Zusammenfassung
Verfahren der beschreibenden und der schließenden Statistik gehören seit mehreren Jahrzehnten zum Methodenkanon der Wirtschafts- und Sozialgeschichte und sie werden partiell auch in anderen Teilbereichen der Geschichtswissenschaft verwendet. Um die Rezeption entsprechender Forschungsergebnisse zur ermöglichen, werden in diesem Aufsatz grundlegende Verfahren (z. B. Lage-, Streuungs- und Konzentrationsparameter, Stichprobendesign und Hypothesentest) dargestellt. Auf dieser Basis können zudem passende Verfahren für eigene Forschungsvorhaben gefunden werden.
Für eine kritische Durchsicht des Aufsatzes und zahlreiche hilfreiche Kommentare möchte ich mich bei Christina Burhop, Regine Jägers, Felix Selgert und Mark Trede bedanken. Gleichwohl trage ich die volle Verantwortung für den Inhalt des Textes.
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Notes
- 1.
Ausgewertet wurden das Archiv für Kulturgeschichte, Archiv für Sozialgeschichte, Geschichte und Gesellschaft, Historische Zeitschrift, Jahrbuch für Regionalgeschichte, Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte, Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Vierteljahrsschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Zeitschrift für historische Forschung und die Zeitschrift für Unternehmensgeschichte.
- 2.
Ausgewertet wurden Economic History Review, Journal of Economic History, Explorations in Economic History, European Review of Economic History und Cliometrica.
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- 4.
Voth (2001) stellt auf Basis von mehreren tausend Zeugenaussagen in gerichtlichen Strafprozessen beispielsweise fest, wie Zeugen einer Straftat ihren Tag verbracht haben.
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Die Logbücher enthalten u. a. Einträge über Windrichtung und Windstärke (z. B. „leichter Wind aus südöstlicher Richtung, gegen Abend abflauend“), die in Zahlenwerte übersetzt werden müssen. Vgl. Kelly und O’Grada (2019).
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Wurden beispielsweise Angaben von den Befragten selbst gemacht, wurden sie von einer „Vertrauensperson“ (z. B. Pastor, Notar) eingetragen oder wurden sie auf Basis vorliegender Informationen behördlich erstellt (z. B. Wählerlisten auf Basis von Einwohnermeldedaten)?
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Wurden Fragebögen auf dem Postweg verschickt? Mussten Angaben persönlich bei einer Behörde abgegeben werden? Erfolgte eine Befragung telefonisch oder durch Besuch? Wurden Befragte zu Hause oder auf der Arbeitsstelle befragt?
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Welche Geschlechter- oder Religionsvielfalt ist vorgesehen? Wie wird mit multiplen Möglichkeiten (z. B. Beruf – erlernter Beruf – ausgeübter Beruf – Nebentätigkeit) umgegangen?
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Bei einer Erfassung mit einer Tabellenkalkulationssoftware sollten beispielsweise Name, Vorname, Geburtsname in jeweils eigenen Zellen erfasst werden.
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Spätere Nutzer der Datenbank sollten die erfassten Informationen eindeutig Informationen in der Quelle zuordnen können, so dass eine vollständige Replikation der Datenbankerstellung möglich wäre.
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Das arithmetische Mittel kann nicht berechnet werden, weil die der Rangbildung zugrunde liegenden Abstände zwischen den Rängen nicht konstant sein müssen. Beispielsweise rangierte am Ende der Fußballbundesligasaison 2018/19 Bayern München vor Borussia Dortmund und RB Leipzig. Der Abstand zwischen dem Erst- und Zweitplatzierten, wie auch zwischen dem Zweit- und Drittplatzierten ist jeweils ein Rang. Grundlage der Rangbildung waren die erreichten Punkte (82 bzw. 69 bzw. 66 Punkte). Der Punktabstand zwischen den Rängen 1 und 2 ist also größer als der Punktabstand zwischen den Rängen 2 und 3.
- 12.
In einer Tiefgarage parken fünf Mercedes, drei Porsche und ein Volkswagen. Der Modalwert ist ein Mercedes.
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Beispielsweise standen am Ende der Fußballbundesligasaison 2019/20 München, Dortmund, Leipzig, Mönchengladbach und Leverkusen auf den Rängen 1 bis 5. In der vorherigen Saison 2018/19 lautet die Platzierung: München, Dortmund, Leipzig, Leverkusen, Mönchengladbach. Die Rangpaare lauten also München (1,1), Dortmund (2,2), Leipzig (3,3), Mönchengladbach (4,5), Leverkusen (5,4). Der Rangkorrelationskoeffizient r ist 0,9.
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Des Weiteren gibt es einen Fehler 2. Art: man lehnt die Nullhypothese nicht ab, obwohl sie falsch ist. Die exakte Häufigkeit dieses Fehlers ist unbekannt. Allerdings tritt dieser Fehler häufiger auf, wenn der Fehler 1. Art seltener auftritt.
- 15.
Das Pendant zum arithmetischen Mittel der deskriptiven Statistik.
- 16.
Das Beispiel wurde aus Spoerer und Streb (2013, S. 64) entnommen. Dort befinden sich auf S. 61–67 weitere Erläuterungen.
Literaturverzeichnis
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Burhop, C. (2022). Statistische Methoden in der Geschichtswissenschaft. In: Haas, S. (eds) Handbuch Methoden der Geschichtswissenschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-27798-7_11-1
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