003).

  48. 48.

    Die Vorträge mit meinem Vorwort zur wissenschaftlichen Tagung des Rates für Migration (Bade 2001).

  49. 49.

    Mail von Markus Barths, des Referenten Raus (vom 18. Februar 2001) zur Gestaltung der Einladung des Rats an Klaus Bade (Archiv Dieter Oberndörfer).

  50. 50.

    Zu meinem Vater Hans Oberndörfer (vgl. Kaiser 2009): Ich wuchs mit Politik auf (Jahrgang 1929). Mein Vater hatte mit Wilhelm Simpfendörfer den Christlich-Sozialen Volksdienst in Bayern gegründet. Im Erdgeschoss des Hauses in dem wir wohnten, befand sich die erste Ortsgruppe der NSDP mit Julius Streicher. Die politischen Attacken der Nationalsozialisten auf meinen Vater – im Nürnberger Stadtrat, im Völkischen Beobachter der NSDAP und im Alltag – begleiteten die Gespräche in unserer vielköpfigen Familie. Es gab auch enge Kontakte meines Vaters zur rheinischen Kirche, insbesondre als die lutherischen Erlanger Theologen Althaus und Elert, drohten, der Barmer Erklärung und dem Kampf der Bekennenden Kirche im Rheinland aus enger konfessioneller Perspektive in den Rücken zu fallen.

Literatur

  • Bade, Klaus J. (2001): Integration und Illegalität in Deutschland. Osnabrück: IMIS

    Google Scholar 

  • Bruhns, Hinnerk (2017): Max Weber und der Erste Weltkrieg. Tübingen: Mohr Siebeck.

    Google Scholar 

  • Der Spiegel (1988): So isses. Auftrieb für die westdeutsche Öko-Bewegung, www.spiegel.de/politik/so-isses-auftrieb-fuer-die-westdeutsche-oeko-bewegung-a-f7e78e4f-0002-0001-0000-000013531908, 04.11.21.

  • Etzbach, Martina/Müller, Michael/Spannenberg, Joachim (Hrsg.) (1991): Rettet den Tropenwald! Mit einem Geleitwort von H.R.H. Prinz Charles. Bonn: Dietz.

    Google Scholar 

  • Gauger, Hans-Martin (2001): Hansjürg Steinlin 80 Jahre alt. In: Freiburger Universitätsblätter 40, 2001, S. 86–88.

    Google Scholar 

  • Harlan, Veit (1999): Demonstration von 1952. In: Freiburger Universitätsblätter 145, S. 199–206.

    Google Scholar 

  • Hildebrand, Ernst (2004): Hansjürg Steinlin zum Gedenken. In: Freiburger Universitätsblätter 43, S. 94–95.

    Google Scholar 

  • Kaiser, Johannes (2009): Hans Oberndörfer. In: Hansjörg/Kruis, Konrad (Hrsg.) Zeit der Bedrängnis, Lehrer des Wilhelmsgymnasiums in München 1933–1945. München: Anton Konrad, S. 130–142.

    Google Scholar 

  • Manfred Hättich (1999): Der Streit um die demokratische politische Kultur: Die Veit-Harlan-Demonstration 1952. In: Freiburger Universitätsblätter 145, S. 199–206.

    Google Scholar 

  • Oberndörfer, Dieter (1987): Die offene Republik. In: Die Zeit 47, www.zeit.de/1987/47/die-offene-republik, 04.11.21.

  • Oberndörfer, Dieter (1989): Schutz der Tropenwälder durch Entschuldung. München: Beck.

    Google Scholar 

  • Oberndörfer, Dieter (1990): Schutz der tropischen Regenwälder durch ökonomische Kompensation. In: Hoppe, Andreas (Hrsg.): Amazonien: Versuch einer interdisziplinären Annäherung. Freiburg: Naturforschende Gesellschaft, S. 178–197.

    Google Scholar 

  • Oberndörfer, Dieter (1993a): Die offene Republik. Freiburg: Herder Spektrum.

    Google Scholar 

  • Oberndörfer, Dieter (1993b): Politik für eine offene Republik. In: Bade, Klaus (Hrsg.): Manifest der Sechzig. München: Beck, S. 34–37.

    Google Scholar 

  • Oberndörfer, Dieter (1994): Abschied vom völkischen Wahn. In: Die Zeit 6, www.zeit.de/1994/06/abschied-vom-voelkischen-wahn, 04.11.21.

  • Oberndörfer, Dieter (1996): Die politische Gemeinschaft und ihre Kultur. Zum Gegensatz zwischen kulturellem Pluralismus und Multikulturalismus. In: Aus Politik und Zeitgeschichte 46 (52/53), S. 37–46.

    Google Scholar 

  • Oberndörfer, Dieter (2000): Lehre und Forschung in einer philosophischen Fakultät der fünfziger Jahre. In: Villinger, Ingeborg/Riescher, Gisela/Rüland, Jürgen (Hrsg.): Politik und Verantwortung. Festgabe für Wolfgang Jaeger. Freiburg: Rombach, S. 165–174.

    Google Scholar 

  • Oberndörfer, Dieter (2004): Erinnerungen. In: Böhme, Margret (Hrsg.): Dieter Oberndörfer zum 75. Geburtstag. Freiburg: ABI.

    Google Scholar 

  • Oberndörfer, Dieter (2005): Deutschland in der Abseitsfalle. Freiburg: Herder Spektrum.

    Google Scholar 

  • Oberndörfer, Dieter (2007): Die „studentische Revolte von 1968 und ihre Folgen. Teil II: 1968/69 in Freiburg: Zur Vorgeschichte und Geschichte: In: Martin, Bernd (Hrsg.): Von der badischen Landesuniversität zur Hochschule des 21.Jahrhunderts. Freiberg: Karl Alber, S. 563–673.

    Google Scholar 

  • Oberndörfer, Dieter (2011): Zur Geschichte des Arnold-Bergstraesser-Instituts. Eine Dokumentation und persönliche Erinnerungen. Freiburg: ABI.

    Google Scholar 

  • Oberndörfer, Dieter (2017): Das Colloquium Politicum der Universität Freiburg 1951–1999 – Ursprünge, die Ära Bergstraesser und Entwicklungen. In: Freiburger Universitätsblätter 215, S.89–120.

    Google Scholar 

  • Oberndörfer, Dieter (2018): 20 Jahre Rat für Migration, 1998 – 2018, https://rat-fuer-migration.de/wp-content/uploads/2018/07/20-jahre-rfm-oberndoerfer2018.pdf, 04.11.2021.

  • Oberreuter, Heinrich (Hrsg.) (2005): Das menschliche Maß aller Dinge. Gedenkschrift für Manfred Hättich. München: Akademischer Verlag.

    Google Scholar 

  • Pieper, Ernst (2013): Nacht über Europa. Kulturgeschichte des Ersten Weltkriegs. Berlin: Propyläen.

    Google Scholar 

  • Roemer, Hans (1982): Die hochschul- und bildungspolitische Entwicklung der Universität Freiburg. In: Universität Freiburg (Hrsg.): 525 Jahre Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau. Freiburg: Rombach, S. 21–43.

    Google Scholar 

  • Schwarz, Hans Peter (1966): Probleme der Kooperation von Politikwissenschaft und Soziologie in Westdeutschland. In: Oberndörfer, Dieter (Hrsg.): Wissenschaftliche Politik. Eine Einführung in Grundfragen ihrer Tradition und Theorie. Freiburg: Rombach, S. 297–334.

    Google Scholar 

  • Steinlin, Hansjürg (1999): Die Universität im Zeichen der Spuren von 1968. Ein Gespräch. In: Freiburger Universitätsblätter 145, S. 71–94.

    Google Scholar 

  • Steinlin, Hansjürg (2000): Einige Gedanken zur Hochschulautonomie. In: Villinger, Ingeborg/Riescher, Gisela/Rüland, und Jürgen (Hrsg.): Politik und Verantwortung. Festgabe für Wolfgang Jaeger. Freiburg: Rombach, S. 420–424.

    Google Scholar 

  • Wirbelauer, Eckhardt (2007): Die Freiburger Philosophische Fakultät 1920–1960. Mitglieder – Strukturen – Vernetzungen. Freiburg: Herder.

    Google Scholar 

  • Zimmermann, Bruno (1982): Die Entwicklung der Studentenzahlen, 1957–1982. Universität Freiburg (Hrsg.): 525 Jahre Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau. Freiburg: Rombach, S. 76–101.

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Dieter Oberndörfer .

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2023 Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature

About this chapter

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this chapter

Oberndörfer, D. (2023). Persönliche Erinnerungen an die Entwicklung der Philosophischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und an diverse eigene Engagements. In: Lutz-Auras, L., Rudolf, D.B. (eds) Menschen, Macht und Mythen. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-39221-5_1

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-39221-5_1

  • Published:

  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-39220-8

  • Online ISBN: 978-3-658-39221-5

  • eBook Packages: Social Science and Law (German Language)

Publish with us

Policies and ethics