Zusammenfassung
Nach der Landtagswahl 2016 kam mit der Kiwi-Koalition zum zweiten Mal eine vom grünen Ministerpräsidenten Kretschmann geführte Landesregierung ins Amt. Statt mit sozialdemokratischem Juniorpartner führten die Grünen nun ihre Regierungsarbeit mit der CDU fort. In der Einleitung zum Sammelband werden die leitenden Forschungsfragen nach dem spezifischen programmatischen Profil sowie den jeweiligen Policy-Reformen der selbsternannten Komplementärkoalition im Vergleich zu ihren Vorgängerregierungen sowie im Bundesländervergleich formuliert. Hierzu erfolgt zunächst die theoretische Grundlegung auf Basis der Parteiendifferenztheorie, sowie konzeptionelle Überlegungen zu den spezifischen Charakteristika einer Komplementärkoalition. Im Anschluss werden als empirische Grundlage die Ressort- und Finanzzuteilung unter Grün-Schwarz vorgestellt. Abschließend wird in die unterschiedlichen Beiträge des Sammelbandes eingeführt.
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Notes
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Für die grün-schwarze Landesregierung wurde der Begriff maßgeblich vom grünen Staatssekretär Volker Ratzmann geprägt, der die Koalition 2017 als „komplementär“ bezeichnete. Unter dem Motto „das Eigene pflegen und anderes einem andersartigen Partner überlassen“ sollte es darum gehen, dass die beide Parteien sich programmatisch möglichst ergänzen, ohne den eignen Markenkern zu verwässern. Dabei begründete Ratzmann das Konzept auch durchaus strategisch: „Wir müssen schauen, dass wir die eigenen Kernthemen nach vorne bringen und uns nicht immer an Themen abarbeiten, bei denen wir nichts gewinnen können“ (Kamann 2017). Gabriel und Kornelius (2016, S. 513) interpretieren den mehr als 100 Seiten starke Koalitionsvertrag zwischen Grünen und CDU dann ebenfalls als Grundlage für das Selbstverständnis beider Parteien eine solche „Komplementärkoalition“ führen zu wollen. Einerseits hätten die Koalitionäre „programmatische Schnittmengen als Basis einer gemeinsamen Regierungsarbeit gefunden, andererseits ihrem Partner aber zugleich Spielräume für eine Politikgestaltung im Sinne seiner parteispezifischen Markenkerne gelassen“.
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So verstand sich etwa die erste 2008 in Hamburg gebildete schwarz-grüne Landesregierung als „Koalition der […] programmatischen Ergänzungen“, wie es die Landesvorsitzende der Grünen, Anja Hajduk ausdrückte (Weckenbrock 2017, S. 494).
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Nur der Ausgabenanteil des Ministeriums für Justiz und für Europa sowie des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz verringerten sich im Beobachtungszeitraum noch um 0,05 % bzw. 0,01 %.
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Hörisch, F., Wurster, S. (2021). Einleitung „Kiwi im Südwesten – Die grün-schwarze „Komplementärkoalition“ Kretschmann“. In: Hörisch, F., Wurster, S. (eds) Kiwi im Südwesten. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-34991-2_1
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