Zusammenfassung
Auch Wissenschaften, die ihrem Wesen nach keine Marktwerte, sondern Wissen als Selbstwert schaffen, brauchen strategisches Marketing – so auch die Geisteswissenschaften. Das vorliegende Praxisbeispiel versteht Marketing als auf berechtigte Anspruchsnehmer gerichteten Prozess des Austauschs von Wissensleistungen. So verstanden ist Wissenschaftsmarketing für die Geisteswissenschaften erstens hilfreich, um Vorteile im zunehmend harten Wettbewerb um Drittmittel, Forscher und Studierende zu erlangen. Zweitens ist das Marketingziel des zielgerichteten Wissenstransfers und des freien Zugangs eine zentrale Aufgabe gerade der Wissenschaften, die keine Marktwerte schaffen; Wissen als Selbstwert sollte öffentlich zugänglich sein, zudem haben die Geisteswissenschaften gesellschaftlich wichtige Archivierungs-, Reflexions- und Orientierungsaufgaben. Innerhalb der strategischen Marketingplanung entwirft das Kommunikationskonzept die Erfüllung der Aufgabe des Wissenstransfers. Der Beitrag berichtet über die Konzeptions- und Umsetzungsphase eines Kommunikationskonzepts für einen drittmittelgeförderten geisteswissenschaftlichen Forschungsverbund.
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Notes
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Kamen im Jahr 1990 noch rund 77 Studierende auf eine Professur, so waren es im Jahr 2003 fast 94 (Wissenschaftsrat 2006, S. 124); im Jahr 2014 hat sich dieses Verhältnis wieder etwas verbessert, es liegt jetzt bei rund 86 Studierenden pro Professur (Wissenschaftsrat 2016, S. 2). Über alle Fächergruppen kam es bis zum Jahr 2003 zu einem Anstieg von 52 auf 59,5 Studierenden pro Professur (Wissenschaftsrat 2006, S. 124).
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Weitze/Heckl stellen in ihrem Band Wissenschaftskommunikation gleich zu Beginn klar, dass sie unter Wissenschaft Science und nicht Humanities verstehen (Weitzke und Heckl 2016, S. 2). Auch empirische Studien zur Wissenschaftskommunikation sind daher meist auf natur- und technikwissenschaftliche Disziplinen bezogen (Bromme und Kienhues 2014, S. 58).
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Andere Formen wären z. B. Exzellenzcluster, Graduiertenschulen, DFG-Forschergruppen.
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Für das TP Ö zeichnen Friederike Elias als Leiterin und Christian Vater als wissenschaftlicher Mitarbeiter verantwortlich. Die im Folgenden genannten Formen der WiKo des TP Ö gehen auf sie zurück, d. h. Idee, Planung und Umsetzung der Kooperation mit Wikipedia, der Arbeit mit wissenschaftlichen Kurzvideos und der Entwicklung einer Stadtrundgangs-App sowie die Umsetzung der Vortragsreihe 5300 Jahre Schrift inklusive der Buchpublikation und des Spektrum SPEZIAL „Magie der Schrift“.
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Im Jahr 2015 gab es während des Sommersemesters die an der an der Universität Heidelberg etablierte Reihe „Akademische Mittagspause“ in der Heidelberger Peterskirche mit dem Titel „5300 Jahre Schrift“ mit 60 Vorträgen vor allem von SFB-Mitgliedern, die im Jahr 2017 als ‚Coffee Table Book‘ erschienen sind (Böttner et al. 2017; www.5300jahreschrift.de). Im Jahr 2016 erschien das Sonderheft von Spektrum SPEZIAL – Archäologie/Geschichte/Kultur „Magie der Schrift“, an dem ausschließlich SFB-Mitglieder beteiligt waren. Mitglieder des SFB publizieren auch regelmäßig in dem universitätseigenen, aufwändig produzierten Magazin „Ruperto Carola“ zu SFB-nahen Themen.
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Redaktionsmitglied von hypotheses.org, Mareike König, schreibt dazu: „de.hypotheses ist als Blogportal angetreten, Antworten auf die gängigen Vorurteile und Bedenken gegenüber dem Wissenschaftsbloggen zu liefern, nämlich Fragen der Sichtbarkeit/Auffindbarkeit, Qualität, Archivierung und Zitierbarkeit von Blogs“ (König 2016).
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Einseitiger Fragebogen zu Nutzung von und Zufriedenheit mit internen Kommunikationsangeboten und -kanälen (E-Mail, monatlicher interner Newsletter, Webseite), der auf einer Mitgliederversammlung ausgegeben und direkt ausgefüllt und abgegeben wurde (Dez. 2015).
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Schmidbauer setzt die Zielgruppenbestimmung vor die Zieldefinition, um nur „erfolgversprechende Gruppen ins Visier [zu] nehme[n] und mit maßgenauer Kommunikation möglichst punktgenau an[zu]sprechen“ (Schmidbauer 2011, S. 65), sodass ressourcenfressende Kommunikation in eine nicht spezifizierte Öffentlichkeit oder eine zu groß gewählte Zielgruppen, deren Erfolg nicht gemessen werden kann, vermieden wird.
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Da die „breite Öffentlichkeit“ keine Zielgruppe ist (vgl. z. B. Könnecker 2012, S. IX), muss genauer ermittelt werden, wer eigentlich angesprochen werden kann und auf wen der SFB 933 sich bei diesen möglichen Gruppen konzentrieren sollte.
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Spiegel online (http://www.spiegel.de/lebenundlernen/uni/uni-heidelberg-alternative-zur-hausarbeit-wikipedia-eintrag-als-leistungsnachweis-a-1135556.html), Deutschlandfunk (http://www.deutschlandfunk.de/universitaet-heidelberg-wikipedia-eintrag-statt-hausarbeit.680.de.html?dram:article_id=379439), ZDF Heute-plus @heuteplus (https://twitter.com/heuteplus/status/834881970807181317), FAZ-Blog (http://blogs.faz.net/blogseminar/seminararbeiten-alles-fuer-die-tonne/).
Literatur
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Schneidereit, N. (2019). Wissenschaftsmarketing für die Geisteswissenschaften: Kommunikationskonzept für den Sonderforschungsbereich 933 „Materiale Textkulturen“ an der Universität Heidelberg. In: Merten, W., Knoll, T. (eds) Handbuch Wissenschaftsmarketing. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-25353-0_16
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-25353-0_16
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