Zusammenfassung
Aus der Perspektive der Forschung zur politischen Kultur, die sich auf die Androhung oder Anwendung militärischer Gewalt bezieht, ist das Handeln der Bundesrepublik Deutschland durch zwei zentrale Handlungsmaximen gekennzeichnet: Militärische Zurückhaltung steht für eine distanzierte bis ablehnende Bewertung des Einsatzes militärischer Mittel zur Erreichung politischer Ziele, Bündnissolidarität für die (Selbst-)Verpflichtung, auf militärische Alleingänge zu verzichten und stattdessen eingegangene Verträge und Kooperationsabkommen einzuhalten und sich mit den Verbündeten abzustimmen (vgl. Werkner in diesem Band). Zentral hierfür ist die theoretische Grundannahme, dass politisches Handeln durch den Bezug auf Werte und Normen geprägt ist, die sich durch eine gewisse Stabilität auszeichnen, ohne gleichwohl statisch zu sein: Indem sich die politischen Akteure auf ein bestimmtes gesellschaftsunterfüttertes normatives Fundament beziehen, um ihre Entscheidungen zu legitimieren, wird dieses aktualisiert und bestätigt – oder infrage gestellt und modifiziert.
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Leonhard, N. (2019). Militärische Zurückhaltung und Bündnissolidarität im Spiegel militärsoziologischer Studien. In: Werkner, IJ., Haspel, M. (eds) Bündnissolidarität und ihre friedensethischen Kontroversen. Gerechter Frieden. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-25160-4_4
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