Zusammenfassung
Die Frage muss im Kreise einer Disziplin als ungehörige Provokation gelten, die bei dem Wenigen, über das sie sich einig ist, doch zu wissen glaubt, dass ‚Dezisionismus‘ ein Schimpfwort ist. Auffällig ist ja: Selbst diejenigen, für die ‚Dezision‘ oder mindestens ‚Entschlossenheit‘ im Rahmen ihrer Theorie oder Philosophie einen zentralen Platz einnimmt, verwenden diesen Begriff nicht zur Selbstkennzeichnung – er ist als Fremdbenennung stets pejorativ gemeint. Eine ‚dezisionistische Schule‘ oder Richtung, zu der sich jemand bekennen würde oder stünde, gibt es nicht. ‚Dezisionismus‘ als Anklage ist zentral, wenn von Krockow (1958) – die Tradition für die westdeutsche Diskussion in der Politikwissenschaft gewissermaßen begründend – über Ernst Jünger, Carl Schmitt und Martin Heidegger schreibt, aber auch bei Hans Heinz Holz (1951) über Jean-Paul Sartre oder Jürgen Habermas (1969) über R. M. Hare oder nun zuletzt bei Klaus von Beyme (1991a) anlässlich aller möglichen von ihm entdeckten Versuche, mit den durch die Entwicklung zur Moderne oder gar Post-Moderne aufgeworfenen Problemen „dezisionistisch“ umzugehen.
Greven, Michael Th. 1992. Über demokratischen Dezisionismus. Kann es, sollte es gar einen demokratischen Dezisionismus geben? In Sprache und politische Kultur in der Demokratie. Hans Gerd Schumann zum Gedenken. Hrsg. Dieter Emig, Christoph Hüttig und Lutz Raphael. 193–206, Frankfurt am Main u.a.: Peter Lang.
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Greven, M.T. (2020). Über demokratischen Dezisionismus: Kann es, sollte es gar einen demokratischen Dezisionismus geben?. In: Rüb, F., Selk, V., Trimҫev, R. (eds) Die Erosion der Demokratie. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-27920-2_2
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