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Föderalismus – Gefährdung der Demokratie durch die Bildungspolitik am Beispiel der Schweiz

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„Das Ende der politischen Ordnungsvorstellungen des 20. Jahrhunderts."
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Zusammenfassung

Während eine demokratische Gesellschaft einerseits ein offenes und egalitäres Bildungssystem zur Voraussetzung hat, ist Bildung andererseits eine jener Angelegenheiten, über die in einer Demokratie öffentlich beraten und entschieden wird. Die Einschränkung der Partizipationsmöglichkeiten an bildungspolitischen Entscheidungen stellt daher eine Bedrohung demokratischer Strukturen dar. Dies zeigt das Beispiel der wachsenden Bedeutung des horizontalen Föderalismus in der schweizerischen Bildungspolitik. Im Zuge der Vereinheitlichung der obligatorischen Schule im Rahmen des sog. HarmoS-Konkordats wurde nicht nur der Einfluss der kantonalen Parlamente geschwächt, sondern auch die demokratische Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger beschnitten.

„Wir müssen die Demokratie verteidigen, sonst werden wir sie verlieren.“

Can Dündar

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Notes

  1. 1.

    Aktuell umfasst die Schweiz 26 Kantone. Sechs davon sind aus einer Kantonsteilung hervorgegangen und werden gewöhnlich als Halbkantone bezeichnet.

  2. 2.

    Die bei einer Volksabstimmung erreichte Mehrheit in einem Kanton gilt als dessen Standesstimme, wobei die Halbkantone je über eine halbe Stimme verfügen.

  3. 3.

    Anders als der deutsche Bundesrat wird der Ständerat – analog zum Senat in den USA – direkt vom Volk gewählt (vgl. Braun 2003, S. 68 ff.). Dabei gilt in den meisten Kantonen das Majorzwahlverfahren, während der Nationalrat seit 1919 nach dem Proporzwahlverfahren bestellt wird.

  4. 4.

    Im Falle einer parlamentarischen Initiative kann die zweite Phase auch ganz in den Händen des Parlaments liegen (vgl. Vatter 2018, S. 299 f.).

  5. 5.

    Sofern der Bund an einem interkantonalen Vertrag beteiligt ist, spricht man von kooperativem Föderalismus. Zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen dem schweizerischen und dem deutschen Föderalismus vgl. Braun (2003) und Linder (2007).

  6. 6.

    Dabei geht es im Wesentlichen um die obligatorische Schule (Volksschule) und die Gymnasien sowie um die universitären und pädagogischen Hochschulen, während für die Berufsbildung und die Fachhochschulen, aber auch die beiden Technischen Hochschulen in Zürich und Lausanne, zur Hauptsache der Bund zuständig ist.

  7. 7.

    Im Kanton Glarus wurde der Beitritt zum HarmoS-Konkordat von der Landsgemeinde beschlossen.

  8. 8.

    Bezeichnend für die Machtanmaßung der EDK ist auch, dass das HarmoS-Konkordat keinen Passus über ein Verfahren zu seiner Abänderung enthält. Die Kantone können dem Konkordat nur beitreten oder es wieder verlassen.

  9. 9.

    Der Jurist Hans Ambühl war von 2000 bis 2017 Generalsekretär der EDK. Entstehung, Ausarbeitung und Inkraftsetzung des HarmoS-Konkordats fallen ganz in seine Amtszeit.

  10. 10.

    Was insofern zutrifft, als mit der Einführung sprachregionaler Lehrpläne, wie sie das HarmoS-Konkordat fordert, der Inputbereich in der Tat nicht zurückgebaut wird. Letztlich verdoppelt das HarmoS-Konkordat die Steuerung des schweizerischen Bildungssystems!

  11. 11.

    Die Situation ist allerdings nicht eins zu eins vergleichbar. Zu den Besonderheiten der föderalen und demokratischen Verfassung der EU vgl. Scharpf (1999) sowie Oeter (2009), der auch Vergleiche mit der Schweiz anstellt.

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Herzog, W. (2020). Föderalismus – Gefährdung der Demokratie durch die Bildungspolitik am Beispiel der Schweiz. In: Binder, U., Oelkers, J. (eds) „Das Ende der politischen Ordnungsvorstellungen des 20. Jahrhunderts.". Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-29192-1_13

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