Zusammenfassung
Fallarbeit und Fallverstehen sind zentrale Themen der Pädagogik, die jedoch von jener Subdisziplin, die sich mit schulischen Bildungsprozessen beschäftigt, der Schulpädagogik, lange Zeit kaum systematisch in den Blick genommen wurden.
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Notes
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Das Projekt wurde von der Deutschen Gesellschaft für Supervision (DGSv) mit einer Anschubfinanzierung gefördert.
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Methodisch wurde der Fall nach den Regeln der objektiven Hermeneutik rekonstruiert. In der Darstellung hier wechseln sich Passagen ab, die dem rekonstruktiven Verfahren folgen und solchen, die kursorisch das Ergebnis der Interpretation wiedergeben.
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Wie oben ausgeführt, ist in strukturtheoretischer Perspektive die widersprüchliche Einheit aus diffusen und spezifischen Beziehungsanteilen im Arbeitsbündnis zentral. D. h., dass die Schülerin auch als ganze Person thematisch ist, diese diffusen Anteile aber immer in der Spezifität der Lehrer-Schüler-Beziehung aufgehoben sind. Wenn die spezifische Rahmung der Beziehung zwischen ganzen Personen brüchig wird, kann von einem Abgleiten der professionellen Beziehung in die Diffusität gesprochen werden. Ein solches deutet sich im vorliegenden Fall an.
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Gleichheitszeichen (=) bedeuten, dass sich die Sprechakte nahtlos zwischen zwei Sprechenden anschließen, ohne den eigentlichen Sprechfluss zu unterbrechen; (.) kennzeichnen kurze Unterbrechungen und in eckige Klammern Gesetztes ist gleichzeitig gesprochen.
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So berichtet sie etwa davon, von der Mutter über die morgendliche Eskalation bereits vorab per Messenger informiert worden zu sein.
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Vorstellbar wäre dann auch, dass das Kind, das die Schule als einen solchen Gegen-Ort erfährt, sich so verändert, dass es morgens dafür sorgen kann, ohne Stress das Elternhaus zu verlassen. Aber eben nicht, weil damit die Mutter entlastet wird, sondern weil das Kind selbst jemand anderes durch die Schule geworden ist.
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Leser, C., Jornitz, S. (2021). Supervision an Schulen als doppelte Krisenbewältigung. In: Bender, S., Dietrich, F., Silkenbeumer, M. (eds) Schule als Fall. Rekonstruktive Bildungsforschung, vol 25. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-27459-7_14
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