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Verfassunggebung und Verfassungsentwicklung: Systemische Pathologien in Text und Praxis

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Das politische System Rumäniens
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Zusammenfassung

Der Beitrag analysiert die Verfassunggebung und -entwicklung in Rumänien seit 1989 und erläutert dabei wichtige Verfassungsinhalte. Durch die Dominanz der postkommunistischen Eliten und Ausgrenzung anderer politischer und gesellschaftlicher Akteure wurde eine Verfassung verabschiedet, die „systemische Pathologien“ enthielt, zu denen negative Praktiken hinzukamen. Allerdings ließ sich lange keine Mehrheit für eine Verfassungsreform beschaffen. Erst mit dem anstehenden EU-Beitritt und externem Druck einigten sich die politischen Akteure im Jahr 2003 auf eine Verfassungsrevision, um die Mängel anzugehen. Wie der Beitrag verdeutlicht, blieben aber Probleme bestehen, die die Politik konkret beeinflussten, beispielsweise im Zusammenhang mit Phasen der Cohabitation.

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Notes

  1. 1.

    Da „Ion Iliescu eine originäre Demokratie, basierend auf dem Wettbewerb zwischen unterschiedlichen politischen Strömungen innerhalb der Bewegung [der Front der Nationalen Rettung, Anm. d. Verf.] anstatt zwischen politischen Parteien befürwortete“ (Pop-Eleches 2008, S. 467), waren die Befürchtungen groß, er würde das Einparteiensystem wiederrichten. Anlass zur Sorge gab vor allem die Zusammensetzung der Front der Nationalen Rettung, in der die meisten „Personen waren, die führende Position in der Kommunistischen Partei innegehabt hatten (und von Ceauşescu verstoßen worden waren) sowie deren Unterstützer“ (Weber 2001, S. 215; siehe auch Gallagher 2008, S. 70–78).

  2. 2.

    Der diskursive Aufbau des modernen rumänischen Staates begann 1821 und gipfelte – noch unter osmanischer Suzeränität stehend – in der ersten, am belgischen Vorbild ausgerichteten Verfassung von 1866 (s. Müller i. d. B. [Kap. 2]). Erst die im Kontext der territorialen Gebietszugewinne notwendig gewordene Verfassung von 1923 verankerte liberale und demokratische Elemente, die jedoch spätere Verfassungen beseitigten und eine Königs- (1938) beziehungsweise stalinistisch-sozialistische Diktatur (1948, 1952, 1965) einführten.

  3. 3.

    Die Verfassung sah drei Akteure für eine Verfassungsänderung vor: Die Legislative, bestehend aus einem Viertel der Abgeordneten oder Senatoren; die Exekutive, vertreten durch den Staatspräsidenten auf Vorschlag der Regierung, sowie das Volk in einer doppelten Mehrheit, bestehend aus 500.000 Bürgern aus mindestens der Hälfte der Kreise und in jedem dieser Kreise mit mindestens 20.000 Unterstützern (Art. 146 (aF)/Art. 150).

  4. 4.

    Das mangelnde Interesse war weniger inhaltlich motiviert als vielmehr dem bürokratischen Top-down-Ansatz und dem Schwerpunkt auf der – von der großen Mehrheit ohnehin befürworteten – euroatlantischen Integration geschuldet (Gherghina und Mișcoiu 2016, S. 27) und erwies sich als Menetekel für zukünftige Abstimmungen zu Verfassungsänderungen.

  5. 5.

    In Art. 44 Abs. 8 sollte der Satz „Es wird von der Legalität des Erwerbs ausgegangen“ gestrichen werden, um „den legalen und verfassungsmäßigen Rahmen für die Konfiszierung der Gelder oder Einnahmen (insbesondere in den Prozessen wegen Korruption auf höchster Ebene) durch den Staat“ (Boc 2011, S. 158) zu ermöglichen.

  6. 6.

    Änderungsvorschläge betrafen unter anderem die Rechenschaftspflicht der Regierung, eine Klärung des Referendumsprozesses – das Parlament sollte fortan innerhalb von 30 Tagen entscheiden müssen und nicht durch Untätigkeit den Prozess stoppen können.

  7. 7.

    Umwandlung in eine parlamentarische Republik; Wahl des Staatspräsidenten durch das Parlament; Verkürzung seiner Amtszeit auf erneut vier Jahre; entweder Beschränkung oder Erweiterung und Stabilisierung seiner Befugnisse; territoriale Neuordnung Rumäniens und Etablierung von Regionen; Festschreibung des Subsidiaritätsprinzips und Dezentralisierung; Beseitigung der ethnokulturell-nationalen Staatsauffassung und Anerkennung der Minderheiten als konstitutive Elemente; Abschaffung des Senats und Verkleinerung des Parlaments entsprechend dem Referendum von 2009 oder andernfalls seine Restrukturierung und klare Abgrenzung der Aufgabenbereiche beider Kammern; Beschränkung bzw. Beseitigung von Eildekreten; Neufassung der Volksbefragung; Verbesserungen im Justizbereich und Stärkung der Unabhängigkeit der Gerichte und vor allem des Verfassungsgerichts; erleichterte Ermittlung bei straffälligen Parlamentariern; verbesserte Konfiszierbarkeit unrechtmäßig erworbenen Vermögens; erweiterte Regeln zur Auflösung des Parlaments.

  8. 8.

    Die Regierung kann Rechtsakte mit Gesetzeskraft erlassen und wird damit zum Gesetzgeber. Ursprünglich sollte damit sichergestellt werden, dass Gesetze erlassen werden können, wenn das Parlament nicht tagt. Aber auch normale Regierungsdekrete und Eildekrete gehören in den Kontext der legislativen Delegation.

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Göllner, R.T. (2022). Verfassunggebung und Verfassungsentwicklung: Systemische Pathologien in Text und Praxis. In: Lorenz, A., Mariș, DM. (eds) Das politische System Rumäniens. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-36343-7_7

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