Zusammenfassung
Studierende im Fach Mathematik machen insbesondere am Beginn des Studiums Diskontinuitätserfahrungen: Sie erleben Brüche zwischen Schulmathematik und Hochschulmathematik, die so weit gehen können, dass sie diese beiden Formen von Mathematiktreiben als völlig getrennte Welten auffassen. Der vorliegende Beitrag illustriert dies zunächst anhand von Interviewzitaten von Lehramtsstudierenden und arbeitet dann heraus, worin sich die Diskontinuitäten auf den Ebenen von Inhalten, Zielen und Argumentationsweisen konkret äußern. Bleiben Diskontinuitätserlebnisse unbearbeitet, so können sie zu Ursachen für ernste Verstehensschwierigkeiten werden. Demgegenüber beleuchtet der Beitrag – sowohl aus theoretischer Perspektive als auch anhand konkreter Beispiele – wie Diskontinuitäten expliziert und produktiv gewendet werden können.
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Notes
- 1.
Die Interviewstudie wurde von der zweiten Autorin im Wintersemester 2012/2013 an der Universität Köln zusammen mit Antje Kaufmann durchgeführt. Die Interviewausschnitte sind nach der wörtlichen Transkription sprachlich leicht geglättet worden, ihr teilweise umgangssprachlicher Charakter wurde jedoch beibehalten. Worte in Großbuchstaben signalisieren eine besondere Betonung durch die Sprechenden.
- 2.
ProPraxis ist ein Projekt zur Weiterentwicklung der Lehramtsausbildung an der Philipps-Universität Marburg im Rahmen der von Bund und Ländern geförderten Qualitätsoffensive Lehrerbildung.
- 3.
Hinweis: Im Schulbuchtext, siehe Abb. 2, ist in dieser Formel ein Druckfehler: Dort steht als letzter Faktor im Nenner des Bruchs eine 3 statt eines r.
- 4.
Z. B. die sogenannte Dirichletfunktion, die an keiner Stelle des Definitionsbereichs stetig ist, oder die Funktion \( \left] {0;\infty } \right[ \to {\mathbb{R}},\text{ }x \mapsto \sin \left( {\frac{1}{x}} \right) \), die zwar auf ihrem ganzen Definitionsbereich stetig ist, an dessen Rand (in 0) aber nicht stetig fortsetzbar. Derartige Funktionen lernen die Studierenden üblicherweise erst in der Universität kennen, die bisher bekannten stetigen oder unstetigen Funktionen oder durch sie beschriebene Vorgänge verhalten sich anders.
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Bauer, T., Müller-Hill, E., Weber, R. (2020). Diskontinuitäten zwischen Schulmathematik und Hochschulmathematik. In: Meister, N., Hericks, U., Kreyer, R., Laging, R. (eds) Zur Sache. Die Rolle des Faches in der universitären Lehrerbildung. Edition Fachdidaktiken. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-29194-5_8
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