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Diversitätsbewusste Soziale Arbeit und die Differenzlinie/Differenzordnung Alter

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Soziale Arbeit mit alten Menschen
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Zusammenfassung

Wichtige Themen, Diskursstränge und Theoriebezüge zu Diversity im Kontext Sozialer Arbeit werden vorgestellt, wobei das Verständnis einer Critical Diversity Practice im Mittelpunkt steht. Gezeigt wird, dass und in welcher Weise hier Theorien zu sozialem Konstruktivismus und damit einhergehende Doing-Ansätze, Subjektformierung und Intersektionalität unverzichtbar sind. Verbunden wird dies mit Überlegungen zu Lebensalter und Altern: Jede Differenzlinie/Differenzordnung (also z. B. soziale Klasse, Ethnie/Nation/Kultur, Geschlecht, Behinderung) hat damit in je spezifischer Weise zu tun.

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Notes

  1. 1.

    Ein Ausgangspunkt für Diversity-Ansätze im Kontext Sozialer Arbeit sind in Kanada und den USA die Opposition zu und der Versuch der Vermeidung von Unterdrückung und Diskriminierung vor allem entlang der Differenzlinie »Rasse« /Ethnie/Kultur (vgl. Al-Krenawi et al. 2016). Parallel dazu entsteht, stärker auf Schule und Bildung bezogen und als Erweiterung und Kritik von multikulturellen oder interkulturellen Ansätzen, Diversity Education (vgl. Appelbaum 2012).

  2. 2.

    Einem Ort in der heutigen Ukraine, ganz an seiner Westgrenze, mit einer wechselvollen Geschichte als Teil der ehemaligen Tschechoslowakei und Ungarns.

  3. 3.

    Zwischen 1,1 und 1,5 Mio. Menschen wurden vom nationalsozialistischen Regime zwischen 1940 und 1945 allein im Arbeits- und Vernichtungslager Auschwitz ermordet, davon waren etwa 90 % Jüdinnen und Juden, vor allem aus Polen, aber auch aus Deutschland, Ungarn, den Niederlanden usw. Zugleich handelte es sich bei den in Auschwitz Ermordeten aus diesen Ländern um Menschen mit Behinderungen, um Homosexuelle und um politisch Oppositionelle. Auch russische Kriegsgefangene wurden hier zum Opfer des nationalsozialistischen Regimes (vgl. Van Pelt und Dwork 2018). Auschwitz selbst umfasst also eine (intersektionale) Diversity, die beim Gedenken und Erinnern aber oft (auch aus nationalistischen Motiven heraus) ‚übersehen‘ wird.

  4. 4.

    Amcha bzw. Amkha, hebräisch für: ‚Dein Volk‘, steht hier für die Hoffnung auf ein verstehendes Gegenüber.

  5. 5.

    Das Zurückkehren oder die Kontinuität alter ‚Formationen‘ ist eine Möglichkeit. Damit sollte allerdings kein Determinismus begründet werden. Weitere Möglichkeiten (wenn auch nicht für Walter Probst) stellen zum Beispiel Neubildung – neue Übernahme oder Verleugnung – Verdrängung – Abwendung oder Veränderung – Verarbeitung – Distanzierung dar.

  6. 6.

    Für Walter Probst stellt seine damalige Jugend ein Entlastungsnarrativ dar: „Er präsentiert sich als jemand, der viele Jahre seiner Jugend unfrei und in Abhängigkeit von Befehlen gelebt hat.“ (ebd., S. 244)

  7. 7.

    „Ja, mein Mann hatte als Jude in Deutschland auch Schlimmes erlebt. Ich lernte ihn erst Mitte der 1950er in New York kennen, da hatte ich schon ein neues Leben. Ich wollte sein Leid nicht schmälern, indem ich von Auschwitz spreche. Er hat auch nie gefragt, 40 Ehejahre lang, vielleicht war es für ihn zu abscheulich. Viele Überlebende klammern das Thema aus. Jeder hat seine eigene Geschichte, keiner will Wunden aufreißen.“ (Giselle Cycowicz 2021)

  8. 8.

    http://amcha.de/giselle-cycowicz; zuletzt geöffnet am 15.08.2021.

  9. 9.

    Dort u. a. durch die Impulse und Forderungen der Bürgerrechtsbewegung, die sich gegen die fortwährende Unterdrückung und Diskriminierung von Schwarzen wandte.

  10. 10.

    In Kanada vor allem im Kontext des multikulturellen Entwurfs einer expliziten Einwanderungsgesellschaft, die auf Anerkennung und Gleichwertigkeit setzte.

  11. 11.

    Zum Beispiel in Amsterdam Supermarktketten, die für ihre Filialen je nach Bevölkerungszusammensetzung in der umliegenden Nachbarschaft sowohl die Produktauswahl ändern (etwa bei vielen Singles mehr tiefgekühlte Fertiggerichte in kleineren Portionen für die Mikrowelle) als auch die personelle Besetzung auf die Nachbarschaft abstimmen (etwa in der Nähe von Moscheen mehr Mitarbeitende an der Kasse, die ein Kopftuch tragen).

  12. 12.

    Der englische Begriff Education wird dabei meist mit Bildung übersetzt und nicht auf Schule oder Unterrichten bzw. Lehren reduziert.

  13. 13.

    Gerade aus einer Diversity-Perspektive heraus muss allerdings auch auf die Gefahren des Begriffs Lebenswelt aufmerksam gemacht werden: Ähnlich wie beim Begriff Kultur kann auch mit Lebenswelt eine ethnisierende und kulturalisierende Konstruktion von ‚Großgruppen‘ begründet werden, die sich von der Beschreibung von Prozessen, Dynamiken und Kontingenzen abwendet und stattdessen homogene und durch essenzhafte Voraussetzungen bestimmte Lebenswelten behauptet, die die Sinnstrukturen und Handlungsweisen der ihnen zugeordneten Individuen angeblich determinieren; also Lebenswelten, die man in der aktuellen Diskurslandschaft in einer (kultur-) rassistischen Weise beispielsweise als türkische, arabische und/oder islamische Lebenswelt mit entsprechendem Bedrohungspotential imaginiert und verallgemeinert und zugleich einer völlig gegensätzlichen Eigenwelt von ‚Autochthonen‘ gegenüberstellt.

    Daher impliziert eine angemessene Verwendung des Begriffs Lebenswelt,

    • dass diese heterogen sind, zusammengesetzt aus verschiedenen Elementen, selbst bereits durchsetzt von und verstrickt in Differenzlinien und Differenzordnungen, eingebettet in Widersprüche und Gegensätze, (potentiell) reflexiv zugänglich, veränderbar;

    • dass sie mit individuellen Biographien und entsprechenden Interpretationen und Aus-deutungen von Erlebtem zu tun haben;

    • dass es hier stets um einen gleichsam deutlich kleineren, überschaubareren ‚Maßstab‘ geht (also um ein Gebilde aus je spezifischer Familie, Nachbarschaft, Schule, Arbeit, etc.), der nicht an das durch Kultur‘, Ethnie, Nation oder gar durch »Rasse« Imaginierte heranreicht und andere Bedeutungszusammenhänge umfasst.

    Genau diese Imaginationen, Behauptungen und Konstruktionen ragen allerdings in machtvoller Weise als Diskurse in die jeweiligen Lebenswelten hinein, machen sich als Anrufungen bemerkbar und werden in die je eigenen ‚Sinnwelten‘ eingebaut und in Form einer spezifischen Positionierung modifiziert.

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Leiprecht, R. (2022). Diversitätsbewusste Soziale Arbeit und die Differenzlinie/Differenzordnung Alter. In: Bleck, C., van Rießen, A. (eds) Soziale Arbeit mit alten Menschen. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-37573-7_23

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