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Stigma als Identität – Die Stigmatisierung von obdachlosen Menschen

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Handbuch Wohnungs- und Obdachlosigkeit
  • 1558 Accesses

Zusammenfassung

Die Theorie der Stigmatisierung bezeichnet einen wichtigen Pfeiler in der gesellschaftskritischen Analyse von hierarchisierenden Normen und Werten sowie ihrer diskreditierenden Wirkung auf Identitäten. In der folgenden Arbeit werden die Grundbegriffe der Stigma-Theorie umrissen und auf das soziale Phänomen der Obdachlosigkeit angewandt. Zentral wird dabei die Wirkung des Stigmas auf die Identität der betroffenen Person fokussiert, indem die Lebenssituation der Obdachlosigkeit als Stigma hergeleitet wird sowie Bewältigungsstrategien und Diskreditierungsformen erörtert werden. Darüber hinaus wird mit Bezug zur Theorie des Unbehagens diskutiert, inwiefern ein Unbehagen bei wahrgenommener Stigmatisierung in der Begegnung mit Obdachlosigkeit als eine Art Alarmsystem der Menschlichkeit gedeutet werden kann.

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Notes

  1. 1.

    Eine ausführliche Herleitung von Obdachlosigkeit als soziales Phänomen findet sich in Brushinski (2021), Kap. 2.

  2. 2.

    Eine ausführliche Analyse findet sich in Brushinski (2021), Kap. 3. Der folgende Beitrag lehnt sich an diese Herleitung an.

  3. 3.

    Unter Leitung von Wilhelm Heitmeyer, Folgen 1 bis 10 in jährlicher Erscheinung von 2002 bis 2011.

  4. 4.

    Unter Leitung von Andreas Zick, z. Z. drei Folgen in den Jahren 2014 (Fragile Mitte), 2016 (Gespaltene Mitte), 2018/2019 (Verlorene Mitte).

  5. 5.

    Goffman (1963/1975) formuliert die sozialen Positionen der Stigmatisierten als Stigma-Tragende und die Rolle der Normalen als normkonforme Gruppe innerhalb einer Gesellschaft.

  6. 6.

    Gewalttaten aufgrund des gesellschaftlichen Status werden eingeteilt in Gewalt, die gegen eine ‚niedrigere‘ oder eine ‚höhere‘ soziale Schicht gerichtet ist (vgl. Deutscher Bundestag, 2018, S. 3).

  7. 7.

    Es werden 268 Todesfälle durch Gewalt durch nicht-wohnungslose Personen und 336 Todesfälle durch Gewalt durch wohnungslose Personen verzeichnet (vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V., 2022).

  8. 8.

    Damit sind soziale Interaktionen zwischen Normalen und Stigmatisierten gemeint (vgl. Goffman, 1963/1975, S. 22).

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Brushinski, E. (2023). Stigma als Identität – Die Stigmatisierung von obdachlosen Menschen. In: Borstel, D., Brückmann, J., Nübold, L., Pütter, B., Sonnenberg, T. (eds) Handbuch Wohnungs- und Obdachlosigkeit. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-35279-0_50-1

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