Zusammenfassung
Der Beitrag führt in die Grundlagen der Regierungsforschung ein und fokussiert dabei auf die deutsche Bundesregierung, bestehend aus dem Bundeskanzler und seinem Kabinett. Hierzu werden in einem ersten Schritt drei ausgewählte theoretische Ansätze der Regierungsforschung behandelt, beginnend mit dem Konzept der „Kanzlerdemokratie“ von Niclauß, gefolgt von den „Strukturmerkmalen des Regierens“ von Korte und Fröhlich bis hin zum interaktionistischen Ansatz politischer Führung aus der internationalen Leadership-Forschung. Die drei Ansätze zeigen unterschiedliche Perspektiven auf Akteure und Institutionen der politischen Exekutive und eröffnen so mögliche Analysezugänge zum Forschungsgegenstand Bundesregierung. In einem zweiten Schritt wird exemplarisch der interaktionistische Ansatz politischer Führung auf die Regierungsführung von Bundeskanzlerin Angela Merkel angewendet. Der Ansatz rückt das Führungshandeln von Regierungschefs ins Zentrum der Analyse und berücksichtigt einerseits individuelle Persönlichkeitsmerkmale sowie andererseits den institutionellen Handlungskontext. Der Beitrag schließt mit einer kurzen Diskussion der Stärken und Schwächen mikropolitischer Fallstudien im Rahmen der Regierungsforschung und verweist auf methodische Weiterentwicklungen in diesem Forschungsfeld.
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Im Folgenden wird im ersten Abschn. (9.1) ausschließlich das genereische Maskulinum im Sinne einer genderneutralen Form benutzt, da es hier insbesondere um formelle Amtsbezeichnungen oder Funktionen und nicht um die Person der Amtsträgerin oder des Amtsträgers geht. In den weiteren Abschn. (9.2, 9.3 und 9.4) wird eine gendersensible Schreibweise benutzt, da hier der Fokus auf der Person der Amtsträger und Amtsträgerinnen liegt.
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Glaab, M., Millim, V. (2022). Die Bundesregierung: Institutionelle und personale Faktoren der Regierungsführung in Deutschland. In: Anders, L.H., Riese, D. (eds) Politische Akteure und Institutionen in Deutschland. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-37553-9_9
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