Zusammenfassung
Der Beitrag behandelt die Entwicklung der deutschen und der internationalen Fachdiskussion auf dem heute generell als „Corporate Finance“ bezeichneten Gebiet im Verlauf der letzten 60 Jahre. Dabei werden vier Phasen betrachtet. Sie unterscheiden sich hinsichtlich der Annahme darüber, ob der Kapitalmarkt vollkommen oder unvollkommen ist. Diese Annahme prägt nicht nur die Hauptaussagen der Finanzierungstheorie, sondern auch welche Themen überhaupt als wichtig erscheinen. In den ersten beiden Phasen lässt sich noch eine gewisse Eigenständigkeit der deutschen Diskussion erkennen, während sich die deutsche finanztheoretische Diskussion in den beiden späteren Phasen ihre nationale Besonderheit immer mehr verliert bzw. diese bewusst aufgibt.
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Notes
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Zu frühen Vorläufern siehe Schneider (1981), Kap. 13.
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Vgl. Terberger (1994) und die von ihr verfasste methodologische Einleitung in der 3. und 4. Auflage unseres gemeinsamen Lehrbuchs.
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Es gibt auch einen dritten Band von Gutenbergs „Grundlagen“ zum Thema „Die Finanzen“.
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Finanzen spielten in seiner Vorlesung zur Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre wohl auch deshalb eine wichtige Rolle, weil K. Hax kurz vorher dazu einen umfangreichen stilprägenden Text (Hax 1966) veröffentlicht hatte.
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Ähnliche Gedanken finden sich immer noch in populären betriebswirtschaftlichen Büchern. Michael Porters „value chain“ aus seinem Bestseller Competitive Advantage (1985) mit der Unterscheidung von „primary activities“ und „support activities“ entspricht genau der Idee von Hilfsfunktionen ersten und zweiten Grades.
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Etwas später kamen noch Wolfram Engels und Helmut Laux hinzu.
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Das mag durchaus auch ein Reflex des Zeitgeistes der späten 1960er-Jahre gewesen sein.
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Ähnlich auch Krahnen (1993).
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Kompatibilität der Annahmen ist eine Bedingung für die Fruchtbarkeit eines Modells oder einer Theorie. Friedmans ansonsten durchaus angreifbarer Ansatz/Methodik „The Methodology of Positive Economics“ (1953) folgend kann man die Auffassung vertreten, dass die Kompatibilität aller Annahmen wichtiger ist als der ohnehin kaum zu beurteilende Realismus der einzelnen Annahmen.
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Im deutschen Sprachraum wären sie als dritte und vierte Phase einzuordnen.
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Die Finanztheorie bei vollkommenen Märkten enthält damit auch den Kern einer ökonomischen Organisationstheorie, eine Einsicht, die vor allem die Arbeiten von Helmut Laux geprägt hat.
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Die Idee findet sich schon in den beiden schwer verständlichen Büchern von Fisher von 1906 und 1930. Was Fisher wohl gemeint haben dürfte, hat Hirshleifer (1958) der Fachöffentlichkeit erschlossen. Heute wird Fishers Separationstheorem in den meisten Lehrbüchern so dargestellt wie in Fama und Miller (1972) oder den frühen Auflagen des Lehrbuchs von Brealey und Myers (1981).
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Man könnte ein sechstes Kapitel einfügen, in dem alle Aussagen im Rahmen der Theorie der Optionsbewertung reformuliert werden und Risiko noch einmal in komplexerer Weise berücksichtigt wird. Dies geschieht hier nur aus Raumgründen nicht.
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Und mehr noch: Jede intensivere Behandlung dieser Themen verbietet sich geradezu, weil anzuerkennen, dass es vielfältige und komplexe Finanzinstrumente und Finanzinstitutionen gibt, eine Verletzung der Grundannahmen vollkommener Kapitalmärkte und vollkommener Verträge darstellen würde.
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Grundlegend und richtungsweisend sind die drei aufeinander aufbauenden Arbeiten von Akerlof (1970), Spence (1973) und Rothschild und Stiglitz (1976). Einen Überblick über die vielen einschlägigen Arbeiten von Stiglitz bietet seine in 2002 veröffentlichte Rede, die er anlässlich der Verleihung des Nobelpreises gehalten hat.
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Vielleicht ging es ihnen bei der jeweiligen Etikettierung auch um wissenschaftliches Marketing.
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Vgl. auch das Vorwort von Ménard und Shirley (2005). Dort heißt es treffend „The New Institutional Economics has skyrocketed over the past three decades.“
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Dieser Sammelname für die verschiedenen Ausprägungen, der sich inzwischen allgemein durchgesetzt hat, ist von Rudolf Richter und Eirik Furubotn geprägt worden. Richter und Furubotn haben in den 1970er- und 1980er-Jahren jedes Jahr im Saarland eine „NIE-Tagung“ veranstaltet, bei der nahezu jeder relevante amerikanische Forscher als Teilnehmer mehrfach anwesend war und seine Thesen vorgetragen hat. Von Richter und Furubotn gibt es auch ein einflussreiches Lehrbuch in einer deutschen und einer englischen Ausgabe (1996/1997). Die Tagungen und das Lehrbuch haben wesentlich zur Konvergenz der anfänglich sehr disparaten Richtungen der NIE und damit zur Akzeptanz des neuen Ansatzes beigetragen.
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Damit ist außer dem Capital Asset Pricing Model und der Optionspreistheorie auch der sogenannte State-Preference-Ansatz angesprochen.
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Vgl. zu weiteren Möglichkeiten von Kreditnehmern, ihre eigene Position zu verbessern, auch wenn dies möglichen Kreditgebern schadet, und damit zu weiteren Gründen, warum eine asymmetrische Informationsverteilung die Fremdfinanzierung erschwert, Schmidt und Terberger (1996), Kap. 12.
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Sie ist natürlich nicht für alle Unternehmen gleich und auch in jedem Einzelfall schwer zu definieren. Aber sie dürfte derjenigen ähnlich sein, die in der älteren Literatur aus der Zeit vor Modigliani und Miller als mutmaßlich optimal unterstellt worden ist.
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Anstatt über den gedanklichen „Umweg“ über die Portefeuilletheorie und das Capital Asset Pricing Model.
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Nur in der zweiten Phase der Entwicklung des Arbeitsgebiets Finanzen wurden Organisationsprobleme völlig ausgeblendet. Finanzthemen wurden als Entscheidungsprobleme eines einzelnen Unternehmers behandelt, der auch der einzige Eigentümer des Unternehmens ist. Ob es den jeweiligen Autoren bewusst war, wie sehr diese selten explizit gemachte Annahme die Anwendbarkeit finanzbezogener Erkenntnisse beschränkt, kann ich aus meiner Erinnerung nicht sagen. Ich vermute: eher nicht.
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Karl Hax, dessen Beitrag zur Finanzwirtschaftslehre oben als exemplarisch behandelt wurde, war ein entschiedener Befürworter der Mitbestimmung (vgl. u. a. Hax, 1969). Zwischen 1951 und 1974 gehörte er als von den Arbeitnehmervertretern nominiertes Mitglied dem Aufsichtsrat der Mannesmann AG an.
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Eine Ausnahme bildet nur Tiroles „Theory of Corporate Finance“ (2006). Es ist Tirole als erstem Autor gelungen, alle Kernthemen des Fachs Corporate Finance in einem einheitlichen modelltheoretischen Rahmen abzuhandeln, in dessen Zentrum Informations- und Anreizprobleme stehen. Damit zeigt er zugleich, dass die in den Anfangsjahren der neuen Institutionenökonomik vorherrschende Vielfalt von Denkansätzen und Modellstrukturen, die den Anschein von Willkürlichkeit erweckt haben und als Schwäche des NIE-Ansatzes erscheinen konnte, nicht notwendig ist.
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Ich habe viele meiner Frankfurter Kollegen gefragt, ob sie in den letzten 20 Jahren grundlegende Veränderungen auf dem Gebiet des Corporate Finance sehen. Keiner von ihnen hat meiner hier wiedergegebenen Einschätzung widersprochen.
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Schmidt, R.H. (2022). Zur Entwicklung auf dem Arbeitsgebiet der Unternehmensfinanzierung als Teil der deutschen Betriebswirtschaftslehre. In: Matiaske, W., Sadowski, D. (eds) Ideengeschichte der BWL II. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-35155-7_10
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