Zusammenfassung
Susanne Lang, Michael Scheuermann und Trixi Jansen stellen ihr BaMF-gefördertes, migrationspädagogisch und an der offenen Kinder- und Jugendarbeit orientiertes Projekt „Chancen in der ‘Arrival City’ – Spielplatzbeobachtungen“ vor. Durchgeführt wird dieses seit Ende 2013 im Mannheimer Stadtteil Jungbusch auf einem zentralen Spiel- und Aufenthaltsplatz. Im Zentrum des Projektes steht die Bildungsförderung auf diesem Platz. Insbesondere sollen mittels des Projektes Kinder und Jugendliche aus Bulgarien und Rumänien auf spielerische, non-formale und informelle Weise (Bewegungs-, Kultur-/Kunst und Medienspiele) erreicht werden. Das Projekt soll nicht zuletzt post-migrantisch und ent-ethnisierend auf das Zusammenleben im Stadtteil Einfluss nehmen. Insofern positioniert sich das Projekt kritisch gegenüber dem skandalisierenden öffentlich-medialen Diskurs, der rund um die Einwanderung aus den neuen EU-Mitgliedstaaten Bulgarien und Rumänien verlautbart wurde und in Mannheim-Jungbusch eine stigmatisierende, ausgrenzende und übergriffige Wirkung gegenüber den Newcomer*innen entfaltet. Einige Beispiele greift der Text davon auf und stellt diesen lebensweltlich-orientierte Alltagswirklichkeit im Quartier gegenüber, in der es um kindliche und jugendliche Bedürfnisse geht (das Bedürfnis, sich künstlerisch auszudrücken, sich zu bewegen, mit anderen zu spielen etc.) und um die Belange und Erfordernisse einer verstetigten offenen Kinder- und Jugendarbeit.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Similar content being viewed by others
Notes
- 1.
Mit dem Präfix ‚sozial‘ vor Raum wird in der Fachliteratur ein relationales Raumverständnis (Löw 2001) vertreten. Menschliches Handeln findet immer räumlich statt und somit ist der Raum immer schon ein Ergebnis dieser Handlungsprozesse.
- 2.
Der „intermediäre Raum“ ist nicht als geografischer Ort zu verstehen, er benennt die kreativ-schöpferische Wahrnehmungswelt von Kindern, in der sich im Spielgeschehen „innere und äußere Dimensionen des Selbst- und Welterlebens“ verbinden (Decurtins 2004, S. 16).
- 3.
Die responsive Evaluation ist dadurch charakterisiert, dass unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten und der Zielgruppen in einem offenen Entwicklungsprozess sowohl ein nützliches und brauchbares als auch ein fachlich begründetes Handlungskonzept konstruiert wird (vgl. Spanhel 2015, S. 14 ff.; Beywl 1986, S. 159). An der Evaluation beteiligt waren: im Jahr 2013 Birgit Holderby, Stefanie Knebel, Carola Koch, Markus Upmann und in dem Zeitraum 2014/2015 Pauline Guzzardi (vgl. Guzzardi 2015), Lisa Stütz, Mamatou Tchaou, im Jahr 2015 Alexander Weller sowie im Jahr 2016 Yeşim Yazici, Sylvia Peikert und Therese Kächele (vgl. Kächele 2016).
- 4.
Der Begriff „natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit“ verweist nach P. Mecheril (2002) darauf, dass die Unterscheidungsmerkmale „Nation“, „Ethnizität“ und „Kultur“ in ihrer Definition ineinander übergehen und verschwimmen. Spricht man im alltäglichen Sprachgebrauch von „Deutschen“, „Türken“, „Rumänen“ oder „Italienern“ mischen sich in diesen Bezeichnungen die konstruierten Bilder/Vorstellungen (Imaginationen) mit nationalen, ethnischen und kulturellen Elementen (vgl. Mecheril et al. 2010, S. 12 ff.).
- 5.
Interviewzitate aus: Guzzardi, P.; Stütz, L.; Tchaou: Spielplatzbeobachtungen – Projektbericht der Lern- und Forschungswerkstatt II, Hochschule Mannheim, Fakultät für Sozialwesen vom 12.03.2015 (unveröffentlichtes Manuskript, 151 S.).
Literatur
Beywl, Wolfgang. 1986. Wissenschaftliche Begleitung „…statt bloßer Rituale praktischer Nutzen…!“ – Das Versprechen der responsiven Evaluation. Zeitschrift für Hochschuldidaktik und Hochschulforschung 4 (3): 157–177.
BMfJFG. 1990. Achter Jugendbericht. In Bericht über Bestrebungen und Leistungen der Jugendhilfe, Hrsg. Bundesministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit. Bonn: BMfJFG.
Bohnsack, Ralf, Iris Nentwig-Gesemann, und Arnd-Michael Nohl, Hrsg. 2007. Die Dokumentarische Methode und ihre Forschungspraxis. Grundlagen qualitativer Sozialforschung, 2. Aufl. Wiesbaden: VS Verlag.
Decurtins, Vera. 2004. Übergangsobjekte, intermediäre Räume und ihre Sprache. Forum – Die Fachzeitschrift des GPK 2014 (1). http://www.gpk.ch/forumheft/uebergangsobjekte.pdf. Zugegriffen: 30. Aug. 2016.
Dewey, John. 1966. Democracy and education. New York: Macmillan (Erstveröffentlichung 1916).
DKSB. 2012. KiKi – Kinderschutz und offene Kinder- und Jugendarbeit. Arbeitshilfe des Deutschen Kinderschutzbundes/Landesverband NRW, Dezember 2012. http://www.kinderschutzbund-nrw.de/pdf/DKSB_KIKI-Erweiterung_130529-09.pdf. Zugegriffen: 30. Aug. 2016.
Erikson, Erik H. 1978. Kinderspiel und politische Phantasie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Freire, Paulo. 1974. Erziehung als Praxis der Freiheit. Beispiele zur Pädagogik der Unterdrückten. Stuttgart: Kreuz.
Glaser, Hermann, und Karl-Heinz Stahl. 1974. Die Wiedergewinnung des Ästhetischen. Perspektiven und Modelle einer neuen Soziokultur. München: Juventa.
Gruner, Cathleen. 2006. Bildung und Lernen – Ein Thema der Kindheits- und Jugendforschung? In Informelles Lernen im Jugendalter – Vernachlässigte Dimensionen in der Bildungsdebatte, Hrsg. T. Rauschenbach, W. Düx, und E. Sass, 15–34. Weinheim: Juventa.
Guzzardi, Pauline. 2015. Pädagogisch betreuter Spielraum. Eine Konzeptionsentwicklung aus migrationspädagogischer Perspektive. Bachelorarbeit: Hochschule Mannheim (unveröffentlichtes Manuskript, 101 S.).
Guzzardi, Pauline, Lisa Stütz, und Mamatou Tchaou. 2014. Protokoll Stadtteilkonferenz (unveröffentlichtes Manuskript, 2 S.), Jungbuschhalle/Mannheim.
Ilg, W. 2013. Jugendarbeit-Grundlagen, Prinzipien und Arbeitsformen. In Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendarbeit, Hrsg. T. Rauschenbach und S. Borrmann, 12–34. Weinheim: Juventa.
Kächele, Therese. 2016. Zum Nutzen ethnographischer Methoden in der Sozialen Arbeit bei der Reflexion von Interaktionsprozessen. Bachelorarbeit: Hochschule Mannheim (unveröffentlichtes Manuskript, 246 S.).
Lamnek, S. 2010. Qualitative Sozialforschung, 5. überarb. Aufl. Weinheim: Beltz.
Lang, Susanne. 2012. Jugendarbeit. Bestimmung ihrer Aufgaben und Ziele. In Jugendarbeit gegen Rechtsextremismus. Motive, Praxisbeispiele und Handlungsperspektiven, Hrsg. S. Bundschuh, A. Drücker, und T. Scholle, 19–32. Schwalbach/Ts: Wochenschau.
Lorenzer, Alfred. 2006. In Szenisches Verstehen. Zur Erkenntnis des Unbewussten, Kulturanalysen, Hrsg. Ulrike Prokop und Bernhard Görlich, Bd. 1. Marburg: Tectum.
Löw, Martina. 2001. Raumsoziologie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Mecheril, Paul. 2002. Natio-kulturelle Mitgliedschaft – Ein Begriff und die Methode seiner Generierung. Tertium Comparationis 2002 (8): 104–115.
Mecheril, Paul, et al. 2010. Migrationspädagogik. Bachelor/Master. Weinheim: Beltz.
Müller, Burkhard. 2008. Ethnographie und Jugendarbeit. Zum Verhältnis von Forschen als Teilhabe an pädagogischer Praxis und pädagogische Praxis mit forschendem Habitus. In Ethnographie und Erziehungswissenschaft: Methodologische Reflexionen und empirische Annäherungen, Hrsg. B. Hünersdorf, C. Maeder, und B. Müller, 79–94. Weinheim: Juventa.
Oester, Kathrin. 2008. ‘Fokussierte Ethnographie’: Überlegungen zu den Kernansprüchen der Teilnehmenden Beobachtung. In Ethnographie und Erziehungswissenschaft: Methodologische Reflexionen und empirische Annäherungen, Hrsg. B. Hünersdorf, C. Maeder, und B. Müller, 233–243. Weinheim: Juventa.
Rauschenbach, Thomas, et al. 2004. Konzeptionelle Grundlagen für einen nationalen Bildungsbericht – Non-formale und informelle Bildung im Kindes- und Jugendalter. Bildungsreform, Bd. 6, 19–39. Berlin: Bundesministerium für Bildung und Forschung.
Roth, Heinrich. 1971. Pädagogische Anthropologie. Entwicklung und Erziehung, Bd. 2. Hannover: Hermann Schroedel Verlag KG.
Schäfer, Gerd E. 1986. Spiel, Spielraum und Verständigung. Weinheim: Juventa.
Scherr, Albert. 1997. Subjektorientierte Jugendarbeit. Eine Einführung in Grundlagen emanzipatorischer Jugendpädagogik. Weinheim: Juventa.
Schröder, Achim. 2006. Evolution der Beziehungen – Entwicklung im Spiegel des Anderen. Kommentierung zu Kentlers „Versuch 2“. In 1964–2004: Vierzig Jahre Kinder- und Jugendarbeit in Deutschland. Aufbruch, Aufstieg und neue Ungewissheit, Hrsg. W. Lindner, 87–94. Wiesbaden: VS Verlag.
Spanhel, Dieter. 2015. Die Bedeutung pädagogischer Evaluationsforschung an einem Beispiel responsiver Evaluation (14 S.). http://www.uibk.ac.at/wiwiwi/home/tagung/responsevaluation.pdf. Zugegriffen: 27. Juli 2016.
Stadt Mannheim. 2015. Mannheimer Sozialatlas – Aktualisierte Daten 2015. https://www.mannheim.de/sites/default/files/page/44850/mannheimer_sozialatlas_aktualisierte_daten_2015.pdf. Zugegriffen: 31. Jan. 2017.
Thiersch, Hans. 2012. Lebensweltorientierte Soziale Arbeit. Weinheim: Juventa (Erstveröffentlichung 1992).
Trier, Matthias, et al. 2001. Lernen im sozialen Umfeld. Entwicklung individueller Handlungskompetenz. Positionen und Ergebnisse praktischer Projektgestaltung. QUEM-Report 70:62.
Wagner, Bernd. 2001. Soziokultur West – Soziokultur Ost. Aus Politik und Zeitgeschichte. B 2001 (11): 3–6.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2018 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
About this chapter
Cite this chapter
Lang, S., Scheuermann, M., Jansen, T. (2018). Inklusive Bildungsförderung im öffentlichen Raum – Evaluation einer migrations-pädagogisch orientierten Spiel.Raum-Konzeption für den Stadtteil Jungbusch/Mannheim. In: Berding, N., Bukow, WD., Cudak, K. (eds) Die kompakte Stadt der Zukunft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-18734-7_10
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-18734-7_10
Published:
Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-658-18733-0
Online ISBN: 978-3-658-18734-7
eBook Packages: Social Science and Law (German Language)