Zusammenfassung
Wie kommt es, dass sich der Wert der Gleichheit immer weniger Geltung verschafft? Während die höchsten Einkommen enorm gestiegen sind, ist es gleichzeitig zu einer verstärkten Förderung von Exzellenz und Elitebildung gekommen. Mit der prinzipiell positiven Konnotation von Ungleichheit in den Diskursen um hohe Einkommen und Exzellenz ist zugleich ein Gerechtigkeitsanspruch verbunden. Dieser These nachgehend interessiert der Beitrag sich in Anlehnung an die Soziologie der kritischen Urteilskraft nach Boltanski und Thevenot für die Rechtfertigungsordnungen, die mit der Herstellung von Reichtum und Exzellenz verbunden sind. Anhand von programmatischen, institutionellen und wissenschaftlichen Texten wird herausgearbeitet, wie im Bildungswesen bestehende Ordnungsmuster delegitimiert, Spitzen konstruiert und Ungleichheiten legitimiert werden. Rhetoriken von Reichtum und Exzellenz suchen sich anhand ökonomischer Ineffizienz und unverdienter Erfolge zu plausibilisieren, unterstellen gerechte Verfahren auf dem Weg zu Spitzenpositionen und gehen davon aus, dass sowohl Reichtum als auch Exzellenz dem Allgemeinwohl zugute kommen.
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Dieser Beitrag nimmt bereits an anderer Stelle veröffentlichte Überlegungen zur Rechtfertigung von Exzellenz auf, fokussiert und erweitert diese jedoch auf den Zusammenhang von Ungleichheit, Reichtum und Exzellenz (Peter 2015).
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Peter, T. (2017). Verdiente Spitze? Zur Rechtfertigung von Ungleichheit in Bildung und Gesellschaft. In: Baader, M., Freytag, T. (eds) Bildung und Ungleichheit in Deutschland. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-14999-4_4
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