Zusammenfassung
Während Produktinnovationen häufig systematisch durchgeführt werden, verlaufen Prozessinnovationen (Optimierung von organisatorischen Abläufen) nicht selten unstrukturiert und werden nur inkonsequent als „Stückwerk“ neben dem Tagesgeschäft praktiziert. Neben der Zeit fehlt es häufig an instrumentellem Wissen. Auch wird der Aufwand einer organisationalen Innovation oft als zu hoch und der Nutzen als zu gering eingeschätzt. In dieser Fallstudie wird eine Prozessinnovation diskutiert, die im Zuge der Digitalisierung von Produktionsprozessen (Stichwort: Industrie 4.0) einen hohen Aktualitätsgrad besitzt. Zur Anwendung kommen ganzheitliche Überlegung aus der Systemtheorie, der Verhaltensökonomie, der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung und des Wissensmanagements.
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Notes
- 1.
Die Legende der MüBa GmbH ist konstruiert. Die Fallstudie musste aus marktpolitischen Gründen anonymisiert (Branche, Name, Lokalität) und faktengeglättet werden. Die dargestellte Situation basiert auf realen Fallerfahrungen. Dargestellt werden hier lediglich fallstudienrelevante Daten und Unternehmensaspekte.
- 2.
Als Hidden Champions werden mittelständische Unternehmen bezeichnet, die in Nischen-Marktsegmenten Europa- oder Weltmarktführer geworden sind. Sie sind „heimliche Gewinner“, weil sie sowohl in der Öffentlichkeit kaum bekannt als auch in der Regel keine Aktiengesellschaften sind und so auch nicht von Analysten und Investoren beobachtet werden (vgl. Haric 2018).
- 3.
Der Textilmaschinenbau zählt in Deutschland zu den bedeutenden Fachzweigen des Maschinen- und Anlagenbaus. Die Branche beschäftigte im Jahr 2016 ca. 11.544 Mitarbeitende und produzierte im Jahr 2017 Textilmaschinen und Zubehör im Wert von 3,5 Mrd. EUR in Deutschland und von ca. einer Milliarde Euro in den ausländischen Fertigungsstätten. Mit einer Exportquote von 95 % gehört die Branche zu den exportstärksten Zweigen des gesamten Maschinenbaus (vgl. VDMA 2018, S. 4).
- 4.
Vgl. zur Vertiefung von „Industrie 4.0“, „digitale Fabrik“ und „Smart Services“ u. a. Acatech (2013).
- 5.
Die Dokumentation von Zulieferteilen wird überwiegend als PDF in der Sprache Englisch geliefert.
- 6.
So sind die Haftungsrisiken für Schäden beim Endabnehmer infolge eines fehlerhaften Produktes, wobei die Technische Dokumentation als Produktbestandteil verstanden wird, erheblich gestiegen. In EU-Staaten beruht die Produkthaftung auf der EG-Richtlinie 85/374 EG. Die Produkthaftungsrichtlinien in den USA (z. B. bezüglich Haftung für bestimmte Produkteigenschaften, fahrlässige Verletzung einer Sorgfaltspflicht oder Haftung für durch das Produkt verursachte Schäden) werden zudem im Allgemeinen als wesentlich risikoreicher angesehen als in Europa. In EU-Staaten greift zudem die Maschinenrichtlinie (2006/42 EG). Hier werden u. a. für die Technische Dokumentation klare Vorgaben für Gefahrenabschätzungen, Kennzeichnungspflichten und Veröffentlichungen der Dokumente in den Landessprachen der Exportländer gegeben.
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- 8.
Ein CMMS ist ein System zur Instandhaltungsplanung und -steuerung. Hier werden instandhaltungsrelevante Informationen datenbankgestützt verwaltet (z. B. Serviceverträge, Wartungs- und Inspektionspläne, Instandhaltungsaufträge, Servicedokumentationen, Ersatzteil- und Werkzeuglisten).
- 9.
Predictive Maintenance steht im Konzept Industrie 4.0 für „vorausschauende Wartung“. Dabei werden Mess- und Produktionsdaten aus dem Condition Monitoring von Maschinen und Anlagen genutzt, um Wartungsinformationen abzuleiten. Ziel ist dabei die Störungsvorhersage und proaktive Wartung, um Störungszeiten zu minimieren (Störungsvermeidung).
- 10.
Mit Technischer Dokumentation sind in erster Linie Informationsprodukte gemeint, die eine Herstellerfirma nach außen abgibt, um den bestimmungsgemäßen Gebrauch ihrer Produkte sicherzustellen, auch unter haftungsrechtlichen Gesichtspunkten und der Einhaltung relevanter Normen (z. B. Bedienungs-, Betriebs- und Serviceanleitungen, Installationshandbücher, Gefährdungsbeurteilungen, Wartungs- und Schmierpläne, Schulungsunterlagen, Ersatzteillisten oder Konformitätserklärungen). Unter Technischer Kommunikation versteht die Gesellschaft für Technische Kommunikation e. V. (www.tekom.de) – etwas weiter gefasst – Informationsprodukte für dingliche Güter oder Services über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg, von der Entwicklung über die Nutzung bis hin zur Entsorgung. Dies schließt beispielsweise auch Konstruktionsdaten, Risikobeurteilungen, technische Marketingunterlagen, Abnahmeprotokolle, Vertriebs- und Serviceberichte sowie Entsorgungs- und Recyclingnachweise nach der Demontage ein.
- 11.
Einsatz finden in der Technischen Dokumentation spezifische Redaktionssysteme. Da Texte und Grafiken in den meisten Unternehmen wiederkehrend in unterschiedlichen Dokumenten vorkommen (z. B. bei Varianten eines Maschinentyps), werden die redaktionellen Inhalte in Content.Management.Systemen (CMS) als granulare Einheiten datenbankgestützt, strukturiert verwaltet und verarbeitet. Der Aufbau Technischer Dokumentationen folgt so der Konstruktion modularer Komponenten im Maschinen- und Anlagenbau, um die Wiederverwendung technischer Baugruppen in Versionen, Varianten oder Weiterentwicklungen auch auf der redaktionellen Content-Ebene abbilden zu können. Einsatz findet die XML-Technologie, die eine Trennung von Inhalt und Gestaltung zulässt und je nach Informationstyp den Inhalt individuell layoutet, arrangiert und darbietet (z. B. für Print- oder Online-Produkte). Integriert sind Redaktionssysteme in der Regel mit Translationssystemen zur Übersetzung der Content-Bausteine in die relevanten Zielsprachen. Dies erfolgt zumeist durch professionelle Übersetzer und halb automatisch unter datenbankgestützter Wiederverwendung bereits übersetzter Content-Fragmente (in Ausnahmefällen auch bereits durch maschinelle Übersetzung).
- 12.
Zur weiteren Recherche bezüglich eines innovativen Verständnisses von Technischer Kommunikation vgl. www.tekom.de, www.schaffner.de und Schaffner (2018b).
- 13.
Unter Instandhaltung wird die Erhaltung eines funktionsfähigen Zustands oder die Wiederherstellung nach einem Ausfall von technischen Systemen und Baugruppen verstanden. Neben der Instandsetzung (z. B. Reparatur) wird hierunter auch die frühzeitige Inspektion und Wartung verstanden (z. B. Vermeidung von Schäden und Ausfällen) sowie die Systemverbesserung (z. B. Optimierung durch Nachrüstung).
- 14.
Literatur
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Schaffner, M. (2018b): Industrie 4.0: Technische Redakteure werden zu Semantikmodellierern. In B. Hermeier, T. Heupel, & S. Fichtner-Rosada (Hrsg.), Arbeitswelten der Zukunft – Wie die Digitalisierung unsere Arbeitsplätze und Arbeitsweisen verändert (S. 107–129). Wiesbaden: Springer Gabler.
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Schaffner, M. (2019). Servicemanagement im Maschinenbau als Prozessinnovation. In: Abele, T. (eds) Fallstudien zum Technologie- & Innovationsmanagement. FOM-Edition. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-25068-3_14
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